Stellungnahme des Opernhauses Zürich und seines Intendanten Andreas Homoki zum Angriff auf die Ukraine und zum Auftritt von Anna Netrebko

Am vergangenen Donnerstag hat Wladimir Putin die Ukraine militärisch angegriffen. Diese völkerrechtswidrige und menschenverachtende Aggression verurteilen wir auf das Schärfste. Als Zeichen unserer Solidarität und unseres Protestes beleuchten wir die Fassade des Opernhauses seit Samstag jeden Abend in den Farben der Ukraine. Sängerinnen und Sänger tragen die Nationalfahne beim Schlussapplaus nach Vorstellungen und wir stehen im Austausch mit unseren rund 40 Mitarbeitenden aus der Ukraine und aus Russland über persönliche Auswirkungen auf sie und ihre Familien und über weitere Aktionen und Aktivitäten des Opernhauses.

Bereits am Tag nach Putins Invasion wurden erste Forderungen laut, das Engagement mit der russischen Sopranistin Anna Netrebko für zwei Vorstellungen Ende März per sofort gewissermassen als ein Zeichen an den Kreml zu kündigen. Ein Auftritt von Anna Netrebko sollte nur stattfinden dürfen, wenn sie sich unverzüglich von Russland und Putin distanzieren würde. Wir fanden insbesondere den zeitlichen Druck dieser Forderung nicht fair und haben der Künstlerin ganz bewusst Raum gegeben die Situation zu reflektieren und eine eigene Position zu den Ereignissen zu finden und zu artikulieren. Auch rückblickend sind wir der Auffassung, dass dieses Vorgehen richtig war und einem wertschätzenden Umgang mit Künstlerinnen und Künstlern des Hauses gerecht wird. Es ist mir ein Anliegen zu unterstreichen, dass dieses Vorgehen in keinerlei Zusammenhang mit zu erwartenden Eintrittseinnahmen steht.

Am Samstagabend hat Anna Netrebko in einem Statement den Krieg in der Ukraine ausdrücklich verurteilt und den Menschen in der Kriegsregion ihr Mitgefühl ausgedrückt. Wir bewerten dieses Statement der Künstlerin positiv und nehmen zur Kenntnis, dass sie sich darüber hinaus nicht von Wladimir Putin distanzieren konnte. Wir halten es grundsätzlich nicht für angemessen, aus der Perspektive einer westeuropäischen Demokratie, die Entscheidungen und Handlungen von Bürgerinnen und Bürgern repressiver Regime zu beurteilen.

Gleichzeitig müssen wir feststellen, dass unsere entschiedene Verurteilung von Wladimir Putin und seinem Handeln einerseits und Anna Netrebkos öffentliche Position dazu andererseits nicht kompatibel sind. Auch die Künstlerin ist zu dem Schluss gekommen, dass sie die Vorstellungen in Zürich vor dem Hintergrund der aktuellen Lage nicht singen möchte: «This is not a time for me to make music and perform. I have therefore decided to take a step back from performing for the time being. It is an extremely difficult decision for me, but I know that my audience will understand and respect this decision.»

Die Rolle der Lady Macbeth in den Vorstellungen am 26. und 29. März wird von Veronika Dzhioeva übernommen. Besucherinnen und Besucher dieser Vorstellungen werden direkt kontaktiert. Die Differenz zwischen E-Preisen und Gala-Preisen wird erstattet.

Zürich, 1. März 2022