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Idomeneo

Dramma per musica in drei Akten von Wolfgang Amadeus Mozart (1756-1791)
Libretto von Giambattista Varesco

Inszenierung Jetske Mijnssen Lichtgestaltung Franck Evin Dramaturgie Kathrin Brunner
Elettra
La Voce
Due Cretesi
Anna Soranno
Martha Villegas
Francisca Montiel
Eleanor Paunovic
Due Troiani
Tae-Jin Park
Mamuka Tepnadze
Moises Chavez
Timm de Jong
Dariusz Mizera
Andrea Del Bianco

In italienischer Sprache mit deutscher und englischer Übertitelung. Dauer 3 Std. 05 Min. inkl. Pause nach dem 1. Teil nach ca. 1 Std. 35 Min.
Einführungsmatinee am 21 Jan 2018.

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Idomeneo

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Idomeneo

Trailer «Idomeneo»

Gespräch


Seelenreisen, die uns schwindeln lassen

Die holländische Regisseurin Jetske Mijnssen entdeckt in Mozarts «Idomeneo» überall Figuren, die psychologisch differenziert und extrem modern gezeichnet sind. Ein Gespräch vor der Premiere im Februar 2018.

Jetske Mijnssen, Mozarts Idomeneo emotionalisiert die Zuhörer wie wenige andere Opern: Wer das Werk einmal erlebt hat, zeigt sich meistens Jahre später noch überwältigt. Wie hast du reagiert, als die Anfrage aus Zürich kam, den Idomeneo zu inszenieren?
Im Moment der Anfrage musste ich sofort an mein erstes Erlebnis mit dem Stück denken und daran, was die erste Arie, Ilias, «Padre, germani», in mir ausgelöst hat. Ich sass in der Amsterdamer Oper völlig ahnungslos auf meinem Sitz und fühlte mich beim ersten gesungenen Ton plötzlich so, als ob ein Meteorit in mir eingeschlagen hätte. Ich war in meinem tiefsten Inneren getroffen und von einem Moment auf den anderen wie verwandelt. Diese Arie war wie ein Erweckungserlebnis für mich. Als die Anfrage aus Zürich kam, ging mir daher sofort das Herz auf. Von meinen Regie-Kollegen höre ich allerdings oft, das sei zwar wunderschöne Musik, aber es gebe so wenig Handlung und sei daher schwer zu inszenieren.

Trifft das zu? Gibt es wenig Handlung?
Überhaupt nicht. Es mag vielleicht äusserlich wenig geschehen und das Stück sogar stellenweise wie ein Oratorium wirken, aber die inneren Konflikte in diesem Stück sind enorm aufreibend. Im Laufe des Abends absolvieren wir mit den Figuren Seelenreisen, die uns schwindeln lassen. Hinzu kommt, dass die Figuren extrem modern gezeichnet sind. Ich muss zugeben, dass ich das zu Beginn meiner Beschäftigung mit dem Stück in dieser Form zunächst nicht erwartet hätte. Das hat mich wirklich umgehauen.

Damit deutest du das antike Gewand an, in das die Figuren eigentlich gekleidet sind: Die Geschichte spielt ja kurz nach dem Trojanischen Krieg. Der Krieger und Kreterkönig Idomeneo kehrt in seine griechische Heimat zurück und trifft dort auf seinen Sohn Idamante, auf die trojanische Gefangene Ilia und die im Exil lebende Elettra, Tochter des Agamemnon.
Der antike Hintergrund der Geschichte bildet gewissermassen die Folie, den Faltenwurf. Daraus schälen sich aber Figuren heraus, die von Mozart ungemein differenziert gestaltet und mit schier undurchschaubar vielen psychologischen Ebenen und Schattierungen gezeichnet sind. Sie alle sind so nah an uns, dass sie unsere eigene innere Seelenwelt wirklich spiegeln, ja sogar Gefühle in uns auslösen, von denen wir vielleicht noch gar nicht wussten, dass wir sie haben. Idomeneo, Ilia, Idamante, Elettra und sogar Idomeneos treuer Diener Arbace verspüren grösste Schmerzen, sie müssen mit Verlust, Abschied und Trennung umgehen, sie sind vom Leben gebeutelt und versuchen trotzdem, Mensch zu sein.

Den tragischen Knoten der Geschichte bildet ein Gelübde, das Idomeneo dem Meeresgott Neptun gegenüber abgelegt hat. Für den Fall seiner Rettung aus Seenot verspricht er Neptun, jenen ersten Menschen zu opfern, den er nachseiner Rettung zuerst erblickt. Es ist sein Sohn Idamante. Eine grauenvolle Verstrickung …
Ja. Sein eigenes Kind opfern zu müssen, wofür auch immer, ist etwas völlig Undenkbares. Wir kennen das Kinderopfermotiv jedoch aus vielen antiken und biblischen Quellen, etwa aus der Episode um Jephta, der seine Tochter opfern soll, oder durch Euripides’ Tragödie Iphigenie in Aulis. Ich glaube, dass dieses Motiv eine sehr tiefe, komplexe Bedeutung hat und vielleicht letztendlich als Aufforderung für das Ablegen des egoistischen Anspruchs verstanden werden kann. Das ist aber etwas, was sich nicht inszenieren lässt und sich vielleicht allein über die Musik vermitteln wird.

Es verwundert nicht, dass Idomeneo im Laufe der Geschichte immer wieder mit dem Meeresgott hadert. Neptun ist ein Gott, der eng mit Idomeneo verknüpft ist, aber nie explizit auftritt.
Neptun ist für mich denn auch ein Fantasiebild, eine Halluzination Idomeneos, zumindest etwas, was mit seinem tiefsten Inneren zu tun hat. Das wird sehr deutlich in seiner Arie «Fuor del mar» im zweiten Akt (Dem Meer entronnen, ist ein Meer in mir), die sicher nicht ohne Grund ziemlich genau in der Mitte des Stücks steht und für mich eine Schlüsselarie ist. Idomeneo vergleicht das Wüten des Meeres mit seiner eigenen Unruhe und Existenzangst. Die Arie ist so stürmisch, dass man das Gefühl hat, dass Idomeneos inneres, aufgewühltes Meer fast ein Bild des Wahnsinns ist.

Durch seinen Schwur muss Idomeneo zum Täter werden, und gleichzeitig ist er Opfer, weil er an seinen Schwur gebunden ist und weil es sein eigener Sohn ist, den er umbringen soll. Was bedeutet das für deine Inszenierung?
Wir dürfen nicht vergessen: Idomeneo war zehn Jahre lang im Krieg. Und wir wissen, was der Krieg mit Menschen macht, welche Traumata, Verletzungen und seelischen Narben dies mit sich bringt. Davon sind die nächsten Generationen unmittelbar betroffen, denn diese Traumata werden immer weitergegeben. Für mich ist es klar, dass der Krieger Idomeneo solche Narben in seiner Seele hat und daher bei seiner Rückkehr keine Beziehung mit seinem Sohn aufbauen kann. Es ist typisch für kriegstraumatisierte Menschen, dass sie kalt gegenüber ihren eigenen Kindern sind und nicht über das Geschehene reden wollen. Sie drücken ihren Schmerz weg. In Holland zum Beispiel ist das noch immer sehr spürbar: Nach dem Zweiten Weltkrieg haben alle versucht, das Leben wieder aufzubauen, und dabei ihren Schmerz verdrängt. Die Wunden sind erst im Alter wieder hochgekommen, aber da war es dann oft zu spät, und die eigenen Kinder waren schon zu Opfern geworden. Idomeneo ist oft steinkalt, er ist bedrohlich, aggressiv, misstrauisch. Das schockiert seinen Sohn Idamante zutiefst, der ihn ja immer wieder fragt, warum er so grausam zu ihm ist. Das ist schrecklich und ist nicht ohne Folgen für Idamantes Persönlichkeit.

Idomeneo ist ein Kriegsgeschädigter, aber er ist vor allem auch der Herrscher, ein Machtmensch, dem es schwerfällt, Schwäche zuzulassen.
Ja, und er kämpft während des ganzen Stücks dagegen. Idomeneo versucht immer wieder, sich als König aufzubauen, versucht, seine Verletzungen zu vertuschen. Wenn im dritten Akt ein grauenhaftes Monster im Land wütet – für mich ein Bild für den Krieg –, möchte er als König unbedingt wieder wahrgenommen werden und für sein Volk da sein, das von ihm fordert, etwas gegen das Unheil im Lande zu tun. Dadurch fühlt er sich in seiner alten Funktion als König erneut bestätigt und empfindet neue Kraft. Es überrascht nicht, dass er ausgerechnet in dieser Situation dann auch zum ersten Mal tatsächlich bereit ist, seinen Sohn umzubringen.

Die Vater-Sohn-Ebene ist eng verknüpft mit Ilia, einer Fremden im Land, die Idamante liebt.
Und auch sie ist eine seelisch schwer verletzte Figur. Ilia, die aus Troja stammt und ihre ganze Familie an die Griechen verloren hat, muss ausgerechnet im Feindesland, in der Fremde, ein neues Leben aufbauen. Sie ist innerlich zerrissen, weil sie bereits eine neue Liebe zu Idamante spürt, aber gleichzeitig ist sie ihrer Familie verbunden und in tiefer Trauer. Man muss sich unbedingt bewusst machen, was sie alles verloren hat. Das hat für mich eine unglaubliche Bedeutung. Es muss unfassbar schwer sein, mit einer so grossen Wunde etwas Neues aufzubauen – ein Leben, aber auch eine Beziehung. Darin liegt eine schwierige Aufgabe für Ilia und Idamante.

Ilia und Idamante sind also kein klassisches Liebespaar …
Nein, Mozart geht einen anderen Weg. Die beiden sind zunächst noch gar nicht bereit füreinander. Sie brauchen Zeit, bis sie sich wirklich einander nähern können. Die Liebe ist von Anfang an spürbar, aber beide sind dermassen verletzlich, zerbrechlich und mit ihrer eigenen Familiengeschichte beschäftigt, dass ihre Annäherung nur ganz vorsichtig vonstatten gehen kann. Darin liegt eine grosse Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit. Sie finden erst dann richtig zueinander, wenn der Verlust des Anderen droht: Im dritten Akt eröffnet Idamante Ilia, in den Krieg ziehen zu wollen. Sein Vater weist ihn ab, und auch Ilia empfindet er als kalt. Erst in diesem Moment, im Moment des möglichen Todes von Idamante, gesteht ihm Ilia ihre Liebe. Ihre Stimmen münden zum ersten Mal in dieser Oper in ein Duett, wie es schöner nicht sein könnte. Es ist die einzige positive Insel in dieser Oper, wie das wiedergefundene Paradies. Es ist eine unglaubliche Tiefe und Verbundenheit der beiden spürbar, und dennoch empfinde ich selbst in diesem Moment noch Zurückhaltung.

Im grossen Kontrast zu Ilias und Idamantes Charakter steht nun Elettra, die in vielen Inszenierungen gerne als oberflächliche Hysterikerin gezeigt wird.
Mozart hat diese Figur aber überhaupt nicht eindimensional angelegt! Ihre Auftritte sind natürlich sehr effektvoll, aber wenn man den feinen Verästelungen der Musik nachspürt, entdeckt man auch hier eine zutiefst verletzte Figur. Das  alles bringt ja schon ihr biografischer Hintergrund mit sich, der im Grunde noch eine Steigerung von Ilias Familientragödie darstellt: Elettras eigene Familie hat sich gegenseitig umgebracht. Diese grausame Familie – der Vater Agamemnon, der sein Kind Iphigenie (Elettras Schwester) opfert, die Mutter Klytemnästra, die den Vater tötet, der Sohn Orest, der die Mutter umbringt – das ist der Rucksack, den Elettra zu tragen hat. Elettra hat gelernt, dass man nur durch Rache überleben kann. Sie ist erfüllt von einer heftigen, obsessiven Liebe zu Idamante und kann sich nicht vorstellen, dass Idamante sie nicht liebt. Gerade deshalb wird sie nicht zum Ziel kommen.

Im dritten Akt verknüpft Mozart im Quartett «Andrò ramingo e sorte», dem einzigen grossen Solo-Ensemble in dieser Oper, Elettra mit den anderen drei Hauptfiguren über das Gefühl des Leids und der Verzweiflung.
Die Sympathie zu dieser Figur finden wir auch hier über ihre Verletzung. Sie wandelt diese Wunden nur immer wieder in Rache um, projiziert ihren Schmerz nach aussen. Tag und Nacht trägt sie die Dämonen ihrer Familie in sich und muss damit irgendwie klarkommen. Sie ist jedenfalls nicht ohne Grund wütend. Wir verspüren Mitleid, wenn sie in ihrer Arie «Idol mio» ehrlich glaubt, mit Idamante in ihre Heimat fahren zu können, und dann bitter enttäuscht wird.

Es mag paradox klingen, aber der Idomeneo ist einerseits ein Kammerspiel für fünf Personen und andererseits eine grosse Choroper. In keiner anderen Oper Mozarts wird dem Chor so viel Raum gegeben. Welches ist seine Rolle?
Die Auftritte des Chores haben einen eigenen Rhythmus: Sie sind wie Wellen im Meer, die auf den Strand treffen, sich zurückziehen und ineinanderfliessen. Auch wenn der Chor im Libretto Rollen wie Gefangene Trojaner, Griechen oder Priester verkörpert, fällt auf, dass er jedesmal die Gedanken und Emotionen  einer Figur, die gerade im Zentrum steht, aufgreift oder vorwegnimmt. Die Aussenwelt wird dadurch zu Abbildern emotionaler Zustände. Und Mozart geht noch einen Schritt weiter: Wenn im dritten Akt vom Monster die Rede ist, das Unheil über das ganze Land gebracht hat, macht Mozart damit die innere Verschränkung deutlich, die zwischen den Wunden einer Einzelperson und dem grösseren gesellschaftlichen Kontext besteht. Wir alle sind letztendlich Betroffene, Opfer.

Abgesehen vom Duett zwischen Idamante und Ilia und der trügerischen Vorfreude Elettras in ihrer Arie «Idol mio», mit Idamante in ihre Heimat zurückkehren zu können, gibt es kaum helle Momente in diesem Stück. Alles läuft darauf hinaus, dass Idomeneo in seiner Verzweiflung irgendwann tatsächlich bereit ist, seinen Sohn zu opfern. Man fragt sich: Wie finden die Figuren, wie findet Mozart da bloss wieder heraus?
Es stimmt, überall sind Verzweifelte, und je mehr das Abgründige geleugnet wird, desto mehr bewegt man sich auf den sicheren Untergang zu. Kurz bevor Idomeneo seinen Sohn wirklich tötet, wirft sich jedoch Ilia dazwischen. Ich bin fest davon überzeugt, dass das etwas in Idomeneo auslöst und ihn letztlich von seinem grausamen Vorhaben abhält …

...im Libretto heisst es an dieser Stelle: Die Statue Neptuns erbebt …
Ja, und es wirkt so, als ob Idomeneo nun sein Trauma hinter sich lassen könnte. Bis jetzt gab es für Idomeneo nur zwei Lösungen: entweder seinen Sohn oder sich selbst zu töten. Aber dann tritt eine dritte Figur dazwischen, jemand der nicht aus der eigenen Familie stammt, die Fremde, sogar die Feindin Griechenlands, und zeigt einen neuen Weg. Das erlöst Idomeneo aus seinem egozentrischen Tunnel und öffnet ihm die Augen. Ilias Dazwischentreten war ein Opfer aus Liebe und hat eine Kraft, die so stark ist, dass die unseligen Verknotungen gelöst werden können.

Dann erklingt La Voce aus der Unterbühne, und damit eine Orakelstimme, die nicht mit Neptun verknüpft ist. Sie verkündet die neuen Verhältnisse und besiegelt einen glücklichen Ausgang.
Und hier frage ich mich: Wie geht es danach weiter? Wird es die neue Generation besser machen als die alte? Wird es nachher eine bessere Zukunft geben? Oder nicht sofort? Es ist klar, dass danach noch viel zu tun sein wird für alle, um überhaupt weiterleben zu können. In den Märchen heisst es am Schluss: Und sie lebten noch lange und glücklich … Vielleicht geht es hier darum zu sagen: Und sie lebten!


Das Gespräch führte Kathrin Brunner.
Dieser Artikel ist erschienen in MAG 55, Januar 2018.
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Szenenbilder «Idomeneo»


Essay


Aufbruch zu neuen Ufern

In Mozarts grandioser Oper «Idomeneo» stehen alle Figuren auf der Schwelle zu einer neuen Existenz. Tiefgreifende Konflikte machen grosse Lebensveränderungen notwendig. Das gilt aber nicht nur für die Figuren der Oper, sondern auch für den Komponisten: Nach der Uraufführung von «Idomeneo» krempelt Mozart sein Leben völlig um.

Salzburg, Mai 1780, Fronleichnamstag: … den 25ten um halb acht uhr zum Hagenauer die Pferdescheissen zu sehen», schreibt der 24-jährige Mozart, und seine Schwester Nannerl ergänzt im gemeinsam geführten Tagebuch, ihr Bruder habe an jenem Tag einen zinnernen Kerzenleuchter aus dem Fenster auf die Fronleichnamsprozession herabgestossen. Nebst Einträgen zu Tarockspiel, Kegeln, Messbesuchen und geselligen Anlässen finden sich aus Mozarts Hand in jener Salzburger-Zeit vor allem Tagebucheinträge zum Salzburger Wetter: « … das abscheulichste Wetter, nichts als giess, giess, giess et caetera …».

Mozart langweilt sich ganz offensichtlich in Salzburg. Nur widerwillig ist er dorthin nach seiner Paris-Reise und seinem Aufenthalt in Mannheim zurückgekehrt. Die Stadt ist ihm verhasst, «kein Ort für mein Talent». Die Festanstellung als Hoforganist beim Fürsterzbischof Colloredo, die er seit 1779 hat, erfüllt ihn nicht. Für seinen Dienstherrn muss Mozart zumeist Kirchenmusik schreiben, Kirchensonaten etwa, die nicht länger als drei Minuten dauern dürfen, wenn sie für Gottesdienste bestellt wurden. Mozart, der sich zeitlebens zur Oper hingezogen fühlt, fehlt das Theater, und von Salzburg kann er diesbezüglich nichts erhoffen: Opernaufträge kommen aus anderen Städten, von anderen Fürstenhöfen. Sogar sein Vater Leopold, der ihn nur mit Mühe wieder nach Salzburg hat locken können und die Anstellung als Hoforganist für eine solide Basis hält, erkennt, dass die Heimatstadt für die künstlerische Weiterentwicklung des Sohnes nicht förderlich ist.

Dann, endlich, die Erlösung: Im Sommer 1780 trifft aus München der Auftrag ein, eine neue Festoper für den nächsten Karneval zu schreiben. Es war Leopold Mozart, der den Opernauftrag von langer Hand eingefädelt hatte, bei dem nebst zahlreichen Musikerfreunden sogar die Mätresse des in München regierenden Kurfürsten involviert war.

Mozart kommt am 5. November 1780 mit der bereits begonnenen Partitur in München an. Jetzt komponiert er wie in Trance. Das Orchester, durchsetzt mit Musikern aus der legendären Mannheimer Hofkapelle, gehört zu den besten der damaligen Zeit und versetzt Mozart in Hochstimmung. In den Briefen an den Vater zeigt er sich so konzentriert und reif wie nie zuvor. Später wird er die Zeit, in der die Oper Idomeneo entstand, als die glücklichste in seinem Leben bezeichnen.


Mozart schlägt ein neues Kapitel in seinem Leben auf

Idomeneo gilt als entscheidendes Werk des Übergangs im musiktheatralischen Schaffen des 24-jährigen Komponisten, als «Schwellenwerk» im besten Sinne, das einem musikalischen Urknall gleichkommt und die Schleusen für sechs weitere Meisteropern öffnet: Die Entführung aus dem Serail, Le nozze di Figaro, Don Giovanni, Così fan tutte, Die Zauberflöte und La clemenza di Tito. Und auch in biografischer Hinsicht bereitet die Zeit des Idomeneo gravierende Veränderungen vor: Kaum ist die Oper vollendet, schlägt Mozart ein neues Kapitel in seinem Leben auf. «Ich will nichts mehr von Salzburg wissen – ich hasse den Erzbischof bis zur Raserei», schreibt er seinem Vater aus Wien, wo er inzwischen mit seinem Dienstherrn Colloredo weilt.

Nun geht Mozart seine Karriere aktiv an. Er provoziert mehrere Zwischenfälle mit Colloredo, lässt Fristen zur Abreise nach Salzburg verstreichen. Obwohl der berühmte «Fusstritt» des Grafen Arco, mit dem der Fürsterzbischof Colloredo Mozart angeblich vor die Tür hat setzen lassen, wohl nie stattgefunden hat und es eine offizielle Kündigung nie gab, löst sich Mozart im Juni 1781 endgültig aus dem ungeliebten Dienstverhältnis. Er ergreift die Gelegenheit, sich in der Musikmetropole Wien niederzulassen, heiratet Constanze Weber und wird einer der ersten freischaffenden Künstler der Epoche.

Vater Leopold, der stets auf die Sicherheit seines Sohnes bedacht ist, heisst keinen einzigen dieser Schritte gut und versucht von Salzburg aus alles, um sie zu verhindern. Doch sein Einfluss auf den Sohn ist geschwunden. Die Komposition des Idomeneo hat eine neue Dynamik in Mozarts Leben und seiner künstlerischen Arbeit ausgelöst. Der Vorschlag aus München, ausgerechnet den Stoff des Idomeneo zu vertonen, hätte zu diesem Zeitpunkt nicht passender sein können. Neben der dysfunktionalen Vater-Sohn-Beziehung, die in diesem Stoff thematisiert wird, ist die lebensverändernde Thematik, die Mozart während der Entstehungszeit des Werkes so beschäftigt haben muss, auch im Stück allgegenwärtig: Sämtliche Hauptfiguren stehen vor gravierenden Umwälzungen in ihrem Leben, an der Schwelle zu einer neuen Existenz. Mozart und sein Librettist Varesco beleuchten in Idomeneo den Moment vor einem möglichen Neuanfang.


Die Figuren in «Idomeneo» befinden sich in der Schwebe

Zunächst einmal sind die Figuren vor Beginn der Handlung Schutzbedürftige und Errettete. Sie haben Schutz vor Sturm, Wind, Meer, Krieg und Familienfehde gefunden, auf Kreta, einer Insel im Meer, die als Ort Schwellencharakter für alle auf ihr lebenden Menschen besitzt. Ilia und Idomeneo haben beide den Trojanischen Krieg und einen Meeressturm überlebt. Elettra, die Schwester des Orest, ist vor den Bluttaten ihrer Familie von Argos nach Kreta geflohen und lebt nun im Exil. Nur der junge Prinz Idamante ist in einer heilen, geschützten Welt aufgewachsen. Aber auch er wird sich im Laufe der Oper seiner Verletzbarkeit und Gefährdung als Individuum bewusst.

Es lohnt sich an dieser Stelle, auf den Begriff der «Schwelle» etwas näher einzugehen. Eine Vorliebe für «Schwellen», für Türschwellen, aber genauso für die abstrakte Vorstellung davon, findet sich beim österreichischen Schriftsteller Peter Handke. Handke empfindet die Schwelle nie als blosse Grenze, sondern als eine eigene Zone, die der Sphäre der Zwischenräume angehört, und die er manchmal auch als Durchlass bezeichnet. Immer wieder erkundet Handke in seinem Werk die Schwellenerfahrungen des Lebens, die für ihn letztendlich ganz besondere Kraftorte darstellen. Eine besonders prominente Rolle nimmt die Schwellenmetaphorik in seiner Mordgeschichte Der Chinese des Schmerzes (1983) ein. Die «Schwelle», so heisst es dort, sei «ein eigener Ort, der Prüfung oder des Schutzes». Der Ich-Erzähler, ein Salzburger Lehrer für alte Sprachen, berichtet: «Seit kurzem unterrichte ich jedoch nicht mehr. Bin ich entlassen, oder beurlaubt, oder krankgeschrieben, oder vorübergehend von meinem Beruf freigestellt? Ich weiss nur: für meinen gegenwärtigen Stand gibt es noch keinen Fachausdruck. Es ist alles in der Schwebe.»

Wie bei Handke beschrieben, befinden sich auch Mozarts Figuren nach ihrer Rettung in der Schwebe, in einer Situation des «Dazwischen», in Zuständen des «Nicht-Mehr» und «Noch-Nicht». Sie sind in eine Gegenwart hineingeworfen, die sie für sich zunächst noch nicht annehmen können. Der Kreterkönig Idomeneo hat den Krieg zwar überlebt und auch die Rückreise überstanden. Doch er ist durch ein verhängnisvolles Gelübde, das er gegenüber dem Meeresgott Neptun abgelegt hat, um sein eigenes Leben zu retten, in einen Krieg mit sich selbst geraten: Er soll den ersten Menschen opfern, der ihm in der Heimat begegnet – es ist sein Sohn Idamante. Idamante wiederum, der zehn Jahre lang vaterlos war, findet zwar seinen Vater wieder, wird von ihm jedoch abgewiesen. Ilia ist eine Kriegsgefangene und hat ihre Familie verloren. Sie sollte die Feinde aus Loyalität ihrem Volk gegenüber hassen, empfindet jedoch für Idamante, der sie aus einem Meeressturm gerettet hat, erste Liebesgefühle. Elettra hat Idamante gegenüber Besitzansprüche, die sie mit Liebe gleichsetzt, muss aber immer wieder erfahren, dass sie von ihm abgelehnt wird.


Mozart zeigt den Menschen als «homo dolorosus»

Die Figuren schwanken hin und her zwischen Macht- und Ohnmachtsgefühlen (Idomeneo), zwischen Hoffnung und Verzweiflung (Idamante, Elettra), Trauer, Hass und Liebe (Ilia). Sie sind im wahrsten Sinne des Wortes «uneins» mit sich selbst und in einem ständigen inneren Konflikt. Sie leiden an ihren Gefühlsambivalenzen, empfinden «Schmerzen» – ein Begriff, der etymologisch auf den Stamm (s)mer-d- zurückzuführen ist und soviel wie «aufreiben», «zerdrücken» oder «zermalmen» bedeutet. Tatsächlich ist «O duol!» (O Schmerz!) ein Ausruf, der in Idomeneo auffallend oft vorkommt und von Mozart musikalisch besonders stark emotional aufgeladen wird. Es ist der (negative) Energiepunkt, um den im Libretto Synonyme wie «dolor», «sven ture», «tormenti», «misero core» oder «pena» angesiedelt sind. In Mozarts Partitur findet sich diesbezüglich ein immenses Arsenal an musikalischer Schmerzrhetorik: Schluchzermotive, ins Unendliche gedehnte, chromatische Linien, harmonische Dissonanzen, Liegetöne, die so gedehnt werden, dass sie zu zerreissen drohen, Koloraturen, die sich wie Fieberschübe anhören und ein durchgehend unregelmässiges musikalisches Metrum, das Puls und Herzschlag der Figuren gefährlich beschleunigt oder ins Stocken bringt.

Die Oper beginnt mit Ilia. Ganz ohne Orchesterbegleitung, wie in die Windstille hinein, stellt sie eine Frage in den Raum: «Quando avran fine omai l’aspre sventure mie?» (Wenn werden meine bitteren Leiden jemals enden?) Es sind Worte, die wie ein Theorem über dem gesamten Werk schweben. Mozart lässt von Beginn an keinen Zweifel aufkommen: im Zentrum des Idomeneo steht der Mensch in seiner ganzen Schwäche, der «homo dolorosus». Mozart dringt tief in das Innere seiner Figuren ein, er beschreibt gleichsam den Zustand ihrer Organe, Muskeln und Nerven – und findet Verletzungen vor. Es überrascht, wie schonungslos er dabei vorgeht, denn die Figuren sind in ihrer Hilflosigkeit und Verzweiflung ganz auf sich selbst zurückgeworfen. Nur selten spendet die Musik Trost und Halt, speit vielmehr das Dunkle, Abgründige, emotional Unangenehme als glühende Magmamasse an die Oberfläche. Mozarts Operation am Menschen ist ein gefährliches Unterfangen, das die Protagonisten zu Grenzgängern macht und sie immer wieder in Extremsituationen führt.

Und dennoch ist es vielleicht gerade das Gefühl des Schmerzes und des Leids, das einen das Menschsein besonders intensiv spüren lässt und ein Grund dafür sein mag, warum die Oper Idomeneo ganz besonders berührt. Die Erfahrung des Schmerzes gehört zu einer der intensivsten Lebensäusserungen – eine Erfahrung zudem, die durchaus auch ein vitales Lebenszeichen sein kann, denkt man etwa an den Moment der Geburt. Die Verbindung, die Text und Musik dabei eingehen können, um die Seelennöte der Protagonisten zu schildern, führt jedenfalls in Regionen, die eine rein sprachliche Beschreibung des Schmerzes weit hinter sich lässt.

Mozarts drastische Darstellungsweise findet ihren Höhepunkt im archaischen Moment der Sohnesopferung. Idomeneo ist überzeugt, dass er seinen Sohn tatsächlich opfern muss. Selbst Idamante erscheint die Aufopferung für den Vater als Lösung, den eigenen Schmerz zu überwinden. Doch genau in diesem prekären Moment ist eine Figur fähig, einzuschreiten und den sprichwörtlichen Schritt über die Schwelle zu tun: Ilia, die Fremde des Landes, die Trauer und Hass hinter sich gelassen und die Liebe wiedergefunden hat. Eine Stimme («La Voce») verkündet sogleich die neuen Zustände: Idamante wird der neue Herrscher, Idomeneo tritt als König ab, Idamante und Ilia heiraten. Ein Hochzeitschor und eine feierliche, rund fünfzehnminütige instrumentale Musik, die Mozart für das Münchner Ballett geschrieben hat, besiegeln die neuen Verhältnisse.


Lebensschwellen erweisen sich als Kraftorte

Damit vollzieht Mozart in Idomeneo ziemlich genau jene Abfolgeordnung, die der Ethnologe Arnold van Gennep in seinem Buch Les rites de passage (Übergangsriten) beschrieben hat: Das gesamte soziale Leben, so sein Ansatz, sei einem steten Wandel ausgesetzt, einem Wandel, dem immer auch Gefahren innewohnen. Daher würden diese Grenzüberschreitungen in vielen Gesellschaften rituell begleitet. Anhand von Initiationsriten indigener Naturvölker isolierte Van Gennep eine Dreiphasenstruktur, wie sie eben auch in Idomeneo zu erkennen ist: Auf eine Trennungsphase, die vom früheren Ort oder Zustand löst, folgt die Schwellen- oder Umwandlungsphase, die in eine Angliederungsphase mündet und in den neuen Zustand – meistens in Form eines Festes – führt.

In keiner seiner späteren Opern wird Mozart je wieder so weit gehen, so ganz ohne Auffangnetz und doppelten Boden agieren wie in seinem Idomeneo. So sind in seiner vorletzten Oper, der Zauberflöte, die transitorischen Übergänge, die die Figuren zu vollziehen haben, tatsächlich ritualisiert. Immer wieder sind in der Zauberflöte Spielräume zur Vermenschlichung, zur Aufhellung, zu Parodie und Schalk eingebaut, immer ist jemand zum Schutz eines anderen da. Die Radikalität des Idomeneo, der im Übrigen im gleichen Jahr wie Schillers Sturm-und-Drang-Drama Die Räuber entstanden ist, hat Mozart hinter sich gelassen.

Doch es bleibt festzuhalten: Für Mozart hatte das Werk, in welchem er keinerlei musikalische Begrenzungen mehr akzeptierte und eine ausserordentliche seelische Tiefe erreichte, eine besondere Bedeutung. Zeitlebens hing er an seiner «grossen opera», von der Constanze sagte, sie sei Mozarts Lieblingsoper gewesen. Immer wieder unternahm Mozart den Versuch, seinen Idomeneo an anderen Bühnen herauszubringen. Doch es blieb bei den drei nur mässig erfolgreichen Vorstellungen in München sowie einer Privataufführung im März 1786 im Hoftheater des Prinzen Auersperg in Wien, die wegen der Fastenzeit nur konzertant gegeben werden konnte. Und trotzdem denkt Mozart auch für diese Wiener Aufführung wieder neu, komponiert Arien und Szenen um. Und so trifft wohl auch in diesem Zusammenhang die tiefe Überzeugung Handkes zu, dass (Lebens-) Schwellen Übergänge sind, die zum Fruchtbarsten überhaupt gehören.


Text von Kathrin Brunner.
Dieser Artikel ist erschienen in MAG 55, Januar 2018.
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Pressestimmen

«Am Opernhaus Zürich ist eine menschlich anrührende Deutung von Mozarts ideensprühendem „Idomeneo“ zu erleben»
Südkurier vom 08. Februar 2018

Hinter dem Vorhang von «Idomeneo»

Jetske Mijnssen inszeniert «Idomeneo». Ein Backstage-Bericht vor der Premiere 2018.


Gespräch


Unglaubliche Energien entladen sich in dieser Oper

Giovanni Antonini ist erneut der Dirigent unserer «Idomeneo»-Produktion. Im Interview gab er vor der Premiere 2018 Auskunft über die stilistischen Einflüsse und Neuerungen in dieser aussergewöhnlichen Mozart-Oper.

Herr Antonini, von Mozart haben Sie am Opernhaus Zürich zuletzt Le nozze di Figaro dirigiert, jetzt erarbeiten Sie den Idomeneo. Während der Figaro gemeinhin als vollendetes Meisterwerk gilt, nimmt der fünf Jahre zuvor entstandene Idomeneo eine spezielle Position in Mozarts Schaffen ein, kann weder den frühen noch den späten Opern zugeordnet werden. Was unterscheidet den Idomeneo, Ihrer Meinung nach, von Mozarts Opern der Wiener Zeit?
Zunächst haben wir es mit ganz unterschiedlichen Formen zu tun: Idomeneo ist eine Opera seria, während die Opern wie Le nozze di Figaro, die in Zusammenarbeit mit dem Librettisten Lorenzo da Ponte in Wien entstanden sind, der Gattung des Dramma giocoso angehören. Die Sprache von da Pontes Textbüchern ist viel moderner und zeitgemässer als der Idomeneo-Text, der auf einer französischen Barocktragödie basiert und inhaltlich auf die griechische Antike zurückgeht. Der Fortschritt, den wir in Mozarts Opern nach Idomeneo feststellen können, liegt also vor  allem in der perfekten Symbiose zwischen seinem ausgereiften Musikstil und dem zeitgemässen Text von Lorenzo da Ponte begründet.

Als Mozart mit 24 Jahren den Idomeneo komponierte, war er längst im Vollbesitz seiner künstlerischen Fähigkeiten. Ein Jugendwerk ist diese Oper also trotzdem nicht …
Überhaupt nicht. Es ist nur die überkommene Form der Opera seria, die Mozart später, in der Zusammenarbeit mit da Ponte, nicht mehr bedient.  Musikalisch ist im Idomeneo aber bereits die Sprache angelegt, die auch die Opern der Wiener Zeit prägt.

Ist der Idomeneo denn wirklich eine Opera seria, also eine Oper, die in der italienischen Tradition steht? Das Libretto geht ja auf einen französischen Text zurück, der bereits von André Campra vertont wurde, und der Auftraggeber, Kürfürst Karl Theodor, hatte einen französisch geprägten Kulturgeschmack, den Mozart natürlich bedienen wollte.
Die französische Oper, die im 18. Jahr-hundert, vor allem seit den Werken von Jean-Philippe Rameau und Christoph Willibald Gluck, enorm an Bedeutung gewonnen hatte, war für Mozart natürlich eine Inspirationsquelle. Zwei Jahre bevor er den Idomeneo komponierte, war Mozart nach Paris gereist. Und man muss sich vorstellen, was so eine Reise damals bedeutete! Paris war eine musikalische Welt für sich. Was dort komponiert wurde, drang nicht so schnell in andere Städte durch, wie das heute der Fall ist. Während die globale Vernetzung heute dafür sorgt, dass das Wissen in Sekundenschnelle überall verfügbar ist, musste man damals reisen und das Entdeckte in seinem Gedächtnis abspeichern. Man kann sich also denken, wie Mozart, der unglaublich lernbegierig war, in Paris alles aufgesogen hat, was er dort zu hören bekam!

Bedeutet das also, dass der Idomeneo von französischer Musik inspiriert ist?
Ich glaube, dass Mozart in erster Linie nach Abwechslung gesucht hat. Das starre Formschema, dem die Opera seria verpflichtet war, interessierte ihn nicht. Natürlich kann man die Divertimenti mit Chören und Ballettmusiken, die er für den Idomeneo komponiert hat, in der Tradition der französischen Tragédie en musique sehen. Aber auch die Italiener haben in ihre ernsten Opern heitere Intermezzi eingeschoben, um sie dadurch abwechslungsreicher zu gestalten. Für Mozart war diese Möglichkeit, verschiedene Stile in einer Oper zusammenzuführen, ganz wichtig. Deshalb ist das Dramma giocoso in den Wiener Jahren die perfekte Form für ihn geworden, die ihm erlaubte, das tragische mit dem komischen Genre zu vermischen. Meine Lieblingsstelle, die ich immer gerne als Beispiel anführe, ist die Szene im Don Giovanni, in der die Statue des Komturs Don Giovanni auffordert, mit ihm zu gehen – er meint natürlich in die Hölle, also etwas sehr Ernstes –, und Leporello antwortet: Nein, nein, Don Giovanni hat grad keine Zeit! Für einen solchen Humor bietet der Idomeneo-Stoff mit seinem tragischen Inhalt natürlich noch keine Gelegenheit. Um die Konventionen der Seria-Oper trotzdem zu umgehen, sucht Mozart hier deshalb die stilistische Vielfalt, die auch französisch inspiriert ist.

Die Vermischung verschiedener nationaler Stile ist ja zur Zeit Mozarts nichts ganz Neues, und Christoph Willibald Gluck hat bereits 1762, also einige Jahre vor Mozarts Idomeneo seine Oper Orfeo ed Euridice auf die Bühne gebracht und dabei über die Reform der überkommenen heiteren und ernsten Gattungen nachgedacht …
Dass sich Komponisten mit Stilen anderer Nationen beschäftigen, hat schon im Barock grosse Tradition. Das Imitieren, das heute eher als etwas Schlechtes verstanden wird, war damals eine grosse Kunst! Bereits Georg Philipp Telemann oder François Couperin schrieben Sonaten im italienischen Stil von Arcangelo Corelli. Und Mozart studierte seinerseits die Musik von Johann Sebastian Bach und seinen Söhnen. Wie Gluck, so versuchte auch Mozart die Abfolge von Einzelnummern zu überwinden. Mit höchst subtilen Übergängen verbindet er die einzelnen Teile des Idomeneo zu einem richtigen Musikdrama. Ähnlich wie Rameau intensivierte Mozart ausserdem die Bedeutung und den musikalischen Gehalt der Rezitative: Die sogenannten Recitativi accompagnati, die vom Orchester begleiteten Rezitative, von denen Mozart im Idomeneo oft Gebrauch macht, wurden in der italienischen Oper nur für sehr spezielle Momente verwendet. Bei Mozart hat man das Gefühl, dass er für jedes Wort und jede Bedeutung einen ganz spezifischen Klang sucht. Dadurch verleiht er den einzelnen Charakteren und ihren Gefühlen eine enorme Differenziertheit. Man kann also insgesamt eine Tendenz feststellen, die die bevorstehende Epoche der Romantik einleitet: Nicht mehr starre Formen und Ornamente, sondern fliessende Übergänge und die Offenlegung der Gefühle stehen im Vordergrund.

Mit dem Mannheimer Orchester, das dem Kurfürsten Karl Theodor nach München gefolgt war, hatte Mozart für den Idomeneo die besten Musiker der damaligen Zeit zur Verfügung. Beeinflusste das seine Kompositionsweise?
Mozart war sich natürlich bewusst, welches Potenzial ihm da zur Verfügung stand. Die Partitur unterscheidet sich deutlich von den früheren Opern, weil im Idomeneo im Kern das ganze Vokabular angelegt ist, aus dem er für seine späteren Opern schöpft. Besonders gut kann man die Veränderung auch an der Instrumentation erkennen. Idomeneo ist die erste Oper, in der Mozart Klarinetten einsetzte, und zwar in einem expressiven Sinn. Ursprünglich war die Klarinette eine Art kleine Trompete (italienisch: clarino), deren Klang viel offener und lauter war. Als solche wurde sie im Zusammenhang mit Märschen verwendet. Mozart ist einer der ersten, der sie, nicht nur später im Klarinettenkonzert, sondern auch in seinen Opern ab Idomeneo, als lyrisches Instrument verwendete.

Findet man ähnliche Neuerungen auch in der Komposition der Gesangsstimmen?
Ja, es ist zum Beispiel ungewöhnlich, dass der König Idomeneo von einem Tenor, also einer Männerstimme, gesungen wird. In der Tradition der Opera seria müsste diese Partie von einem Kastraten gesungen werden. Während die Komponisten im Barock dadurch die Frage nach dem Geschlecht bewusst verschleierten, verlieren die Kastraten am Ende des 18. Jahrhunderts an Bedeutung. Gioachino Rossini, der die Kastratenstimmen liebte, sah darin geradezu den Niedergang der Gesangskunst. Aber bei Mozart setzt sich hier eine neue, moderne Idee durch: nämlich der Wunsch, den Charakter des Königs realistisch und lebensnah darzustellen!

Diese Frage ist ja auch hinsichtlich der Götterfiguren interessant. Während den Göttern im Barock grosse Auftritte und die schönsten Gesangslinien zugedacht waren, erklingt in Mozarts Idomeneo als Deus ex machina – wenn man ihn denn als solchen verstehen will – nur eine Stimme aus dem Off. Der Klang dieser Stimme ist bedrohlich und geradezu leidenschaftslos …
Man muss das alles im Kontext der Epoche der Aufklärung sehen. Es ist das Zeitalter, in dem man angefangen hat, die Souveränität der Götter, Könige und Herrscher zu hinterfragen und anzuzweifeln. Auch im Barockzeitalter war sich das Publikum bewusst, dass Götter nur Metaphern, nur fiktive Bühnenfiguren sind – aber sie akzeptierten es. Aber jetzt, kurz vor der Französischen Revolution, waren diese ganzen Zweifel in der Luft. Auch Mozarts Musik und seine Opernfiguren sind Ausdruck dieser grossen denkerischen Umschwünge. Deshalb treten die Götter im Idomeneo nicht auf. Ob die Stimme, die am Ende erklingt und nach deren Worten die Handlung scheinbar ein glückliches Ende nimmt, eine göttliche oder eher eine menschliche Stimme der Vernunft ist, das kann man schwer beantworten. Es hängt mit  den grossen Fragen der Aufklärung zusammen.

Momente der Entwicklung und des Übergangs sind im Zusammenhang mit dem Idomeneo allgemein von grosser Bedeutung. Der Generationswechsel spielt beispielsweise nicht nur im Stück, zwischen Idomeneo und seinem Sohn Idamante, sondern auch in Mozarts privatem Leben eine Rolle, der für diese Oper noch einmal alle Fragen intensiv mit dem Vater diskutiert hat …
Mich fasziniert die Tatsache sehr, dass der Idomeneo-Kompositionsauftrag, verbunden mit diesem Stoff, genau zum richtigen Zeitpunkt an Mozart herangetragen wurde. Er hatte damals seit fünf Jahren keine Oper mehr geschrieben, wünschte sich dies aber sehnlichst. Nach den ersten, sehr erfolgreichen Opern, die in Italien entstanden sind, gab es dort seltsamerweise keine Zukunft für ihn. Es ist interessant zu verfolgen, wie sich Mozarts Begeisterung für Italien in der Folge sehr abkühlte. In der zweiten Lebenshälfte kann man bei ihm eine sehr reservierte Haltung gegenüber Italien beobachten – dafür schuf er sich seine eigene italienische Oper. Man hat das Gefühl, dass sich in den Jahren, in denen er sich nach einer neuen Oper sehnte, unglaublich viele Ideen und riesige Energien in Mozart angestaut haben, die sich dann im Idomeneo entladen. Der umfangreiche Briefwechsel aus dieser Zeit zwischen Mozart und seinem Vater gibt uns heute eine Vorstellung davon, wie intensiv sich Mozart nicht nur mit der Musik, sondern auch mit der Gestaltung eines perfekten Dramas beschäftigt hat. In beiderlei Hin-sicht hat Mozart hier das Fundament für seine späteren Opern der Wiener Zeit geschaffen.


Das Gespräch führte Fabio Dietsche.
Foto von Paolo Morello.
Dieser Artikel ist erschienen in MAG 55, Januar 2018.
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Die geniale Stelle


Unaussprechliche Trauer

Eine Phrase in Wolfgang Amadeus Mozarts «Idomeneo»­Quartett.

König Idomeneo hat sich selbst matt gesetzt: Um dem Tod im Meeressturm zu entgehen, gelobte er, Neptun das erste lebende Wesen zum Opfer zu bringen, das ihm am Strand begegnet – und dieses Wesen war sein eigener Sohn. Der Versuch, den Gott auf etwas dümmliche Weise übers Ohr zu hauen, indem er seinen Sohn heimlich ausser Landes schafft, bewirkt nur, dass die Existenz des ganzen Landes bedroht ist: Ein fürchterliches Meeresungeheuer richtet ein Massaker unter der Bevölkerung an. Wie immer der König nun handelt, er bewirkt den Untergang. Entweder den des eigenen Sohnes oder den seines Volkes. Eine aussichtslose Situation, in die nur dadurch neue Bewegung kommt, dass Idamante beschliesst, den Kampf mit dem Ungeheuer aufzunehmen. Er weiss, und alle wissen es, dass es keine Hoffnung auf Sieg gibt. Er opfert sich, damit seinem Vater erspart bleibt, ihn mit eigenen Händen zu töten.

Diesen Moment höchster dramatischer Spannung, in dem sich alle Linien der Handlung in einem Punkt treffen, gestaltet Mozart als Ensemblesatz, der die vier hoffnungslos verstrickten Hauptfiguren in einen musikalischen Organismus zusammenbringt: Den Vater, der aus Überlebensgier die Mitmenschlichkeit vergass; Idamante, der dafür nun büssen muss; und die beiden liebenden Frauen, deren Leben durch Idomeneos Unbedachtheit zerstört wird. Indem Mozart den dramatischen Höhepunkt der Oper als Quartett gestaltet, bedient er sich eines Verfahrens, das zu jener Zeit für die Opera seria neu war. Er hat es nicht erfunden, eignet es sich aber auf ganz eigene, originelle Weise an.

Die formal kühnste Stelle dieses Satzes und vielleicht der ganzen Oper findet sich wenige Takte vor Schluss, wenn Idamante das Thema erneut anstimmt, mit dem er das Quartett begann. Der Zuhörer erwartet, dass diesem Thema nun die verkürzte Reprise des Hauptteils und eine stürmische Stretta folgen, in der sich die aufgestauten Emotionen endgültig entladen. Stattdessen bricht der Gesang aber nach wenigen Tönen der todtraurigen Melodie ab, Idamante versagt die Stimme und er verlässt den Schauplatz. Was im Orchester noch folgt, ist kaum als Nachspiel zu bezeichnen, es ist ein harmonisch instabiles Gebilde, ein zielloses Pendeln, schliesslich ein Versinken in der Sprachlosigkeit, der hilflose Ausdruck tiefer Erschütterung und unaussprechlicher Trauer. Indem diese wenigen Takte die Sympathien der Zuschauer ganz auf den unschuldig leidenden Idamante konzentrieren, wird dieser zur zentralen Figur der Tragödie, womit der Titelheld sozusagen entthront, also der Schluss der Oper vorweggenommen wird.

Und tatsächlich scheint diese Stelle den Schlüssel für das Verständnis der Schlusswendung zu enthalten: Der Machthaber hat seine Position egoistisch missbraucht, indem er den Tod eines anderen Menschen in Kauf nahm, um selbst gerettet zu werden. Er handelt wieder egoistisch, wenn er sein ganzes Volk in Gefahr bringt, um seinem Sohn das Leben zu retten. Idamante ist nicht wie sein Vater. Er versteht, dass Macht haben bedeutet, Verantwortung zu tragen für die Untergebenen. Anders als sein Vater wird er dieser Verantwortung gerecht und und nimmt es auf sich, sein Leben für das Wohl der Allgemeinheit zu opfern. Er besteht die Prüfung, an der sein Vater scheiterte. In ihm verkörpert sich das aufklärerische Ideal des Machthabers, die Utopie einer Weltordnung, in der sich der Machthaber als erster Diener seiner Untergebenen versteht und zwischenmenschliche Solidarität eine selbstverständliche Tugend ist.


Text von Werner Hintze.
Dieser Artikel ist erschienen in MAG 55, Januar 2018.
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Volker Hagedorn trifft ...


Joseph Kaiser

Jeder Zoll ein König, so steht er da, gut einen Meter neunzig gross, im Anzug mit Krawatte unter dem Vollbart. Aber es ist ein trauriger König, so stark wie gebrochen. Das wenige, das er in dieser Szene singt, trifft den Kern. Den Göttern will er gehorchen und den eigenen Sohn opfern, schlachten, «svenar il genitor il proprio figlio».

Regisseurin Jetske Mijnssen kümmert sich jetzt nicht um ihn, das muss sie auch nicht, denn es geht gerade um den Chor, um die leidenden Menschen von Kreta, die von allen Seiten auf ihren König zukriechen. Trotzdem legt Joseph Kaiser bei jeder Wiederholung alle Intensität in seine wenigen Töne, in das Schweigen davor und danach, halb versteinert von dem, was Idomeneo sagen und tun zu müssen glaubt, «weil er diese Macke hat». So erklärt die Regisseurin knapp den Chorsängern, worüber sie und ihr Titelheld sich eine Menge Gedanken gemacht haben. Kaiser kommt darauf zu sprechen, als wir uns im Foyer der Probebühne zusammensetzen, er mit einem Gemüsesnack in der Plastikschachtel. «Warum muss ich diese schreckliche Sache tun, als Idomeneo? Weil ich sehr krank bin. Ein posttraumatisches Stresssyndrom.» Wie in Mozarts Libretto hat dieser Idomeneo Kriegserlebnisse hinter sich und wäre fast gestorben, nun aber nicht mehr in der Zeit der Götter. Der Neptun, dem er für seine Rettung den Sohn opfern zu müssen glaubt, ist Wahn. Aber wie findet der Sänger Joseph Kaiser da hinein, dem es so wichtig ist, seine «persönlichen Erfahrungen mit der Rolle zu verbinden»?

«Ich war nie beim Militär. Aber ich habe zwei Söhne, einen dreizehnjährigen Jungen und einen elfjährigen – wunderbare Kinder. Und jedes Mal, wenn ich den Konflikt, die Sorge, den Schmerz in Idamantes Gesicht sehe, ist für mich ein Bezug da.» Idamante ist Idomeneos Sohn, der nicht wissen und begreifen kann, warum der Vater ihn nach langer Abwesenheit nicht umarmt. «Für Eltern ist es schon hart, eine Strafe verhängen zu müssen, eine Woche Fernseh­ oder Smartphone­Verbot, auch wenn sie wissen, dass es richtig ist. Aber das ist eine Kleinigkeit im Vergleich zu Idomeneos Not: Dein Sohn leidet, und du kannst ihm nicht sagen, warum du ihn wegschickst, und jedesmal, wenn du ihn anschaust, weisst du, du wirst ihn verletzen müssen.» Dazu noch frage sich Idomeneo, warum er überhaupt gerettet wurde, wenn das der Preis ist. Er weiss ja nicht, dass er krank ist. «Natürlich ist das unbegreiflich, aber genau das liebe ich, diese grosse Herausforderung. Wir müssen das glaubwürdig machen. Ich habe auf der Bühne hundertmal jemanden getötet oder bin gestorben. Im richtigen Leben nicht. Die Opern, die wir lieben, sind voll von extremen dramatischen Situationen, und wir haben die Chance, da einzutauchen.» Hatte er schon eine Vorstellung, ein Konzept von Idomeneo, als die Proben begannen? «Nein. Ich muss am Anfang eine leere Seite sein, und dann können wir gestalten, malen, formen, wie wir es brauchen. Das kann erst wirklich geschehen, wenn in diesem Raum hier all die verschiedenen Leute zusammenkommen, die Sänger, der Dirigent, die Regisseurin, mit ihren unterschiedlichen Herzschlägen.»

Joseph Kaiser spricht Amerikanisch, aber britischer als ein Amerikaner und baritonaler als ein Tenor. Was daran liegt, dass er in Montreal zur Welt kam und seine Laufbahn als Bariton begann. Ich bin nicht der erste, der sich über seinen Namen wundert. «Ja, Joseph Kaiser klingt, als wenn in Deutschland jemand George Washington hiesse. Die Eltern meines Vaters kamen aus Strassburg und St. Gallen, und die meiner Mutter aus Schottland und Kanada.» Und während Josephs Vater Märsche liebte, vor allem die von John Philip Sousa, waren es bei seiner Mutter Opern, «lots of Mozart», und beide mochten auch Bach und Bizet, Abba und die Rolling Stones und Nana Mouskouri. Sie liessen alle vier Kinder Instrumente lernen – bei Joseph waren es Geige, Klavier, Cello und Schlagzeug. «Aber ich wollte sehr früh Sänger sein. Es klingt vielleicht albern, aber das gab mir eine Stimme für meine Persönlichkeit, das ist immer noch so.» Dann gab es da diesen magischen Moment in Tanglewood, beim berühmten Festival. Joseph war achtzehn und lauschte mit 1200 Leuten einem Konzert mit der Sopranistin Barbara Bonney, am Klavier von Warren Jones begleitet. «Ich glaube, sie sang fünf Zugaben, die letzte war eine Soloversion von Tonight aus der West Side Story.» Er deutet singend an: «Tonight, tonight, it all began tonight… Warren Jones spielte die letzten Akkorde, und dann war der Saal still. Sechs Sekunden, sieben Sekunden. Ich erinnere mich, dass ich in dem Moment dachte, das möchte ich machen. Ich muss lernen, wie man das hinkriegt.»

Seine Stimme liess er an der McGill University in Montreal ausbilden, und in dieser Stadt stellten anno 2002 die Juroren eines Wettbewerbs fest, dass im 25­jährigen Bariton das Potenzial eines Tenors schimmerte. Wenn solche Juroren Teresa Berganza, Grace Bumbry, Marilyn Horne und Cesare Siepi heissen, sollte man sie ernst nehmen. Das tat Joseph. Als später der frischgebackene Tenor in Chicago als Erster Gefangener im Fidelio auf der Bühne stand, bei einer Generalprobe, fiel er zwei Gästen im Parkett auf. Der eine war Daniel Barenboim, der andere der Regisseur Kenneth Branagh, der eigentlich nur den Bassisten René Pape erleben wollte – der sollte den Sarastro in seiner Verfilmung der Zauberflöte singen. Branagh erkannte im hochgewachsenen, athletischen Joseph Kaiser sofort den Tamino seiner Träume – und seiner Alpträume, denn diese Zauberflöte würde mitten im Ersten Weltkrieg spielen, im Gemetzel zwischen Frankreich und Deutschland. Und so kam es, dass das Publikum anno 2007 einen Tamino um ein Haar im schlammigen Graben krepieren sah, von Gasschwaden bedroht und von den unversehens auftauchenden drei Damen gerettet. Abgesehen davon, dass er wunderbar geschmeidig und fokussiert sang und sich nicht bewegte wie ein Opernsänger, der in den falschen Film geraten ist. «Auf der Bühne versuchen wir, alle Gesten zu vergrössern, damit es ankommt. Im Film ist schon ein einziger Zentimeter so viel, dass darin Wahrheit liegen kann, echtes Gefühl.» Darauf sei es Branagh angekommen in seiner aberwitzigen Kreuzung der Sphären: «Wenn es echt ist, nehmen wir den take, wenn nicht, machen wir es noch mal.» Von Branagh und vom Schauspielcoach Jimmy Yuill habe er viel gelernt. Die Kunst der kleinen Gesten und der unauffälligen Blicke merkt man ihm auch auf der Probebühne an. Sah er sich nach dem Erfolg des Films von manchen auf den Kino­Prinzen reduziert? «Sänger sind nur so gut wie ihre jüngste Vorstellung. Natürlich war der Film eine der grössten Chancen meines Lebens, aber niemand geht ins Theater, um einen zu hören, der vor zehn Jahren gut war.» Ausserdem debütierte Kaiser 2007 nicht nur auf der Leinwand, sondern – dank Daniel Barenboim – auch bei den Salzburger Festspielen – als Lensky in Andrea Breths Inszenierung von Eugen Onegin. Worauf viele grossen Häuser folgten, unter anderem sein Zürcher Debüt als träumend verliebter Michel in Bohuslav Martinůs Oper Juliette.

Indessen bleibt er seiner Wahlheimat Chicago treu. «Ich habe auch in New York gelebt und mag es, aber ich brauche den ganzen Lärm nicht. Chicago hat mehr mein Tempo. Meine Kinder sind Teil der artistic community geworden. Mein jüngerer Sohn tanzt viel, mein älterer schreibt seit einem Jahr selbst Musik. Ich vermisse die beiden schrecklich! Das ist das Anstrengendste an dieser Karriere.» Von der er sich bei einer Leidenschaft erholt, die bei Musikern verbreitet ist – gut essen. «Das ist wie mit guter Musik: Du fühlst dich inspiriert.» Hobbykoch Joseph investiert darum auch ins Restaurant Oriole an der West Walnut Street. «Du setzt dich hin, ohne Karte, achtzehn kleine Gänge, und willst nicht wieder weg. Miyazaki Wagyu Beef, Roggencappellini mit Trüffeln, Kaviar mit Meertrauben, es ist göttlich!» Und strahlend blickt er auf die leere Snackbox vor sich, als hätte er all das in ihr gefunden.


Text von Volker Hagedorn
Dieser Artikel ist erschienen in MAG 55, Januar 2018
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Audio-Einführung zu «Idomeneo»

  1. Audio-Einführung zu «Idomeneo»
    Unsere Dramaturgin Kathrin Brunner gibt einen Einblick in die Oper «Idomeneo». Live-Einführungen finden jeweils 45 Minuten vor der Vorstellung im Opernhaus statt.

Programmbuch

Idomeneo

Idomeneo

Synopsis

Idomeneo

Synopsis

Idomeneo

Biografien


Jetske Mijnssen, Inszenierung

Jetske Mijnssen

Jetske Mijnssen studierte Niederländische Literatur an der Universität Amsterdam und Regie an der Amsterdamse Hogeschool voor de Kunsten. Es folgten Engagements als Regieassistentin an der Nederlandse Opera in Amsterdam, am Grand Théâtre de Genève sowie an der Vlaamse Opera in Antwerpen. Ab 2001 entstanden eigene Regiearbeiten, darunter La traviata am Konzert Theater Bern, Die Entführung aus dem Serail am Aalto-Theater Essen, Madama Butterfly am Theater Basel, Jules Massenets Werther am Saarländischen Staatstheater Saarbrücken (2014 nominiert für den Theaterpreis DER FAUST), Die Dreigroschenoper und Il barbiere di Siviglia an der Opera Zuid in Maastricht, Almira an der Staatsoper Hamburg und bei den Innsbrucker Festwochen der Alten Musik sowie L’Enfant et les sortilèges, Don Pasquale, Pinocchio und Benjamin Brittens Der kleine Schornsteinfeger an der Komischen Oper Berlin. Mit Humperdincks Königskinder gab sie 2014 ihr Debüt an der Semperoper Dresden. Ihre Inszenierung von Luigi Rossis Orfeo an der Opéra national de Lorraine in Nancy wurde mit dem Grand Prix du Syndicat de la Critique 2016 ausgezeichnet, und Il barbiere di Siviglia in Oslo wurde 2022 für den norwegischen Heddaprisen nominiert. Ihre jüngsten Arbeiten waren Haydns Orlando paladino, Idomeneo, Hippolyte et Aricie und Dialogues des Carmélites für das Opernhaus Zürich, Giovanni Legrenzis La divisione del mondo, eine Koproduktion der Opéra National de Rhin, der Opéra National de Lorraine und der Opéra Royal de Versailles, Anna Bolena und Maria Stuarda in Amsterdam, Zemlinskys Kleider machen Leute an der Staatsoper Prag sowie La clemenza di Tito in Kopenhagen.

Platée10, 12, 15, 21, 26, 30 Dez 2023; 10, 12, 14, 16 Jan 2024 Agrippina02, 05, 07, 09, 11, 14, 18, 27, 30 Mär 2025


Franck Evin, Lichtgestaltung

Franck Evin

Franck Evin, geboren in Nantes, ging mit 19 Jahren nach Paris, um Klavier zu studieren. Nachts begleitete er Sänger im Café Théâtre Le Connetable und begann sich auch für Beleuchtung zu interessieren. Schliesslich entschied er sich für die Kombination aus Musik und Technik. Dank eines Stipendiums des französischen Kulturministeriums wurde er 1983 Assistent des Beleuchtungschefs an der Opéra de Lyon. Hier arbeitete er u.a. mit Ken Russel und Robert Wilson zusammen. Am Düsseldorfer Schauspielhaus begann er 1986 als selbstständiger Lichtdesigner zu arbeiten und legte 1993 die Beleuchtungsmeisterprüfung ab. Besonders eng war in dieser Zeit die Zusammenarbeit mit Werner Schröter und mit dem Dirigenten Eberhard Kloke. Es folgten Produktionen u. a. in Nantes, Strassburg, Paris, Lyon, Wien, Bonn, Brüssel und Los Angeles. Von 1995 bis 2012 war er Künstlerischer Leiter der Beleuchtungsabteilung der Komischen Oper Berlin und dort verantwortlich für alle Neuproduktionen. Hier wurden besonders Andreas Homoki, Barrie Kosky, Calixto Bieito und Hans Neuenfels wichtige Partner für ihn. Im März 2006 wurde Franck Evin mit dem «OPUS» in der Kategorie Lichtdesign ausgezeichnet. Seit Sommer 2012 arbeitet er als künstlerischer Leiter der Beleuchtungsabteilung an der Oper Zürich. Franck Evin wirkt neben seiner Tätigkeit in Zürich weiterhin als Gast in internationalen Produktionen mit, etwa an den Opernhäusern von Oslo, Stockholm, Tokio, Amsterdam, München, Graz sowie der Opéra Bastille, der Mailänder Scala, dem Teatro La Fenice, der Vlaamse Opera und bei den Bayreuther Festspielen.

Carmen07, 10, 12, 14, 19, 21, 24 Apr; 04, 11, 15 Mai; 12, 15 Jun 2024 Die Walküre05, 20 Mai 2024 I vespri siciliani09, 13, 20, 23, 28 Jun; 04, 07, 10, 13 Jul 2024 Das Land des Lächelns21, 25, 29 Jun; 02, 05 Jul 2024 Iphigénie en Tauride24, 29 Sep; 01, 11, 15 Okt 2023 Don Giovanni23, 27 Sep; 05, 10, 14 Okt 2023 Götterdämmerung05, 09, 12, 18, 24 Nov; 03 Dez 2023; 09, 26 Mai 2024 Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer19, 26 Nov; 02, 05, 13, 17, 31 Dez 2023; 01, 05, 09, 21, 28 Jan; 10 Feb 2024 Barkouf16, 20, 23, 26 Dez 2023 Sweeney Todd22, 29 Dez 2023; 07, 13 Jan 2024 Così fan tutte28 Jan; 03, 07, 10 Feb 2024 Das Rheingold20, 27 Apr; 03, 18 Mai 2024 Siegfried07, 24 Mai 2024 Don Pasquale18, 22, 24, 31 Mai; 03 Jun 2025 Ariadne auf Naxos22, 25, 28 Sep; 03, 06, 10, 13, 18, 22 Okt 2024 Simon Boccanegra27 Sep; 04, 13, 19, 25 Okt 2024 Leben mit einem Idioten03, 08, 10, 14, 16, 22, 29 Nov; 01 Dez 2024 In 80 Tagen um die Welt17, 22, 24 Nov; 01, 07, 13, 14, 21, 26, 29 Dez 2024; 02, 05, 12, 14 Jan 2025 Der fliegende Holländer21, 24, 30 Nov; 06, 10 Dez 2024 Un ballo in maschera08, 11, 14, 17, 21, 28 Dez 2024; 05, 10, 15, 19 Jan 2025 Madama Butterfly22, 26, 29 Dez 2024; 01, 04 Jan 2025 Roméo et Juliette31 Dez 2024; 03, 08, 11, 17, 26 Jan 2025 Fidelio21, 25 Jan; 02, 08, 15 Feb 2025 Manon Lescaut09, 13, 16, 19, 23 Feb; 01, 06, 13, 16, 22 Mär 2025 Lohengrin13, 16, 24, 27 Apr; 04 Mai 2025 Salome29 Mai; 01, 07, 12, 15 Jun 2025 Elias09, 13, 17, 19, 21, 24, 26, 29 Jun; 02, 06 Jul 2025 Les Contes d’Hoffmann28 Jun; 01, 04, 09, 12 Jul 2025


Joseph Kaiser, Idomeneo

Joseph Kaiser

Joseph Kaiser stammt aus Kanada und gastiert regelmässig auf den grossen Opern- und Konzertbühnen in Europa und Nordamerika. Einem breiten Publikum bekannt geworden ist er in dem Film The Magic Flute von Kenneth Brannagh (2007) als Tamino, den er zudem am Royal Opera House Covent Garden, am Teatro Real Madrid, in Los Angeles Opera und Washington sowie an der New Yorker Metropolitan Opera sang. An der Met war er ausserdem als Roméo in Roméo et Juliette an der Seite von Anna Netrebko zu hören, verkörperte Flamand in Capriccio, Gimoaldo in Rodelinda, Narraboth in Salome, Lysander in A Midsummernight’s Dream und erst kürzlich Števa in Janáčeks Jenůfa. Im Opernbereich sang Joseph Kaiser in jüngster Zeit die Titelrolle in Strawinskys Oedipus Rex in Aix-en-Provence (Regie: Peter Sellars, Dirigat: Esa-Pekka Salonen), gab sein Rollendebüt als Peter Grimes am Theater an der Wien und war als Admeto (Alceste) an der Wiener Staatsoper sowie als Matteo in Richard Strauss’ Arabella an der Bayerischen Staatsoper zu erleben. Am Opernhaus Zürich debütierte er 2015 als Michel in der Neuproduktion von Martinůs Juliette. In der Spielzeit 2017/18 war Joseph Kaiser bisher als Edmundo de Nobile in Thomas Adès’ The Exterminating Angel an der Met unter dem Dirigat des Komponisten zu erleben. Nach seinem Rollendebüt als Idomeneo in Zürich singt er die Titelrolle in Lohengrin am Théâtre Royal de la Monnaie in Brüssel unter Alain Altinoglu. Zudem ist er u.a. und mit einem Solorezital in der Carnegie Hall mit Thomas Adès am Klavier sowie mit Beethovens Neunter Sinfonie unter der Leitung von Kent Nagano zu erleben.



Anna Stéphany, Idamante

Anna Stéphany

Anna Stéphany ist englisch-französischer Herkunft. Sie studierte am King’s College London, an der Guildhall School of Music & Drama und am National Opera Studio, gewann den Kathleen Ferrier Award sowie die Guildhall Gold Medal und vertrat England 2009 beim Wettbewerb «BBC Cardiff Singer of the World». Bisher sang sie u.a. Octavian (Der Rosenkavalier) am Bolschoi-Theater, an der Königlichen Oper Stockholm und in Covent Garden, Annio (La clemenza di Tito) in Aix-en-Provence und an der Bayerischen Staatsoper, Rosina (Il barbiere di Siviglia) am Théâtre du Châtelet, die Titelrolle in Charpentiers Medée am Chicago Opera Theater, La donna del lago in Covent Garden, La Musica/Speranza (L’Orfeo) in München und die Titelpartie in Händels Serse in einer CD-Einspielung mit der Early Opera Company unter Christian Curnyn. Im Sommer 2017 debütierte sie in Glyndebourne als Sesto in Mozarts La clemenza di Tito. Konzerte gab sie u.a. mit dem Orchestra of the Age of Enlightenment und William Christie, dem Balthasar Neumann Ensemble und Thomas Hengelbrock, dem Orchestra La Scintilla und Laurence Cummings sowie mit dem Londoner Philharmonia Orchestra und Esa-Pekka Salonen. Von 2012 bis 2015 gehörte Anna Stéphany zum Ensemble des Opernhauses Zürich und war hier als Cherubino (Le nozze di Figaro), Dorabella (Così fan tutte), Siébel (Faust), La Muse/Nicklausse (Les Contes d’Hoffmann) und Minerva (Il ritorno d’Ulisse in patria) sowie in jüngerer Zeit als Venus (King Arthur), Sesto, Romeo (I Capuleti e i Montecchi), Charlotte (Werther), Idamante (Idomeneo) und Octavian zu erleben. In der Spielzeit 2019/20 singt sie neben Hänsel in Zürich, die Mezzosopran-Partie in Mendelssohns Elias am Théâtre de Champs-Elysées und Ruggiero (Alcina) in Glyndbourne.



Hanna-Elisabeth Müller, Ilia

Hanna-Elisabeth Müller

Hanna-Elisabeth Müller studierte bei Rudolf Piernay, mit dem sie nach wie vor eng zusammenarbeitet. 2014 erlebte sie mit ihrem Auftritt als Zdenka in Strauss’ Arabella an der Seite von Renée Fleming und Thomas Hampson unter der Leitung von Christian Thielemann bei den Salzburger Osterfestspielen ihren internationalen Durchbruch und wurde kurz darauf von der Zeitschrift Opernwelt als «Nachwuchskünstlerin des Jahres» ausgezeichnet. 2012 bis 2016 gehörte sie dem Ensemble der Bayerischen Staatsoper an. 2017 debütierte sie als Marzelline in Fidelio an der MET in New York. Es folgte ihr Opern- und Rollendebüt als Donna Anna in Robert Carsens Don Giovanni an der Mailänder Scala. In dieser Rolle war sie ausserdem an der Bayerischen Staatsoper und an der Wiener Staatsoper zu erleben. 2018 debütierte sie am Opernhaus Zürich als Illia in Idomeneo. An der MET sang sie zudem Susanna (Le nozze die Figaro) und an der Bayerischen Staatsoper Elettra (Idomeneo) sowie Cordelia in der Neuproduktion von Lear. Zu ihren Konzerthöhepunkten gehören Strauss’ Vier letzte Lieder mit dem WDR Sinfonieorchester Köln unter Christoph Eschenbach, Bergs Sieben Frühe Lieder mit den Berliner Philharmonikern unter Paavo Järvi und Schumanns Faustszenen mit dem Orchestre de Paris unter Daniel Harding. Mit ihrer Klavierpartnerin Juliane Ruf tritt sie regelmässig in wichtigen Liedzentren wie der Mailänder Scala, Wigmore Hall, Heidelberger Frühling, Kölner Philharmonie, De Singel Antwerpen und beim Festival Rheinvokal auf. 2017 erschien ihre erste Lied-CD Traumgekrönt, 2020 folgte die CD Reine de Cœur mit Werken von Schumann, Zemlinsky und Poulenc.

Strauss12 Jan 2025 Italienisches Liederbuch02 Jun 2025


Guanqun Yu, Elettra

Guanqun Yu

Guanqun Yu stammt aus China. Sie gehört zu den vielversprechendsten Sopranistinnen der jüngeren Generation und ist regelmässig an internationalen Opernhäusern zu Gast. Sie war 2008 Ge­win­nerin des Belvedere Gesangswettbewerbs und wurde im selben Jahr Mitglied des Opernstudios am Teatro Comunale di Bologna. Seither debütierte sie u. a. in Honeggers Jeanne d’Arc au bûcher im Wiener Musikverein, sang Mimì (La bohème) unter Fabio Luisi beim Pacific Festival in Sapporo und Donna Elvira (Don Giovanni) in Bologna. 2012 gab sie ihr Debüt an der Metropolitan Opera als Leonora (Il trovatore) und war Preisträgerin des Plácido Domingo Operalia Wettbewerbs. Es folgte Lucrezia (I due Foscari) an Domingos Seite in Valencia, wo sie auch als Desdemona (Otello) unter Zubin Mehta zu erleben war. Weitere Höhepunkte waren u.a. ihre Debüts als Gräfin (Le nozze di Figaro) in Peking, als Mat­hil­de (Guillaume Tell) an der Hamburgischen Staatsoper und als Contessa (Le nozze di Figaro) an der Bayerischen Staatsoper. Sie war als Desdemona an der Deutschen Oper Berlin und an der Oper Köln, als Mimì am Opernhaus Zürich sowie als Liù (Turandot) bei den Bregenzer Festspielen und in Köln zu erleben. 2015 sang sie Contessa sowie Rosina (The Ghosts of Versailles) in Los Angeles. Für ihre Interpretation der Rosina wurde sie mit einem Grammy ausgezeichnet. In der Saison 2017/18 war sie als Liù an der Met und am Opernhaus Zürich, als Amelia Grimaldi (Simon Boccanegra) in Hamburg, als Mimì in München und als Elettra (Ido­meneo) wiederum in Zürich zu erleben. Des­demona sang sie in der aktuellen Spielzeit an der Deutschen Oper Berlin und an der Staats­oper Hamburg.



Airam Hernandez, Arbace

Airam Hernandez

Airam Hernández wurde in Teneriffa geboren. Er studierte zunächst Horn und anschliessend Gesang bei Dolors Aldea am Conservatori in Barcelona. Von 2014-2016 war er Mitglied des Internationalen Opernstudios und anschliessend Ensemblemitglied am Opernhaus Zürich. Engagements führten ihn zudem u.a. an die Oper Amsterdam, Opéra National de Lorraine, Opéra de Lausanne, Musikkollegium Winterthur, Theater Basel, Gran Teatre del Liceu, Auditori de Barcelona, Palau de la Música Catalana, Auditorium «Manuel de Falla» in Granada, Ópera de Tenerife, Auditorio Alfredo Kraus in Gran Canaria sowie ans Teatro Real of Madrid. Er sang unter Dirigenten wie Marco Armiliato, Carlo Rizzi, Jesus López-Cobos, James Conlon, Nello Santi, Francesco Ivan Ciampa sowie Fabio Luisi und arbeitete mit Regisseuren wie Barrie Kosky, Hans Neuenfels, Laurent Pelly, David Pountney, Andreas Homoki und Damiano Michieletto. 2016 debütierte er als Alfredo (La traviata) an der Oper in Perm unter Teodor Currentzis und in der Inszenierung von Robert Wilson. 2017 hatte er Rollendebüts wie Apollo und Dionysos (Orest) am Opernhaus Zürich, Edgardo (Lucia di Lammermoor) an der Opéra de Lausanne sowie Faust (Faust) an der Oper in Teneriffa. In naher Zukunft wird er Rollen wie Fenton (Falstaff), Don Ottavio (Don Giovanni), Gennaro (Lucrezia Borgia), Fernando (Doña Francisquita) und Nemorino (L’elisir d'amore) singen und ihn an Häuser wie die Semperoper Dresden, Musashinos Auditorium (Japan), Grand Théâtre de la Ville de Luxembourg, Dallas Opera, Staatsoper Hamburg, De Nationale Opera Amsterdam, Gran Teatre del Liceu, Teatro Real de Madrid und Théatre du Capitole Toulouse führen.



Ildo Song, La Voce

Ildo Song

Ildo Song stammt aus Südkorea. Er absolvierte seine Gesangsausbildung an der Universität von Seoul und ist Preisträger zahlreicher südkoreanischer Wettbewerbe. In Europa wurde er 2014 mit dem 3. Preis beim Internationalen Hans Gabor Belvedere Gesangswettbewerb in Düsseldorf ausgezeichnet. Zu seinem Repertoire gehören Partien wie Sarastro (Die Zauberflöte), Sparafucile (Rigoletto), die Titelpartie in Le nozze di Figaro und Don Alfonso (Così fan tutte), die er auf verschiedenen Bühnen in Seoul, darunter das Seoul Art Center, verkörperte. Von 2015 bis 2017 gehörte er zum Internationalen Opernstudio in Zürich und war hier u.a. in Il viaggio a Reims, La traviata, Orlando paladino, Don Carlo, Un ballo in maschera und L’Heure espagnole / L’Enfant et les sortilèges zu erleben. Seit der Spielzeit 2017/18 gehört er zum Ensemble des Opernhauses Zürich. In letzter Zeit sang er u.a. den Onkel Bonze in Madama Butterfly, Le Fauteuil / L’arbre in L’Enfant et les sortilèges, La Voce in Idomeneo, Mandarin in Turandot, Doktor Grenvil in La traviata, Julian Pinelli in Die Gezeichneten, Il Conte di Ceprano in Rigoletto, Alessio in der konzertanten Aufführung von La sonnambula, Oroveso in Norma und ein Eremit in Der Freischütz. Er gastierte zudem jüngst als Onkel Bonze und Oroveso am Teatro di San Carlo in Neapel.



Claudius Herrmann, Continuo

Claudius Herrmann

Claudius Herrmann wurde 1967 in Mannheim geboren und erhielt seine musikalische Ausbildung bei Hans Adomeit in Mannheim und an der Musikhochschule Lübeck bei David Geringas.

Seit 1992 ist er Solocellist in der Philharmonia Zürich und arbeitete dort mit Dirigenten wie Nikolaus Harnoncourt, Georg Solti, Christoph von Dohnányi, Riccardo Chailly, Bernhard Haitink und Franz Welser-Möst.

2013 wurde er als Solocellist zu den Bayreuther Festpielen eingeladen.

Claudius Herrmann ist seit 2009 Cellist des Gringolts Quartetts, mit dem er mehrere Preise, u.a. den ECHO Klassik Preis gewann. Vorher war er 15 Jahre lang Mitglied des Amati Quartetts Zürich, mit dem er in den wichtigsten Konzertsälen wie der Carnegie Hall, dem Concertgebouw, der Wigmore Hall, dem Theatre Champs Elysées, dem Wiener Musikverein und der Berliner Philharmonie aufgetreten ist.

Als Solist war er u.a. mit den Hamburger Symphonikern, den Stuttgarter Philharmonikern, dem Tschaikowsky Sinfonieorchester Moskau sowie dem Orchester der Oper Zürich (Strauss Don Quixote unter Franz Welser-Möst) zu erleben.

Neben über 20 Kammermusik CD Aufnahmen hat er auch mehrere CDs mit Cello-Sonaten von Brahms, Reinecke und Herzogenberg veröffentlicht.a

Così fan tutte28 Jan; 03, 07 Feb 2024


Michael Richter, Continuo

Michael Richter

Michael Richter wurde in Wien geboren und studierte Orchesterdirigieren bei Leopold Hager sowie Korrepetition bei Konrad Leitner an der dortigen Universität für Musik und Darstellende Kunst. Von 2000 bis 2003 war er als Solokorrepetitor mit Dirigierverpflichtung am Badischen Staatstheater Karlsruhe engagiert und dirigierte dort u.a. Aufführungen von Le nozze di Figaro, Die Fledermaus und Prokofjews Romeo und Julia. Seit 2003 ist Michael Richter am Opernhaus Zürich engagiert, zunächst als Solokorrepetitor, seit 2012 als Studienleiter. Er arbeitete mit namhaften Dirigenten wie Franz Welser-Möst, Ingo Metzmacher, Fabio Luisi und Heinz Holliger sowie mit Sängern wie Neil Shicoff, Jonas Kaufmann und Peter Seiffert, gab Konzerte als Pianist und Dirigent in verschiedenen Ländern Europas und arbeitete für die Salzburger Festspiele wie auch für das Lucerne Festival. 2017/18 dirigierte er die Uraufführung von Xavier Dayers Der Traum von Dir auf der Studiobühne des Opernhauses Zürich; 2018/19 sowie in der folgenden Spielzeit leitete er Vorstellungen von Humperdincks Hänsel und Gretel. 2022/23 übernimmt er die musikalische Leitung von Alice im Wunderland am Opernhaus Zürich.

In 80 Tagen um die Welt17, 22, 24 Nov; 01, 07, 13, 14, 21, 26, 29 Dez 2024; 02, 05, 12, 14 Jan 2025