The Butterfly Effect

Choreographies by Cathy Marston, Ihsan Rustem and Lucas Valente

From 16. February 2025 until 23. February 2025


A Question of Time

Choreographies by Cathy Marston, Ihsan Rustem and Lucas Valente


Choreography:
Cathy Marston

Cathy Marston

The internationally renowned choreographer Cathy Marston holds both British and Swiss citizenship. Since August 2023, she is the director of the Ballett Zürich. She received her dance training in Cambridge and at the Royal Ballet School in London. Between 1994 and 1999, she danced with Ballett Zürich, the Luzerner Theater Ballet, and Konzert Theater Bern. From 2002 to 2006, she was an Associate Artist at the Royal Opera House in London, and from 2007 to 2013, she served as ballet director at Konzert Theater Bern. Cathy Marston has been working as a highly successful freelance choreographer for many years and has been invited to work with numerous renowned international companies and institutions. She has created works, among others, for The Royal Ballet, Hamburg Ballet, The Royal Danish Ballet, English National Ballet, Northern Ballet, Finnish National Ballet, Ballet Black, the National Ballet of Cuba, as well as Opera Australia and the Hong Kong Academy of Performing Arts. In recent years, she has increasingly worked in the United States, with commissions for San Francisco Ballet, American Ballet Theatre, Houston Ballet, and Joffrey Ballet Chicago. In her choreographic works, she brings major literary classics to life through dance, and approaches significant historical figures in unexpected and original ways. She achieved great success with her ballet adaptations "Mrs. Robinson" (Charles Webb), "Snowblind" (Ethan Frome), "Jane Eyre" (Charlotte Brontë), and "Of Mice and Men" (John Steinbeck). Unconventional perspectives also shape her biographically inspired works "The Cellist", "Victoria", and "Witch-Hunt". Cathy Marston has received multiple awards for her choreographic work, including a South Bank Sky Arts Award and the British National Dance Award. In 2020, the International Institute for Dance and Theatre honored her with an award for excellence in international dance. The highlight of her first season as director of Ballett Zürich was the 2024 world premiere of "Atonement", based on the novel of the same name by Ian McEwan (a co-production with Joffrey Ballet). In addition, her pieces "The Cellist" and "Snowblind" were performed in Zurich. In the previous season, her Clara Schumann ballet "Clara" premiered. In 2026, she will choreograph "Romeo and Juliet" for Ballett Zürich.

Clara13 / 14 / 19 / 20 / 26 / 28 Dec 2025 / 11 / 12 / 17 / 19 / 24 Apr 2026 Countertime5 / 7 / 14 Sept 2025 The Butterfly Effect4 / 13 / 23 Apr 2026 Romeo und Julia23 / 29 / 30 May / 4 / 6 / 7 / 10 / 12 / 14 / 23 / 26 Jun 2026

Cast

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Point of No Return

Choreographies by Cathy Marston, Ihsan Rustem and Lucas Valente


Choreography:
Lucas Valente

Lucas Valente

Lucas Valente comes from Brazil. He studied performing arts and philosophy at the University of São Paulo. His first engagement was with the Ballet Company Laura Alonso in Havana and he was involved in the «Arsenale della Danza» project at the Venice Biennale in 2012. From 2012 to 2016 he danced in the São Paulo Companhia de Dança, where he appeared in choreographies by Edouard Lock, Marco Goecke, William Forsythe, Nacho Duato, and Jiří Kylián, among others. He danced in choreographies by Richard Siegal at the Ballet of Difference in 2017. He has been a member of Ballett Zürich since the 2017/18 season. He presented his choreography Trees Die Standing as a part of the «Junge Choreografen» series. He has appeared as Tybalt/Count Capulet in Christian Spuck’s Romeo und Julia and appeared in Crystal Pite’s Emergence.

Timeframed17 / 18 / 22 / 25 / 30 Jan / 1 / 4 / 6 / 8 / 11 / 12 Feb 2026 The Butterfly Effect4 / 13 / 23 Apr 2026

Cast

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What if?

Choreographies by Cathy Marston, Ihsan Rustem and Lucas Valente


Choreography:
Ihsan Rustem

Ihsan Rustem

Der Choreograf Ihsan Rustem, geboren in London, wurde an der Rambert School of Ballet and Contemporary Dance ausgebildet. Seine Karriere begann er mit Matthew Bournes Kompanie «Adventures in Motion Pictures», am Münchner Staatstheater am Gärtnerplatz sowie bei «Introdans» in den Niederlanden. Schliesslich zog er in die Schweiz, wo er als Solist beim Bern Ballett und als Gründungsmitglied von TanzLuzern am dortigen Theater engagiert war. Er tanzte in Rollen von u.a. Hofesh Shechter, Matthew Bourne, Stijn Celis, Cayetano Soto, Felix Landerer sowie Cathy Marston und arbeitete u.a. mit Mats Ek, Jiri Kylián, Hans van Manen und William Forsythe. Seine Arbeit als Residenzchoreograf für das «NW Dance Project» in Portland, Oregon, wurde mit zahlreichen Auszeichnungen gewürdigt: State of Matter gewann 2012 den Sadler's Wells Global Dance Contest sowie den Publikumspreis beim 25. Internationalen Wettbewerb für Choreografen Hannover; Carmen erhielt 2017 den Readers' Choice Award des Dance Magazine für die «Beste Zusammenarbeit». 2014 war er ausserdem Preisträger des Hubbard Street Dance Chicago's International Commissioning Project. Weitere Kooperationen bestehen u.a. mit dem Nederlands Dans Theater, dem Ballets Jazz Montréal, dem Moskauer Ballett, mit Hubbard Street Dance Chicago 2, der Tanzcompanie St. Gallen, dem Würzburger Ballett sowie mit Arts Umbrella Dance Company Vancouver. Er ist ehemaliger künstlerischer Leiter des Dance Art Studios der Ballettschule Luzern. 2020 gründete er gemeinsam mit Cathy Marston die in der Schweiz ansässige Kompanie «Cie. La Ronde». Jüngst wurde er Mitglied der Jury des renommierten Prix de Lausanne.

The Butterfly Effect4 / 13 / 23 Apr 2026

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Trailer «The Butterfly Effect»


Good to know

Da kommt etwas auf uns zu

Dass in der Natur alles mit allem zusammenhängt und kleinste Eingriffe in ein natürliches Gleichgewicht grosse Wirkungen auslösen können, beschreibt der Terminus «Butter­fly Effect». Ein Begriff, der ursprünglich aus der Meteorologie stammt und von der Annahme ausgeht, der Flügelschlag eines Schmetterlings in Brasilien könne in einem anderen Teil der Welt einen Tornado verursachen. Der Gedanke spielt in den Diskussionen um schmelzende Polkappen, steigende Meeresspiegel, zu­nehmende Dürren und Überschwem­mungskatastrophen eine wichtige Rolle.

Das Thema liegt in der Luft, als Ballettdirektorin Cathy Marston – auf der Suche nach einem neuen Projekt für das Junior Ballett – vor zwei Jahren auf den ETH­-Zukunftsforscher Chris Luebkeman trifft. Seit vielen Jahren engagiert er sich im Climate Music Project, das Musiker, Komponisten und Klimawissenschaftler zusammenbringt, um das Phänomen der globalen Bedrohung durch den Klimawan­del durch Musik zu vermitteln. Vielleicht sogar auch durch Tanz? Cathy Marston und Chris Luebkeman sind begeistert von der Idee, Türen zu öffnen für Herz und Verstand und Informationen zu vermit­teln, die den ganzen Körper ansprechen.

«Eine Ballett-­Aufführung löst Emotionen aus. Man kann weinen, lachen, fühlen», sagt Luebkeman. «Das ist gerade beim Thema ‹Klimawandel› wichtig, denn es gibt vieles, worüber man traurig sein kann.» Und Cathy Marston ergänzt: «Ein Ballett oder ein Konzert zu besuchen, hat eine kathartische Wirkung. Man kann sich befreien und loslassen. Tanz und Musik bieten Raum, Blockaden zu lösen.» Bei­den ist es wichtig, in ihrem gemeinsamen Projekt eine Botschaft der Hoffnung und des Mutes zu vermitteln – und nicht von Hoffnung und Resignation. Was kann ich tun, um einen Unterschied zu machen? Wie kann ich dazu beitragen, dass sich etwas verändert? Dass der Flügelschlag eines Schmetterlings die Welt bewegen kann, ist ein hoffnungsvoller Gedanke, der nun unter dem Titel The Butterfly Effect die drei Stücke des neuen Junior Ballett­-Abends miteinander vereint.

Nach Abschluss ihrer Tanzausbil­dung an den renommiertesten Ballett­schulen haben vierzehn Tänzerinnen und Tänzer aus der ganzen Welt im Junior Ballett ihr erstes, zwei Jahre dauerndes Engagement, das ihnen den Eintritt ins Berufsleben erleichtern soll. Gemeinsam mit den Mitgliedern des Balletts Zürich tanzen sie in vielen Aufführungen des Repertoires, beim Butterfly Effect stehen sie nun jedoch ganz allein im Rampen­licht. Von Anfang an war es Cathy Marston wichtig, selbst für die Junior Compagnie zu choreografieren. Mit dem britisch-tür­kischen Choreografen Ihsan Rustem und dem Brasilianer Lucas Valente aus dem Ballett Zürich hat sie zudem zwei Vertre­ter einer jüngeren Choreografengenera­tion eingeladen, die in der Welt des Con­temporary Dance verwurzelt sind.

In der Villa Hatt am Zürichberg treffen sich Ende Juni 2024 Klimawissen­schaftlerinnen und ­-wissenschaftler mit dem Kreativteam des Balletts Zürich zu einem zweitägigen Workshop. Neueste Forschungsergebnisse werden präsentiert, beängstigende Statistiken vorgestellt und einschüchternde Klimadiagramme erläu­tert. Daneben ist immer wieder Zeit für inspirierende Dialoge und viel Raum für Kontemplation und tieferes Eintauchen in die facettenreiche Thematik. Doch die freundschaftlich-­harmonische Atmosphä­re dieses Arbeitstreffens lässt keinen Zwei­fel: Es ist fünf NACH zwölf! Wir wollen, wir müssen etwas tun!

Doch wie lassen sich wissenschaftli­che Erkenntnisse choreografisch veran­schaulichen? Cathy Marston ist klar: «Wir können Statistiken nicht durch Bewegung ausdrücken – Tanz spricht die Emotionen an. Deshalb sehe ich meine Aufgabe darin, Aspekte aus all den erhaltenen Informatio­nen in etwas Emotionales zu übersetzen.» Und auch Chris Luebkeman betont, wel­che Kraft in der emotionalen Antwort auf die wissenschaftlichen Informationen und Daten liegt, und Tanz durchaus das Be­wusstsein für so komplexe Themen wie den Klimawandel schärfen kann. Entschei­dend sei es, «unterschiedliche Zugänge zu schaffen, um möglichst viele Menschen zu erreichen, denn jede und jeder nimmt Informationen anders auf. Manche bevor­zugen Zahlen und Fakten, andere visuelle Darstellungen, und wieder andere spre­chen auf Kunst an. Tanz und Ballett bieten dabei eine besondere Möglichkeit, Men­schen zu erreichen, die vielleicht nicht an einer wissenschaftlichen Vorlesung der ETH teilnehmen würden.»

Inzwischen sind die Tänzerinnen und Tänzer des Junior Balletts längst tief in die Welten der Choreografien von Cathy Marston, Lucas Valente und Ihsan Rustem eingetaucht. Die Proben laufen auf Hoch­touren, und man kann ahnen, wie sich die drei Stücke bei aller Verschiedenheit in Thematik und choreografischem Ansatz dennoch zu einem organischen Ganzen verbinden. Mehr noch: Für die Kostüme ist Louise Flanagan auf der Suche nach nachhaltigen, recycelbaren Stoffalternati­ven, die in der Herstellung möglichst wenige natürliche Ressourcen beanspru­chen. Jörg Zielinski, Ausstattungsleiter am Opernhaus Zürich, betont, dass sich auch mit wenig Materialeinsatz grosse visuelle und szenische Effekte erreichen lassen: «Nachhaltigkeit bezieht sich nicht nur auf die Auswahl von Materialien, son­dern es geht immer auch um möglichst einfache Lösungen für Transport, Lage­rung, Handhabbarkeit und Personalein­satz. Im Idealfall soll ein Bühnenbild in einen Koffer passen!»

Cathy Marston, «A Question of Time»

«Im Nachklang unseres Austausches mit den Klimawissenschaftlerinnen und -wisssenschaftlern der ETH Zü­rich ist mir bewusst geworden, welch kostbare Ressource die Zeit ist, wie sie uns entrinnt und wie sorglos wir meist mit ihr umgehen. Wie würde sich unser Leben ändern, wenn wir es nicht so eilig hätten, von einem Ort zum anderen zu kommen oder auch nur ein paar Termine weniger in unseren Tag hineinzustopfen. Wie viel bewusster, gesünder und ent­spannter könnten wir leben! Schon lange beschäftigt mich ein Stück des holländi­schen Komponisten Louis Andriessen mit dem schönen Titel De Snelheid (Die Ge­schwindigkeit). Es ist ein sehr rhythmi­sches Stück, das in seiner steigenden In­tensität den zunehmenden Zeitdruck symbolisiert. Eine Entwicklung, die es auch im klassischen Ballett gibt, wo die anfänglich graziösen und weichen Bewe­gungen mit der Zeit immer extremer und anspruchsvoller geworden sind. Ein Echo unserer geradezu explodierenden Zeit, dem ich als choreografischen Kontrast Charles Ives’ zeitlose und in stille Weiten führende Komposition The Unanswered Question als ein Symbol der Hoffnung an die Seite stelle.»

Lucas Valente, «Point of No Re­turn»

«Bleibt uns noch Zeit, die Welt zu retten? Die Prognosen sind düs­ter, aber auch nicht völlig hoff­nungslos. Wie sähe die Welt aus, nachdem wir jenen imaginären «Point of No Re­turn» überschritten haben, jene kritische Schwelle, an der Veränderungen in unserer Umwelt unumkehrbar werden? Gemein­sam mit den Tänzerinnen und Tänzern des Junior Balletts gehe ich dieser Frage in meiner Choreografie am Beispiel der vier Jahreszeiten nach. In vier Teilen ver­sucht mein Stück, nicht nur zu erkunden, wie die einzelnen Jahreszeiten aussehen, sondern vor allem, wie sie sich anfühlen würden. Der Sommer mit Hitzewellen und Waldbränden, der sich in intensiven und chaotischen Bewegungen spiegelt. Die Stürme und Regenfälle des Herbstes, die jede geordnete Struktur zerstören. Der Winter mit seiner Leere und seiner ein Gefühl des Verlusts auslösenden Stille. Und schliesslich der Frühling als zartes Wiedererwachen und seiner Kraft zur Er­neuerung. Eine Botschaft der Hoffnung, in der ein zartes Duett für die zerbrechli­che Beziehung der Menschen und unseres Planeten steht.»

Ihsan Rustem, «What if?»

«In Texten des persischen Mystikers und Dichters Rumi aus dem 13. Jahrhundert fand ich die Wurzeln für mein Stück, das das bedrohte Gleich­gewicht der menschlichen Existenz in den Fokus nimmt: «Setz dich! Sei still und hör zu! Weil du betrunken bist und wir am Rande des Daches stehen. Vergiss Sicher­heit! Lebe dort, wo du Angst hast zu leben!» Rumis Worte ermutigen uns, in­nezuhalten, nachzudenken und bewusst zu handeln – eine Botschaft, der ich in der heutigen Welt der Ungewissheit einen breiten Widerhall wünsche. Wie können wir in unsere von Ego und Gier geprägte Welt eine Vision der Hoffnung senden? Meine Choreografie durchläuft vier ver­schiedene, aber miteinander verbundene Phasen. Mit den Tänzerinnen und Tän­zern des Junior Balletts habe ich zwei Zukunftsvisionen erarbeitet. Was ist nötig, um von einer apokalyptischen Bedrohung zu einer neuen Vision von Freiheit zu gelangen? «What if?» – Was wäre, wenn jeder von uns ein bisschen weniger egois­tisch wäre, die Folgen seines Handels be­denken oder einfach mal über den eigenen Tellerrand hinausschauen würde? Tatsäch­lich verfügen wir über das Potenzial für tiefgreifende Veränderungen. Jeder noch so kleine Schritt führt in die richtige Rich­tung.»

Text von Michael Küster
Dieser Artikel ist erschienen in MAG 118, Januar 2025.
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