Kurzgefasst
Eine neue Ära beginnt: Im September tritt Gianandrea Noseda sein neues Amt als Generalmusikdirektor des Opernhauses Zürich an. Aber schon jetzt gibt er mit einem musikalischen Grossprojekt seine künstlerische Visitenkarte ab: Der italienische Dirigent führt das gewaltige «Deutsche Requiem» von Johannes Brahms mit der Philharmonia Zürich und dem Chor der Oper Zürich auf.
In Zeiten von Corona haben Live-Aufführungen von Werken für Chor und Orchester Seltenheitswert. Aber in Zürich wird das Konzert durch eine ganz besondere Aufführungssituation möglich. Da Publikumsbesuch zurzeit nicht möglich ist, wird für einen Abend auch der Zuschauerraum des Opernhauses zum Klangkörper: Die Damen des Chores nehmen – mit dem gebotenen COVID-Abstand – im Parkett Aufstellung, die Herren in der darüberliegenden Parkettgalerie, im vorderen Bühnenbereich sitzt das Orchester und mitten auf der Bühne steht der Dirigent mit Blick in den offenen Saal. Gianandrea Noseda bringt das gesamte Theater mit Brahms zum Klingen.
Das «Deutsche Requiem» für Sopran- und Bariton-Solo, Chor und Orchester gehört zu den populärsten Oratoriums-Kompositionen des 19. Jahrhunderts und ist ein zentrales Werk im Gesamtschaffen von Brahms. Der deutsche Spätromantiker hat die Partitur nicht als Toten-Messe in katholischer Tradition angelegt, sondern deutsche Texte gewählt und den inhaltlichen Fokus von der Erlösungsbitte für die Verstorbenen auf den Trost der Lebenden verschoben. Das Oratorium will nicht liturgischer Kirchendienst sein, sondern ein den Menschen zugewandtes Kunstereignis. «Ich habe meine Trauermusik vollendet als Seligpreisung der Leidtragenden. Ich habe nun Trost gefunden, wie ich ihn gesetzt habe als Zeichen an die Klagenden», schreibt Brahms über sein Requiem. Dass seiner Musik in der dramatischen Phase einer weltweiten Pandemie eine besondere Bedeutung zukommt, versteht sich von selbst.
Man darf gespannt sein auf die Interpretation von Gianandrea Noseda, der bekannt ist für seine enthusiastische und leidenschaftsdurchglühte Art zu dirigieren. Der Italiener ist nicht nur als Opern- sondern auch als Konzert-Dirigent ein Künstler von internationalem Rang. Und das gross-sinfonische, romantische Repertoire liegt ihm besonders am Herzen.