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Der Traum von Dir

Kammeroper von Xavier Dayer (*1972) nach der Novelle «Brief einer Unbekannten» von Stefan Zweig
Libretto von Claus Spahn
Uraufführung

Musikalische Leitung Michael Richter Inszenierung Nina Russi Bühne Barbara Pfyffer Kostüme Jeannette Seiler Lichtgestaltung Dino Strucken Dramaturgie Kathrin Brunner
Die Unbekannte I
Die Unbekannte II
Die Unbekannte III
Der Schriftsteller
Ensemble Opera Nova

In deutscher Sprache. Dauer 1 Std. 15 Min. Keine Pause.

Vergangene Termine

Dezember 2017

Sa

02

Dez
19.00

Der Traum von Dir

Kammeroper von Xavier Dayer, Premiere, Studiobühne

Di

05

Dez
19.00

Der Traum von Dir

Kammeroper von Xavier Dayer, Modern-Abo, Studiobühne

Do

07

Dez
19.00

Der Traum von Dir

Kammeroper von Xavier Dayer, Studiobühne

Sa

09

Dez
19.00

Der Traum von Dir

Kammeroper von Xavier Dayer, Studiobühne

Gut zu wissen

Kurzgefasst

Der Traum von Dir

Kurzgefasst

Der Traum von Dir

Trailer «Der Traum von Dir»


Fragebogen


Hamida Kristoffersen

Die Sopranistin Hamida Kristoffersen ist seit 2016/17 Ensemblemitglied am Opernhaus Zürich. Zuvor war sie im Internationalen Opernstudio. In Xavier Dayers «Der Traum von Dir» singt sie die Unbekannte II.

Aus welcher Welt kommen Sie?
Ich stamme von der kleinen Insel Bjarkøy im Norden Norwegens, wo Berge und Meer eng nebeneinanderliegen. Die Natur hier ist atemberaubend! Die Insel hat knapp 300 Einwohner. Als ich zur Schule ging, waren wir manchmal nur fünf Kinder in der Klasse. Ich lernte, mit Menschen befreundet zu sein, mit denen man vielleicht nicht so viele Gemeinsamkeiten hat. Wenn ich nach Hause fahre, gehe ich sofort in die Natur, schliesse die Augen und höre dem  Wind zu. Dann kehre ich ins Haus zurück und umarme meine Mutter.

Was wollten Sie als Kind werden?
Bäuerin, Tierärztin oder Anthropologin. Als Teenager begann ich dann davon zu träumen, Sängerin zu werden. Damals wollte ich vor allem Jazz singen. Alles drehte sich bei mir um Ella Fitzgerald, Billie Holiday und Nina Simone.

Worauf freuen Sie sich in Der Traum von Dir am meisten?
Das ist ein richtig starkes Stück. Die Leidenschaft meiner Figur für diesen Schriftsteller gibt dem Abend eine besondere Energie. Es ist ein fesselndes Porträt eines Menschen mit all seinen Obsessionen und Verrücktheiten,  ein Leben einer Stalkerin als Aufstieg und Fall. Ich freue mich darauf, das Publikum in diese Welt hineinzuziehen.

Welches musikalische Bildungserlebnis hat Sie besonders geprägt?
Als ich 13 Jahre alt war, gab der Bariton Audun Iversen auf meiner Insel ein Konzert. Dass es überhaupt möglich ist, solche Töne zu produzieren, überwältigte mich. Zehn Jahre später sang ich Mimì, und Audun war mein Marcello.

Welches Buch würden Sie niemals weggeben?
Ich mag Poesie. Am liebsten wäre mir ein Buch, in dem all meine Lieblingsgedichte versammelt wären.

Welche CD hören Sie immer wieder?
Da gibt es so viele. Aber immer begleitet haben mich A Boatman’s Call von Nick Cave & The Bad Seeds und Kind of Blue von Miles Davis.

Welchen überflüssigen Gegenstand in Ihrer Wohnung lieben Sie am meisten?
In meinem winzigen Appartement hängen ganz viele Fotos von meiner Familie und meinen Freunden an den Wänden. Ich liebe sie einfach.

Mit welchem Künstler würden Sie gerne einmal essen gehen?
Da gibt es so viele. Im Moment vielleicht mit Jim Carrey. Mit ihm würde ich gerne die wichtigen Dinge des Lebens besprechen.

Wie kann man Sie beeindrucken?
Mit Liebenswürdigkeit und einem ehrlichen Lächeln. Wenn mich jemand richtig zum Lachen bringt, findet er in mir eine Freundin fürs Leben.

Worüber können Sie nicht lachen?
Über Ungerechtigkeit, Krieg und Armut. Und ganz besonders: über Gewalt gegen Kinder. Das stösst mich ab. Und Hass. Den brauchen wir nicht in unserer Welt.

Was können Sie überhaupt nicht?
Das weiss ich noch nicht. Aber ich werde es bestimmt bald herausfinden.

Haben Sie einen musikalischen Traum, der wohl nie in Erfüllung gehen wird?
Ein Duett mit Nick Cave zu singen. Er ist so cool auf der Bühne.

Nennen Sie drei Gründe, warum das Leben schön ist.
Liebe, Kunst, Natur.


Dieser Fragebogen ist erschienen in MAG 54, November 2017
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Fotogalerie

 

Fotogalerie «Der Traum von Dir»


Gespräch


Der kreisende Wahnsinn der Liebe

Der Schweizer Komponist Xavier Dayer hat ein Faible für intime Ausdrucksformen. Seine neue Kammeroper «Der Traum von Dir» wird am 2. Dezember auf unserer Studiobühne uraufgeführt und eröffnet eine Reihe mit neuen Werken für das Musiktheater, die das Opernhaus Zürich bei Schweizer Komponisten in Auftrag gegeben hat.

Herr Dayer, Sie haben mit «Der Traum von Dir» eine neue Kammeroper für vier Sängersolisten und sechs Instrumentalisten komponiert. Schätzen Sie die kleine Form?
Xavier Dayer: Oh ja. Ich fühle mich sehr wohl in der intimen Form. Sie kommt meiner Art zu komponieren sehr entgegen. Die kammermusikalischen Mittel erlauben es mir, Bereiche des Dramatischen auszuloten, wie es in der grossen Oper so für mich nicht möglich wäre. Gerade eine reduzierte Besetzung bietet mir hervorragende Möglichkeiten, die Beziehung zwischen Text und Musik, das Spiel mit Worten, Gesangslinien, Instrumentalfarben und Atmosphäre so differenziert auszugestalten, wie ich mir das wünsche.

«Der Traum von Dir» ist bereits Ihre sechste Kammeroper. Ist das die Musiktheaterform Ihrer Wahl?
Dayer: Ich will nicht ausschliessen, irgendwann auch etwas für die grosse Bühne zu schreiben. Aber es stimmt schon: Mich interessieren die feinstofflichen Welten. Ich habe Lust, das Innenleben von Figuren in den Blick zu nehmen.

Das machen auch Ihre Themen deutlich: Einsamkeit, Verlassenheit oder das Gefühl der Orientierungslosigkeit ziehen sich wie ein roter Faden durch Ihre musiktheatralischen Arbeiten. Das gilt für «Les Aveugles» nach Maeterlinck oder auch für «Mémoires d’une jeune fille triste», wo ein Mädchen irgendwo zwischen einer Berglandschaft und einem Meer einem Vogel beim Sterben zuschaut.
Dayer: Es sind immer wieder innere Welten, von denen meine Opern handeln. Geschichten, die sich womöglich nur im Kopf einer Figur abspielen. Meine erste Oper, Le Marin, nach einem Stoff von Fernando Pessoa, war auch so ein «drame intérieur» und ist mehr poetisch als in einem äusserlichen Sinne dramatisch. Musiktheater ist bei mir immer sehr eng an die Kammermusik gebunden, und umgekehrt ist in meinen kammermusikalischen Werken das Musiktheatralische nie weit. Ich empfinde die Grenzen als fliessend.

Die Uraufführung von «Der Traum von Dir» ist der Beginn einer Reihe von Kompositionsaufträgen, die das Opernhaus Zürich an Schweizer Komponisten vergibt. Claus, du betreust diese Reihe und hast Xavier Dayer vorgeschlagen. Welche konzeptionellen Überlegungen stehen hinter dem Projekt?
Claus Spahn: Wir finden es wichtig, den Komponisten der Gegenwart im Opernhaus ein Forum zu geben und in die Zukunft der Kunstform Oper zu investieren, und dazu gehören nun einmal an erster Stelle Werke, die im 21. Jahrhundert geschrieben werden. Ausserdem wollen wir mit der Uraufführungsserie unsere Studiobühne als Aufführungsort noch stärker  etablieren. Sie ist ja ein offener, musiktheatralisch variabel bespielbarer Ort, in dem die Konstellation von Szene und Publikum von Produktion zu Produktion neu entwickelt werden kann. Wir betrachten die Kammeroper nicht als eine Schwundstufe der grossen Oper, sondern als ein eigenständiges Genre, das Chancen bietet und ja auch viele bedeutende Werke hervorgebracht hat, wenn man beispielsweise an Wolfgang Rihms Erfolgsoper Jakob Lenz denkt. Xavier Dayer war deshalb mit seiner Erfahrung und seinem feinen Sensorium für die kleine Form der ideale Kom ponist, um den Auftakt unserer Reihe zu gestalten.

Dayer: Das Opernpublikum geht bis heute mit einer Erwartungshaltung in die Oper, die stark von der Tradition geprägt ist, und die Kammeroper kann es dem Komponisten erleichtern, sich von diesen Erwartungen frei zu machen, Konventionen hinter sich zu lassen und die musiktheatralische Form neu zu denken. Das war ja auch ein Impuls, aus dem heraus etwa  ein Arnold Schönberg zu Beginn des 20. Jahrhunderts Pierrot lunaire geschrieben hat. Man kann in der Kammeroper leichter tabula rasa machen und experimentieren, auch wenn ich jetzt nicht unbedingt von mir behaupten würde, experimentelle Musik zu schreiben.

Die Oper basiert auf der Novelle Brief einer Unbekannten von Stefan Zweig. Claus, du hast das Libretto geschrieben. Wovon handelt die Zweig­-Erzählung?
Spahn: Eine Frau schreibt kurz vor ih­rem Tod einen Brief. Es ist eine Art Lebensbeichte an den Mann, dem sie vom Teenageralter an in einer obsessiven Liebe verfallen war. Sie schreibt, dass sie eine spontane Nacht mit ihm verbracht hat und daraus ein gemeinsames Kind hervorgegangen ist. Sie schildert ihm ihre totale Selbstaufgabe und ihr ganzes, durch diese Liebe ruiniertes Leben. Für den Mann aber, ein Schriftsteller, ist diese Frau eine  Unbekannte. Er kann sich nicht erinnern, sie je getroffen zu haben. Die Unbekannte hat ihren Brief mit der Anrede überschrieben: «Dir, der du mich nie gekannt.»

Herr Dayer, was hat Sie an dem Stoff gereizt?
Dayer: Die Konstruktionen von subjektiver Wirklichkeit, die dieser Geschichte innewohnen. Wir wissen nicht, ob das, was die Unbekannte in ihrem Brief schreibt, wirklich geschehen oder erfunden ist. Alles, was wir über diese heftige, ungelebte Liebe erfahren, entstammt ihrem Kopf, ihrer Erinnerung, vielleicht auch ihrer Fantasie. Wie das Erinnern die Wirklichkeit verändert, fragmentarisiert und in andere Formen von Zeitlichkeit überführt, das interessiert  mich sehr. Unser ganzes Leben ist diesen Transformationsprozessen ausgesetzt, und am Ende bleibt vom Leben nichts als Erinnerung. Um das Thema Erinnerung und Verlust von Erinnerung kreist auch ein zweites Musiktheaterwerk von mir, Alzheim, das ich parallel zu Der Traum von Dir geschrieben habe, und das jetzt am gleichen Wochenende wie die Zürcher Uraufführung am Theater Bern auf die Bühne kommt. Aber natürlich hat mich auch die unglaubliche Gefühlsleidenschaft, die aus der Unbekannten spricht, für die Zweig­Novelle eingenommen und die tragische Fallhöhe, die dieser (Nicht­)Beziehung innewohnt. Und das emotionale Ungleichgewicht zwischen den beiden Figuren: Die Unbekannte vergeht vor Liebe, der Schriftsteller bekommt es nicht einmal mit. Was dem Schriftsteller widerfährt, kennen wir alle aus unserem eigenen Leben: Dinge, die uns existenziell betreffen, ziehen unbemerkt und unbeachtet an uns vorbei. Bis wir plötzlich deren Tragweite erkennen.

Die gesungenen Abschnitte in der Oper werden immer wieder durch musikalische Zwischenspiele unterbrochen. Welche Funktion im dramatischen Ablauf haben sie?
Dayer: Es sind instrumentale Einschübe, die das Warten charakterisieren. Die Unbekannte wartet ja ihr ganzes Leben lang auf eine Begegnung mit dem Schriftsteller und auf die Erfüllung ihrer Liebessehnsucht. Sie wartet im Treppenhaus seiner Wohnung, unter seinem Fenster auf der Strasse oder in einem Etablissement, in dem er verkehrt. Für mich kann dieses Warten, das ja auch immer Stillstand der Zeit meint, viele verschiedene Nuancen haben, die ich in Musik fassen wollte: Es kann leidenschaftlich erwartungsvolle Züge annehmen, kalt distanzierte, resignativ depressive usw.

Stefan Zweig hat seine Novelle 1922 veröffentlicht. Die Sprache, in der die Unbekannte ihr Leben schildert, ist gefühlsfiebrig und etabliert ein mitunter fast schon schwülstiges Pathos. Ist das heute noch zeitgemäss?
Spahn: Natürlich ist Zweigs Erzählstil einer des frühen 20. Jahrhunderts. Der mag uns heute altmodisch vorkommen, aber der Erregungszustand, in den Zweig seine Sprache auf virtuose Weise zu versetzen versteht, liefert gute Impulse für die Musik. Ich habe beim Schreiben des Librettos versucht, so wenige Worte wie möglich zu machen, die Sprache, wo immer es geht, zu kondensieren und dadurch viel Raum für die Musik zu schaffen. Der emotionale Überschuss, der Zweigs Erzählung prägt, soll von der Sprache in die Musik wandern.

Dayer: Mich haben neben der aufgeladenen Sprache auch die Schleifen inspiriert, in der Zweig seine Erzählung entwickelt, die spiralartigen Kreisbewegungen, die das Obsessive, die Besessenheit, den Gefühlsfanatismus dieser Frau deutlich werden lassen. Denn Wiederholungsschleifen spielen auch in meiner Musik eine wichtige Rolle. Oft wird bei mir etwas zwei­ oder dreimal wiederholt wie ein Gedanke, der um sich selbst kreist. Auch das ist ja ein Kennzeichen von Erinnerungsprozessen, genauso wie die Stauchung oder das Dehnen von Zeit. Ein Blick, eine Berührung, ein unbedacht gesagtes Wort können in der Erinnerung einen enormen zeitlichen Raum einnehmen, und diese erlebte Zeit ist in meiner «Traum»-­Partitur von grosser Bedeutung.

Ihr habt die Unbekannte in der Oper in drei Frauenfiguren aufgefächert. Warum?
Spahn: Wir suchten nach Möglichkeiten, den Brief­Monolog der Unbekannten zu dramatisieren und für die Bühne erlebbar zu machen. Da kommt man relativ schnell darauf, Ich­Abspaltungen miteinander sprechen zu lassen, denn innere Monologe sind ja eigentlich immer vielstimmig.

Dayer: Ich fand die Idee, die Hauptfigur in Form von drei Figuren zu entfalten, sehr attraktiv. Sie stehen jeweils für eine Lebensphase und unterschiedliche emotionale Zustände. Ich habe versucht, immer wieder musikalische Entsprechungen zwischen den drei Singstimmen zu komponieren, so dass man trotzdem spürt, dass es sich um ein und dieselbe Persönlichkeit handelt. Die Besetzung der Unbekannten mit drei Frauen hat mir ausserdem eine madrigalistische Schreibweise ermöglicht. Ich bin ein grosser Liebhaber des Madrigals des 16. Jahrhunderts, wo fünf Gesangsstimmen ein einziges Gefühl ausdrücken können. Das hatte schon in der damaligen Zeit etwas Schizophrenes. 

Das Frauenbild in Zweigs Novelle kommt uns heute reichlich unzeitgemäss vor. Dem Leser wird eine Frau präsentiert, die einen Mann über alles vergöttert und sich unterwürfig bis zur Selbstaufgabe verhält. Und diese Frau ist die literarische Erfindung eines Mannes. Die Novelle ist in einer Zeit erschienen, als Frauen immer mehr in Männerdomänen einbrachen. Da kommt der Verdacht auf, Zweigs Novelle sei eine typische Angstreaktion auf das Erstarken  der Frauen, in Form einer männlichen Wunschprojektion.
Dayer: So kann man das sehen, und das war ein wichtiger Punkt bei der Suche nach der dramatischen Konzeption. Der Stoff hat mich gereizt, aber es war für uns von Anfang an keine Option, ihn als die Männerfantasie eines Schriftstellers zu erzählen. Der Blickwinkel der Frau ist das Spannende an der Erzählung, nicht der des Mannes. Wir haben deshalb in unserer Version die Frau vom Objekt zum Subjekt gemacht und zwischendurch sogar überlegt, ob man den Schrift steller überhaupt vorkommen lassen muss. Der Filmemacher Max Ophüls hat uns da auf die richtige Spur geführt. Von ihm gibt es eine berühmte Verfilmung der Zweig­Novelle. Ophüls erzählt die Geschichte eindeutig aus der Perspektive der jungen Frau. Das Kameraauge zeigt gleichsam ihren Blick auf die Welt.

Spahn: Max Ophüls arbeitet übrigens auch die manipulative, wahnhafte Seite der Unbekannten heraus - ein Wahn, der übrigens auch bereits in der Briefform der Zweig ­Novelle angelegt ist. Eine Lebensbeichte an einen Geliebten zu schreiben ist im Grunde immer ein manipulativer Akt, der Schreibende inszeniert die Beziehung aus seiner subjektiven Sicht, und der Adressat ist zur Passivität verurteilt. Briefeschreiben ist immer Wirklichkeitsaneignung. So ist es auch im berühmtesten aller Briefromane, in Goethes Leiden des jungen Werther: Wir lernen die Geliebte Lotte nur aus der Schilderung Werthers kennen. Wir wissen gar nicht, ob sie ihn wirklich geliebt hat, oder ob das nur seine Wunschvorstellung ist.

Es ist das erste Mal, dass Sie, Herr Dayer, als aus der französischsprachigen Schweiz stammender Komponist ein deutsches Libretto vertonen. Was war das für eine Erfahrung? 
Dayer: Ich bin sehr froh über diese neue Erfahrung. Bei meiner letzten Oper bin ich mit dem Französischen an eine Grenze gestossen, da ich mich immer in den gleichen sprachmusikalischen  Figuren bewegte. Die deutsche Sprache hat mir neue Impulse gegeben, durch ihre Prosodie und die Reibung an ihr habe ich neue Akzente und Phrasierun gen in meiner Musik gefunden. Das kann man auch bei Strawinskys Oper Oedipus rex beobachten: Die lateinische Sprache hat Strawinskys Musik definitiv verändert. Umgekehrt würde ein deutschsprachiger Mensch niemals so schreiben, wie ich es jetzt tue. Eine  französische Fassung von diesem Text würde eine ganz andere Musik ergeben.

Ein Kollege von Ihnen sagte einmal, man brauche eine gehörige Portion Wahnsinn, um eine Oper zu schreiben. Können Sie das bestätigen?
Dayer: Oper führt immer zu den Momenten des Aussersichseins. Man singt ja nicht im Normalzustand des Lebens. Deshalb ist der Wahnsinn immer in mir vorhanden, wenn ich komponiere.
 

Dieser Artikel ist erschienen in MAG 54, November 2017
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Hinter dem Vorhang: Uraufführung «Der Traum von Dir»

Programmbuch

Der Traum von Dir

Der Traum von Dir

Biografien


Michael Richter, Musikalische Leitung

Michael Richter

Michael Richter wurde in Wien geboren und studierte Orchesterdirigieren bei Leopold Hager sowie Korrepetition bei Konrad Leitner an der dortigen Universität für Musik und Darstellende Kunst. Von 2000 bis 2003 war er als Solokorrepetitor mit Dirigierverpflichtung am Badischen Staatstheater Karlsruhe engagiert und dirigierte dort u.a. Aufführungen von Le nozze di Figaro, Die Fledermaus und Prokofjews Romeo und Julia. Seit 2003 ist Michael Richter am Opernhaus Zürich engagiert, zunächst als Solokorrepetitor, seit 2012 als Studienleiter. Er arbeitete mit namhaften Dirigenten wie Franz Welser-Möst, Ingo Metzmacher, Fabio Luisi und Heinz Holliger sowie mit Sängern wie Neil Shicoff, Jonas Kaufmann und Peter Seiffert, gab Konzerte als Pianist und Dirigent in verschiedenen Ländern Europas und arbeitete für die Salzburger Festspiele wie auch für das Lucerne Festival. 2017/18 dirigierte er die Uraufführung von Xavier Dayers Der Traum von Dir auf der Studiobühne des Opernhauses Zürich; 2018/19 sowie in der folgenden Spielzeit leitete er Vorstellungen von Humperdincks Hänsel und Gretel. 2022/23 übernimmt er die musikalische Leitung von Alice im Wunderland am Opernhaus Zürich.



Nina Russi, Inszenierung

Nina Russi

Die Schweizer Regisseurin Nina Russi wurde 2019 mit dem Götz-Friedrich-Preis ausgezeichnet, den ihr die Deutsche Opernkonferenz für den Leonard-Bernstein-Doppelabend Trouble in Tahiti / A Quiet Place am Theater Aachen verlieh. Ausserdem war sie Semifinalistin beim RING AWARD 2020 in Graz mit einem Konzept zu Don Giovanni. 2021/2022 inszenierte sie am Staatstheater Nürnberg Vivaldis Bajazet (Il Tamerlano) sowie am Mainfranken Theater Würzburg Janáčeks Die Sache Makropulos. Am Konzert Theater St. Gallen folgte La traviata. Am Opernhaus Zürich inszenierte sie Mark-Anthony Turnages Fantasy-Oper Coraline, die vielbeachtete Uraufführung der Kammeroper Der Traum von Dir von Xavier Dayer sowie die beiden zeitgenössischen Kinderopern Die Gänsemagd von Iris ter Schiphorst und Gold! von Leonard Evers. Die Uraufführung der Familienoper Reise nach Tripiti brachte sie am Theater Winterthur und am Konzert Theater Bern auf die Bühne. Als Stipendiatin nahm sie an verschiedenen internationalen Regieprogrammen teil: International Summer Arts Program in Watermill (NY) unter der künstlerischen Leitung von Robert Wilson; Directors Lab am Lincoln Theater Center in New York; Internationales Forum beim Berliner Theatertreffen; Stipendiatenprogramm der Richard-Wagner-Stiftung bei den Bayreuther Festspielen. Ein Regiestipendium des European Network of Opera Academies brachte sie ans Teatr Wielki in Warschau sowie ans Festival d’Aix-en-Provence. Ausserdem war sie Teilnehmerin beim Woman Opera Makers Workshop mit Katie Mitchell beim Festival d’Aix-en-Provence. Seit vielen Jahren ist sie als Spielleiterin und Regieassistentin mit dem Opernhaus Zürich verbunden.



Barbara Pfyffer, Bühne

Barbara Pfyffer

Barbara Pfyffer studierte Komparatisik an der Universität Genf, Szenografie an der Zürcher Hochschule der Künste und erlangte kürzlich einen Master in Bildender Kunst an der Hochschule der Künste Bern. Von 2010 bis 2013 arbeitete sie als Bühnenbildassistentin am Schauspielhaus Zürich. Heute ist sie freischaffend tätig in den Bereichen Bühne und Kostüme für Schauspiel, Musiktheater und Tanz sowie Ausstellungsszenografie. Projekte mit RegisseurInnen wie Julia Burger, Laura Huonker, Bernhard Mikeska, Volker Hesse, Manuel Bürgin führten sie ans Konzert Theater Bern, Schauspielhaus Zürich, Theater Baden-Baden, Theater Neumarkt, Schauspielhaus Salzburg, Gessnerallee Zürich. Daneben realisierte sie Produktionen mit den Theaterkollektiven „Rock the Babies" und „Grenzgänger“. Die Uraufführung „Der Traum von Dir“ ist ihre erste Zusammenarbeit mit der Regisseurin Nina Russi, die sie im Rahmen eines Stipendiums von Pro Helvetia am Internationalen Forum des Berliner Theatertreffens 2014 kennenlernte.



Jeannette Seiler, Kostüme

Jeannette Seiler

Jeannette Seiler stammt aus Zürich. Sie studierte Kostüm- und Bühnenbild am Mozarteum Salzburg bei Herbert Kapplmüller. Nach dem Studium assistierte sie zunächst bei den Salzburger Festspielen (u.a. bei Peter Mussbach und Moidele Bickel) und war für das Zeitfluss Festival im Rahmen der Salzburger Festspiele als Produktionsleiterin (100 objects to represent the world von Peter Greenaway) und im Festivalmanagement tätig. Später arbeitete sie als freischaffende Assistentin/Mitarbeiterin und Ausstatterin in Deutschland, Österreich und der Schweiz und zeitweise als Dozentin für Kostümgeschichte und figürliches Zeichnen an der Modedesign Schule Zürich. Seit 2008 ist sie als künstlerische Produktionsbetreuerin für Kostüm am Opernhaus Zürich tätig. Hier entwarf sie bereits die Kostüme für Hinter Masken / Sleep, Der geduldige Sokrates (Telemann), Zweimal Alexander (Martinů) und Fälle (Oscar Strasnoy).



Soyoung Lee, Die Unbekannte I

Soyoung Lee

Soyoung (Sarah) Lee stammt aus Südkorea. Sie studierte an der Chugye University of Arts in Seoul und an der Hochschule für Musik Karlsruhe bei Donald Litaker und nahm an Meisterkursen von Hartmut Höll und Raina Kabaivanska teil. Sie gewann den 1. Preis beim Internationalen Anneliese Rothenberger-Wettbewerb und war Finalistin beim Internationalen Gesangswettbewerb Francisco Viñas in Spanien. In Korea debütierte sie konzertant als Pamina (Die Zauberflöte) und sang Carmina Burana mit dem Gyeonggi Philharmonic Orchestra. In Deutschland ist sie u.a. beim Festival für zeitgenössische Musik Karlsruhe und mit der Südwestdeutschen Philharmonie Konstanz aufgetreten. Ab der Spielzeit 2016/17 war sie Mitglied des Internationalen Opernstudios in Zürich und war hier u.a. als Tebaldo (Don Carlo), Käthchen (Werther), 1. Nonne (Der feurige Engel) sowie in Trojahns Orest zu hören. Ausserdem sang sie u.a. in Le Comte Ory, Luisa Miller, Der Traum von Dir und Parsifal. Am Staatstheater Kassel trat sie als Zweite Ermittlerin in Einbruch mehrerer Dunkelheiten auf. Mittlerweile ist Soyoung Lee Mitglied des Chors der Oper Zürich.

Platée21, 26, 30 Dez 2023; 10, 12, 14, 16 Jan 2024


Hamida Kristoffersen, Die Unbekannte II

Hamida Kristoffersen

Hamida Kristoffersen stammt aus Norwegen. Sie absolvierte ihre Gesangsausbildung an der Universität Tromsø, besuchte Meisterkurse bei Kiri Te Kanawa, Brigitte Fassbaender, Barbara Hendricks sowie Enza Ferrari und nimmt seit 2013 regelmässig Unterricht bei Patricia McGaffrey in New York. Ausgezeichnet wurde sie u.a. mit dem «Premio Verdi 2013» und einem Ingrid Bjoner-Stipendium bei der «Queen Sonja Competition». Sie war als Mimì (La bohème) und als Contessa (Le nozze di Figaro) mit der Arctic Opera und dem Arctic Philharmonic Orchestra zu erleben. Ausserdem sang sie 2014 Konzerte mit dem Norwegian Radio Orchestra und dem Oslo Philharmonic Orchestra. In der Spielzeit 2014/15 wurde Hamida Kristoffersen Mitglied im Internationalen Opernstudio in Zürich und war hier u.a. als Pamina (Die Zauberflöte), Tamiri (Il re pastore), Giannetta (L’elisir d’amo­re) und An­nina (La traviata) sowie in Die Frau ohne Schatten, Luisa Miller, und Fälle von Oscar Strasnoy zu erleben. 2015 debütierte sie als Micaëla (Carmen) an der Oper Oslo und sang im Sommer 2017 Mimì (La bohème) an der Oper Hede­land in Dänemark. 2016-2019 war sie Ensemblemitglied in Zürich, wo sie u.a. als Dama (Macbeth), Berta (Il barbiere di Siviglia), Erste Dame (Die Zauberflöte), in der Uraufführung von Xavier Dayers Der Traum von Dir, als Blumenmädchen (Parsifal), Anna Kennedy (Maria Stuarda), als La Virtù (L’in­coronazione di Poppea), als Gretel und Sandmännchen (Hänsel und Gretel) sowie als Diane (Hippolyte et Aricie) auf der Bühne stand. Dabei arbeitete sie mit DirigentenInnen wie Gianandrea Noseda, Emmanuelle Haïm, Ottavio Dantone, Nello Santi, Laurence Cummings, Enrique Mazzola und Simone Young.



Kismara Pessatti, Die Unbekannte III

Kismara Pessatti

Kismara Pessatti studierte Schauspiel und Gesang in ihrer Heimatstadt Curitiba (Brasilien) und an der Hochschule für Musik Hanns Eisler in Berlin. Es folgten Meisterklassen mit Alberto Zedda, Thomas Hampson und Francisco Araiza. Von 2003 bis 2008 war sie Mitglied im Ensemble des Opernhauses Zürich. Seitdem führten sie Gastspiele u.a. ans Aalto-Theater Essen als Erda (Siegfried), ans Gran Teatre del Liceu in Barcelona als Schwertleite (Die Walküre), ans Teatro Municipal do Rio de Janeiro als Neris (Cherubinis Medea) und ans Lucerne Festival als Grimgerde (Die Walküre). In Zürich trat sie zuletzt in Lady Macbeth von Mzensk, Elektra und als Mary (Der fliegende Holländer) auf, an der Oper Köln war sie kürzlich in Wolfgang Rihms Die Eroberung von Mexico und als Marcellina (Le nozze di Figaro) zu hören und am Theater St. Gallen sang sie ebenfalls Marcellina sowie Filipjewna in Tschajkowskis Eugen Onegin. Die Spielzeit 2017/18 begann Kismara Pessatti mit ihrem Debüt an der Ópera de Colombia in Bogotá als Mrs Quickly (Falstaff). Zudem kehrt sie mit einem Rollendebüt als Weseners alte Mutter (Zimmermanns Die Soldaten) nach Köln zurück und singt Blumenmädchen/Stimme aus der Höhe (Parsifal) mit Sir Simon Rattle in Berlin und Baden-Baden.



Cody Quattlebaum, Der Schriftsteller

Cody Quattlebaum

Cody Quattlebaum, Bassbariton, stammt aus Maryland. Er studierte Gesang an der University of Cincinnati und an der Juilliard School in New York. Sein Repertoire umfasst Partien wie Claudio in Händels Agrippina, die Titelrolle in Le nozze di Figaro und Lautsprecher (Der Kaiser von Atlantis). Er sang Guglielmo (Così fan tutte) und die Titelrolle von William Waltons The Bear mit dem Merola Opera Program in San Francisco. 2016 gewann er den 2. Preis bei der Gerda Lissner/Liederkranz Competition. 2017 war er Finalist bei den Metropolitan National Council Auditions und gewann den Sarah Billinghurst Award der George London Foundation. Seit Herbst 2017 ist Cody Quattlebaum Mitglied des Internationalen Opernstudios in Zürich. Hier ist er u.a. als Larkens in La fanciulla del West sowie in Salome, Der Traum von dir und Le Comte Ory zu erleben.