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Dornröschen

Musik von Pjotr I. Tschaikowski (1840-1893)
Ballett in einem Prolog und zwei Akten von Christian Spuck
nach dem Märchen «La Belle au bois dormant» von Charles Perrault

Dauer ca. 2 Std. 35 Min. inkl. Pause nach ca. 1 Std. 20 Min. Werkeinführung jeweils 45 Min. vor Vorstellungsbeginn.

Gut zu wissen

Trailer «Dornröschen»

Dornröschen


Das Klassische neu denken

Mit «Dornröschen» gelingt Marius Petipa und Pjotr Tschaikowski 1890 ein Welterfolg. Christian Spuck erarbeitete den Klassiker in einer Neufassung mit dem Ballett Zürich und hinterfragte dabei liebgewordene Klischees.

Christian, nach Schwanensee und dem Nussknacker präsentiert das Ballett Zürich nun auch das dritte der grossen Tschaikowski-Ballette. Was hat dich überzeugt, Dornröschen zu inszenieren?
Ehrlich gesagt, habe ich mich bis jetzt vor diesem Wagnis gescheut. Es waren Mitarbeiter aus dem Opernhaus, die mich ermutigt haben, diese Produktion in Angriff zu nehmen. Der Erfolg von Nussknacker und Mausekönig, vor allem jedoch die hinreissende Musik Tschaikowskis haben mich dann schliesslich überzeugt. Hinzu kommt, dass der Dornröschen-Stoff aufgrund seiner zahlreichen unterschiedlichen Überlieferungen und Deutungsmöglichkeiten sehr spannend und zeitgemäss ist.
Nach langen Monaten des Corona-Lockdowns scheint jetzt, im Herbst 2020, auch die Ballettwelt aus ihrem Dornröschen-Schlaf zu erwachen. Was bedeutet Choreografieren in Zeiten einer Pandemie?
Das Choreografieren funktioniert natürlich nicht anders als vor der Pandemie. Planung und Organisation unterscheiden sich allerdings gravierend, weil man immer davon ausgehen muss, dass so eine Neuproduktion und damit auch ein wichtiger Baustein im Spielplan des Opernhauses unter Pandemie-Bedingungen extrem gefährdet sind. Voraussetzung für das Gelingen ist, dass alle Beteiligten, vom Tänzer bis zu den Angehörigen des Bühnenpersonals, gesund sind und bleiben. Zum Glück haben die verantwortlichen Institutionen für das Ballett Zürich die gleichen Auflagen wie für professionelle Mannschaftssportarten festgelegt. Das heisst, dass wir weiterhin als Team zusammenarbeiten dürfen. Unsere Kontakte sind nachverfolgbar, und die gewissenhafte Einhaltung der Hygieneregeln ist den Tänzerinnen und Tänzern längst in Fleisch und Blut übergegangen. Niemand betritt das Studio, ohne vorher die Hände desinfiziert zu haben. Auch in ihrem Privat leben sind alle sehr bemüht, Abstand zu halten und ihre Sozialkontakte auf ein Minimum herunterzufahren, um diese Produktion nicht zu  gefährden.
Für junge Menschen im Alter zwischen Achtzehn und Anfang Dreissig ist das  wahrscheinlich eine grosse Herausforderung…
Natürlich. Aber für die Übertragung des Corona-Virus ist gerade diese Altersgruppe 
besonders relevant. Deshalb fehlt mir jedes Verständnis, wenn es in der Öffentlichkeit immer noch Menschen dieser Altersgruppe gibt, die meinen, von der Maskenpflicht ausgenommen zu sein und nicht auf Partys verzichten zu können. Dabei  ist das Tragen einer Maske, mit der ich mein Gegenüber und andere Menschen schütze, ein notwendiger Ausdruck von Verantwortung. Bei uns greift bis jetzt zum Glück das für das Opernhaus Zürich entwickelte Schutzkonzept, und ich hoffe sehr, dass das so bleibt.
Als Tänzer, aber auch als Choreograf kommt man an einem Meisterwerk wie Dornröschen wahrscheinlich nicht vorbei. Welche Dornröschen-Erfahrungen haben dich auf deinem bisherigen Weg beeinflusst?
Während meiner Zeit als Tänzer im Stuttgarter Ballett habe ich in der Dornröschen
Inszenierung von Marcia Haydée in zahllosen Vorstellungen und auf vielen internationalen Gastspielen getanzt. Marcias Produktion basiert auf der Originalversion von Marius Petipa, ich kenne sie gut und schätze sie sehr. Stark beeindruckt und beeinfusst hat mich aber auch die Hamburger Version von Mats Ek, die zuletzt 2014 auch beim Ballett Zürich zu sehen war. Der schwedische Choreograf hat es geschafft, einen intelligenten, modernen und gesellschaftskritischen Zugang zu dem jahrhundertealten Stoff zu finden. 
Bis heute sind wir im Ballett geprägt von der Produktion, die Petipa und Tschaikowski 1890 in St. Petersburg herausgebracht haben und die nach wie vor als das Musterbeispiel eines klassischen Handlungsballetts gilt. Wie kann man sich dem Dornröschen-Stoff vor diesem Hintergrund heute nähern? 
Das Geheimnis liegt wohl in der Art, wie Petipa die Reinheit des aus Frankreich  kommenden klassischen Tanzes mit der Virtuosität italienischer Herkunft verbindet. Auf der Basis dieser Synthese entwickelte er seine eigene Tanzsprache, die uns bis heute fasziniert. Er weist der Primaballerina eine zentrale Rolle zu, der das gesamte Ballettpersonal in hierarchischer Staffelung untergeordnet ist. Sein hoher ästhetischer Anspruch und die genau kalkulierte Bühnenwirksamkeit seiner Choreografien lassen mich immer wieder staunen, er ist ein Ballettarchitekt ersten Ranges. Hinzu kommt, dass in Dornröschen wie in keinem anderen Ballett Musik und Choreografie auf minuziöse Weise miteinander verflochten sind. Tschaikowski hat mitunter taktgenau mit seiner Musik auf die Anweisungen und Vorgaben Petipas reagiert. Die Partitur erweist sich als sehr modern für ihre Zeit. Tschaikowski arbeitet mit einer Art Leitmotivtechnik, die Carabosse und der Fliederfee klar erkennbare Motive zuordnet, und die immer dann erscheinen, wenn die beiden in der Geschichte auftauchen. Beim Hören meint man vor dem inneren Auge genau zu sehen, was gerade passiert. Als Choreograf muss man sich entscheiden, ob man sich dieser grossen Vorlage stellt oder den Stoff völlig unabhängig von dieser Folie behandelt, einen gesellschaftskritischen Zugang versucht oder auch andere  «Modernisierungsmassnahmen» für angebracht hält.
Welchen Lösungsansatz hast du für dich gefunden?
Petipa hat die Dornröschen-Geschichte am Ende des 19. Jahrhunderts vor allem als Folie benutzt, um dem Publikum schönen Tanz zu präsentieren. Auch 130 Jahre nach ihrer Uraufführung ist das eine faszinierende Version. Ich versuche aber, einen anderen Zugang zu finden. Dornröschen ist zweifellos das Märchen mit den vielfältigsten Lesarten und Interpretationen. Es geht um das Erwachsenwerden, um Konfikte mit der Elterngeneration, um Überbehütet-Sein und das Erlangen von Mündigkeit, und es geht nicht zuletzt um die bedrohliche und die schöne Seite von Liebe und Sexualität. Neben all diesen Themen besteht mein Interesse aber auch darin, die Figuren, wenn immer möglich, aus ihren tradierten Rollenklischees zu lösen. Petipas Fassung ist dabei ein Vorbild, das ich gelegentlich zitiere, durch das Installieren revuehafter Elemente aber auch hinterfrage und konterkariere. Die durch das Märchen tradierte Einteilung in Gut und Böse greift sehr kurz und erschöpft sich auf der Bühne allzu rasch. Deshalb möchte ich mich von der Ein-deutigkeit befreien, die bei Petipa und Tschaikowski angelegt ist. Ich finde es viel  spannender zu hinterfragen, ob das vermeintlich Böse nicht auch eine gute Seite hat und ob die angeblich positive Figur auch wirklich nur positiv ist.
Wie entgehst du der Gefahr, in eine Petipa-Falle zu tappen?
Bei mir sind es wahrscheinlich eher die Fallen von Marcia Haydée und Mats Ek, weil ich diese beiden Produktionen so gut kenne. Da muss ich mir halt auf die Finger klopfen und mich zwingen, meine eigene Sprache finden. Tschaikowskis Musik ist oft sehr beschreibend für viele Situationen und Charaktere, und die choreografische Lösung scheint durch die Musik vorbestimmt zu sein. Da kann es helfen, das Ganze mit Ironie und vielleicht auch irritierenden Momenten zu hinterfragen.
Neben der Titelheldin rückt die Fee Carabosse bei dir in den Mittelpunkt des Geschehens. Was bedeutet das für diese Rolle, die in der Aufführungstradition meist in der Pantomime verankert ist?
Neben Aurora sind Carabosse und die Fliederfee die Hauptfiguren in Dornröschen. In vielen Dornröschen-Inszenierungen ist Carabosse bis heute eine Rolle für einen  Charakterdarsteller, in der relativ wenig getanzt wird. Es hat allerdings auch immer wieder Versuche gegeben, das zu ändern. So hat Marcia Haydée die Rolle für den grossen Richard Cragun als grosse Tänzerpartie angelegt, und er ist mit seinem Rollenporträt wirklich legendär geworden. Sein diabolischer Aufritt, vor allem im Prolog, ist mir bis heute unvergesslich. Später hat Mats Ek die böse Fee dann in einen Drogendealer und Zuhälter umgedeutet und in seiner prägnanten Tanz sprache detailgenau ausgearbeitet. Auch für mich ist Pantomime keine Option, weil sie meist altmodisch wirkt und letztlich immer eine Notlösung bleibt. Reizvoller scheint mir, wenn Carabosse sich wie alle anderen Figuren choreografisch mitteilt und ihr Charakter auf Grundlage der Choreografie erkennbar wird. Ich fand es bei der Lektüre des Märchens schon immer eigenartig, dass die böse Fee einen Todesfluch ausspricht, nur weil sie nicht zur Feier einer Kindstaufe eingeladen wurde. 
Welche wirklichen Gründe könnte sie haben?
Da ist vieles denkbar. Vielleicht ist sie grundsätzlich ausgeschlossen aus der Feenwelt, vielleicht gibt es eine Vorgeschichte. Im Endeffekt ist der genaue Grund gar nicht so wichtig. Es kommt mehr darauf an, die Figur aus ihrer Eindimensionalität herauszuholen und sie mit anderen Facetten auszustatten, zu denen auch ihre Verletzlichkeit und Liebesbedürftigkeit gehören. Um das zu erreichen, haben wir Tschaikowskis Musik teilweise neu angeordnet. Ähnlich wie im Nussknacker steht bei Tschaikowski und Petipa auch bei Dornröschen ein Divertissement am Schluss des Balletts, das für den Gang der Geschichte keine Rolle mehr spielt und einzig als Folie für eindrucksvollen Tanz vorgesehen war. Da finden sich viele wunderbare Musiknummern, die ich jetzt in den Prolog und die beiden Akte meines Balletts integrieren konnte, um den Figuren hoffentlich mehr Tiefe und Schärfe zu verleihen.
Das hat sicher Auswirkungen auf Märchenfiguren wie Rotkäppchen, den Gestiefelten Kater oder den Blauen Vogel, die den dritten Akt bei Petipa revuegleich bevölkert haben?
Bei diesen Märchenfiguren ging es vor allem darum, das Können der Tänzerinnen und Tänzer des Kaiserlichen Balletts zu zeigen, die Geschichte dieser Märchenhelden war völlig nebensächlich. An dieser Stelle ist ja bereits alles erzählt, und das Ende des Stücks wird künstlich hinausgezögert. Natürlich möchte man viele der fantastischen Musiknummern nicht missen, deshalb haben wir sie zum Teil an anderer Stelle in unsere Version integriert. Den Balletten Marius Petipas war die Revuehaftigkeit als strukturgebendes Element eingeschrieben, wenn wir beispielsweise auch an die grosse Parade der unterschiedlichen Nationaltänze in Schwanensee denken. In unsere Aufführung sind revuehafte Elemente eingestreut, und es gibt durchaus auch märchenhafte Fabelwesen. 
Neben diesen revuehaften und konterkarierenden Momenten gibt es in deiner  Choreografie aber auch immer wieder Momente, in denen Balletttradition  durchzuschimmern scheint. Durch die Vision, in der die Fliederfee dem Prinzen das Bild von Aurora vor Augen führt, weht für mich in deiner Interpretation zum Beispiel so ein Hauch des weiss-romantischen Balletts. Welche Rolle spielt Tradition für dich als Choreograf?  
Ballett ist eine tief in der Tradition verankerte Kunstform. Selbst wenn ich mir neueste Arbeiten eines William Forsythe anschaue, wurzeln die immer in der Balletttradition. Wir beziehen uns in unserer Dornröschen-Version auf Petipa. Nicht im Sinne einer Rekonstruktion oder eines Nachbuchstabierens, sondern aus einer neuen, ironisch gebrochenen Perspektive. Und dazu gehört eben auch ein grosser Auftritt der Damengruppe als Referenz an Petipa, der solche Szenen zur äussersten Perfektion geführt hat.
Bei Petipa und seinem Librettisten Wsewoloschski ist die Fliederfee der positive Gegenpol zu Carabosse. In welchem Verhältnis stehen die beiden Feen in deiner Version?
Die Fliederfee gibt es in Charles Perraults Märchen nicht, sie ist tatsächlich eine Erfindung für das Ballett, sozusagen Futter für die zu beschäftigenden Ballerinen. Ich misstraue ihrer schablonenhaften Aufteilung in Gut und Böse. Vielleicht ist die Fliederfee ja gar nicht so gut, wie es uns viele Dornröschen-Aufführungen glauben machen wollen, und möglicherweise gelingt es ja auch Carabosse, über sich selbst und ihre Rachegefühle hinauszuwachsen…
Wir haben über die Feen gesprochen, aber wer ist Dornröschen für dich? 
Nach dem lange unerfüllten Kinderwunsch des Königspaares wächst Aurora als völlig überbehütetes Mädchen wie unter einer Glasglocke auf. Alle Gefahren werden von ihr ferngehalten. Nach dem Fluch, demzufolge sie sich an einer Spindel stechen und sterben wird, lässt der König sein Reich von sämtlichen Spindeln befreien. Das ist ein starkes Bild für dieses Überbehütet-Sein, welches Aurora nicht erlaubt, den Schritt in die Pubertät und Sexualität zu gehen. Der Spindelstich steht für all jene Erfahrungen und auch Verletzungen, die ein Mensch durchleben muss, um erwachsen zu werden. Der Schlaf, in welchen die Fliederfee den bösen Fluch abgemildert hat, wird beendet durch den Kuss der wahren Liebe, durch die in Mündigkeit erfolgende Auseinandersetzung mit einem Partner. In diesem Punkt ist Aurora gewissermassen eine Verwandte der Marie aus Nussknacker und Mausekönig. Wichtig erscheint mir allerdings noch ein weiterer Aspekt. Dornröschen 
führt uns vor Augen, dass dieses Mädchen die Folgen des Fehlverhaltens ihres Vaters auszubaden hat. Die Elterngeneration gibt ihre Konfikte an die Nachgeborenen weiter. 
Zu deiner Choreografie für das Ballett Zürich kommt mit dem sehr komplexen Bühnenbild von Rufus Didwiszus eine zweite Choreografie, nämlich die des Raumes.
Rufus hat für unsere Inszenierung ein grosses, bewegliches Haus entworfen, in dessen von Türen und Gängen durchbrochenen Zimmerfuchten das Märchen zu Hause ist. Dieses Bühnenbild schafft die Gleichzeitigkeit von Ereignissen und eröffnet dabei ungeahnte Perspektiven auf das Geschehen. Normalerweise sind wir bei Ballettaufführungen an eine grosse Freifäche für den Tanz gewöhnt. Auch für mich war die Enge zunächst gewöhnungsbedürftig, doch inzwischen hat sich diese Herausforderung als aufregende Möglichkeit erwiesen, neue Blickwinkel für diese Produktion zu eröffnen. 
Dornröschen ist immer auch ein Ausstattungsballett gewesen. Wie bei Nussknacker und Mausekönig liegen die Kostüme bei Dornröschen erneut in den Händen der israelischen Kostümbildnerin Buki Shiff. Zu welcher Zeit lässt sie Dornröschen spielen?
Auch Buki Shiff ist stark im Hinterfragen von Traditionen. In ihren wunderschönen und hochästhetischen Kostümen für Dornröschen geht sie überaus fantasievoll und spielerisch mit den Zeiten um. Zwischen dem ersten und zweiten Akt liegen ja bekanntlich 100 Jahre. Für diesen Zeitsprung geht Buki in die entgegengesetzte Richtung: Prolog und Erster Akt finden um die Mitte des 20. Jahrhunderts statt, im zweiten Akt finden wir uns dann im frühen 19. Jahrhundert wieder. Neben den Zeiten spielt sie aber meisterhaft auch mit den Geschlechtern, so dass man sich oft fragt, wer denn nun eigentlich weiblich und wer männlich ist. Dieses Verwirrspiel gefällt mir sehr.
Was wünschst du dir für dieses neue Dornröschen?
Zuallererst natürlich, dass es nicht von Corona betroffen wird! Ich hoffe, dass unsere Aufführung nicht nur das Publikum unterhält, sondern auch inspirierend für die Tänzerinnen und Tänzer ist. Vielleicht gelingt es uns, etwas Neues über das Stück zu erzählen und Tschaikowskis unsterbliche Musik auf neue Art erfahrbar zu machen. Dass wir in diesen besonderen Zeiten solch eine Riesenproduktion stemmen dürfen, ist ein grosses Glück. 

Das Gespräch führte Michael Küster.
Dieser Artikel ist erschienen im MAG 78, Oktober 2020.
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Dornröschen

Pressestimmen

«Am Samstagabend feierte das Ballett Zürich nach dem langen Lockdown eine märchenhafte Wiederauferstehung.»
Tagblatt, 12.10.2020

«Eine gelungene Coming-of-Age-Geschichte, die davon erzählt, wie kratzbürstige Aussenseiterinnen manchmal zu echten Heldinnen werden.»
NZZ, 12.10.2020

«Statt der gutherzigen Romantik präsentiert uns Christian Spuck Liebe, Verzweiflung – und überraschend viel Humor.»
Tagesanzeiger, 12.10.2020

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Bilder aus den Proben


Dornröschen


Wie böse sind die bösen Feen?

Im Ballett-Märchen «Dornröschen» scheinen die Rollen klar: Prinzessin Aurora ist das gute Königskind, das am Ende von einem Prinzen erlöst wird, und die Fee Carabosse ist eine dämonische Unheilstifterin. War das schon immer so? Muss das so sein? Ein Blick in die Geschichte des Ballettklassikers zeigt: Das Widerspiel von Gut und Böse hat viele Facetten.

Ende April 1829 debütierte Dornröschen auf der Ballettbühne. Ohne Erfolg.  Mademoiselle Lise Noblet, eine der ersten Protagonistinnen des Pariser Opernballetts, tanzte die Partie der Prinzessin. Sie hielt sich auch im wahren Leben einen aristokratischen Geliebten, den Earl of Fife, der ihr ergeben war wie ein Schosshündchen. Jedenfalls kolportierte der Morning Herald  im Juli desselben Jahres: «Er trug ihren Schal, hielt ihren Fächer, eilte ihr mit einem Riechfläschchen hinterher… wenn er nicht gerade auf ihre Pirouetten starrte.» Andere waren von Noblets Darbietung weniger angetan, zumindest fiel die Dornröschen-Premiere bei der Kritik rundweg durch. «Lang, langsam und tödlich langweilig» lautete das Urteil über Jean-Pierre Aumers Choreografie, Louis Joseph Ferdinand Hérolds Komposition und Eugène Scribes Libretto. Und das, obwohl die drei Herren ausgesprochen erfahrene Mitarbeiter des Opern- und Ballettbetriebs waren. Eine einzige Tänzerin fand Gnade vor den gestrengen Augen der Rezensenten. Sie hiess Marie Taglioni, war relativ frisch im Geschäft, wurde vom eigenen Vater zu Höchstleistungen getrieben – und sollte wenig später in den Zenit des Tanzhimmels aufsteigen: der hellste Stern weit und breit. Im missratenen Dornröschen mimte Taglioni eine Najade und «lief mit der Leichtigkeit einer Sylphide und der vollkommensten Anmut über die Bühne». So jedenfalls hiess es nach der Uraufführung im Journal des débats, dessen Autor offenbar hellseherische Fähigkeiten besass. Denn keine drei Jahre später triumphierte Taglioni in der Titelrolle von La Sylphide, während Noblet als bräutliche Gegenspielerin Effie nun 
hinter ihr rangierte. So rasch kann es gehen… Wer also glaubt, dass Marius Petipas 
Dornröschen zu Pjotr Tschaikowskis Partitur als erste Adaption des Märchens in die 
Ballettannalen einging, der muss sich doppelt korrigieren. Denn vor Aumer hatte bereits Pierre Gardel ganze Passagen für La Belle au bois dormant choreografiert – als Dreingabe einer Oper, die 1825 ebenfalls in Paris das Licht der Welt erblickte. 
Ein Zufall ist es nicht, dass Charles Perraults 1697 veröffentlichte Erzählung ausgerechnet in den 1820er-Jahren den Weg ins Musiktheater fand. Seinerzeit erstrahlte die Romantik und mit ihr das Chiaroscuro der menschlichen Seelenlandschaft, während der betanzte Olymp des Ancien Régime endgültig im Staub der Kulissendepots versank. Ebenso wenig zufällig ist Dornröschens allmähliche Verschattung, die 1996 einen vorläufigen Höhepunkt erreichte. An der Hamburgischen Staatsoper kippte der Choreograf Mats Ek das Geschehen ins Tiefschwarze, verbunden mit der Ansage: «Ein Märchen ist wie ein hübsches kleines Häuschen, nur hängt da ein Schild an der Tür: ‹Vermintes Gelände!›» Inspiriert von der ehemaligen Drogenszene am Zürcher Platzspitz, setzte Ek sein Dornröschen als höheres Töchterlein aus guten (also: moralisch verkommenen) Verhältnissen in Szene, dessen Rebellion in Form exzessiven Drogenkonsums vonstattengeht. Für Nachschub sorgt die böse Fee Carabosse, und das Gift wird solange ins System gespritzt, bis der Verfall in Dauerschlaf mündet und einen prinzlichen SOS-Einsatz auslöst. Die Version des schwedischen Tanzexpressionisten hebt vordergründig auf den Selbstzerstörungstrieb der Titelheldin ab. Doch in Wahrheit kreist sie die weltanschaulichen und realen Verwerfungen ein, die das Dasein im postindustriellen Zeitalter mit sich bringt. Wer glaubt denn am Ende des katastrophischen 20. Jahrhunderts noch an Märchen, an gute Feen, an wohlmeinende Patinnen und ihr diabolisches Pendant? 
Stellt sich die Frage: Welche Position hat in dieser Dornröschen-Genealogie der  Ballettmeister des Zaren inne, jener Marius Petipa, dessen 1890 in Sankt Petersburg  aufgelegte Fassung so gut wie allen nachfolgenden Inszenierungen als Blaupause dient? 
Und welche Färbung wird Zürichs Ballettdirektor Christian Spuck den Figuren und ihrem Handeln verleihen, welche Grundierung darunterlegen? 
Der Franzose Marius Petipa steht für ein ungebrochen romantisches Verständnis der Fabel aus der Feder seines Landsmanns Perrault. Petipas Dornröschen malt die Welt schwarzweiss und folgt damit exakt der dramaturgischen Linie, die Victor Hugo 1827 in der Vorrede seines Cromwell skizziert hat – von den Zeitgenossen als Manifest der Romantik gefeiert: «Vom Tag an, wo das Christentum zum Menschen sagte: ‹Du bist doppelt, Du bestehst aus zwei Wesen, das eine sterblich, das andere unsterblich, das eine fleischlich, das andere geistig … von diesem Tag an wurde das Drama erschaffen». Dieses Credo ist der Keim einer Kunst, die der Literaturwissenschaftler Rüdiger Safranski als «phantastisch, erfindungsreich, metaphysisch, imaginär, versucherisch, überschwänglich, abgründig» charakterisiert – Eigenschaften, die allen romantischen Balletten innewohnen. Aber sie verstecken sich hinter verschiedenen Gesichtern. 
Das erste trägt insgeheim männliche Züge. Ob La Sylphide, Giselle, Ondine oder  Schwanensee – stets sieht sich der Mann zwischen Wunsch, Wahn und Wirklichkeit  gespalten, zwischen überirdischer Schönheit und irdischer Lust, Geliebter und Angetrauter in spe zerrissen. Die Agentinnen dieses Geschehens sind feenhafte Geschöpfe einerseits, Hexen und Abgesandte des Bösen andererseits – nicht selten en travesti getanzt. Zwar scheinen Ballerinen auf den ersten Blick sowohl Optik als auch Inhalt aller romantischen Schlüsselwerke zu dominieren. Doch im Wesentlichen geht es um die Reifeprüfung, die kulturelle Anpassung junger Männer. Demnach soll der aufgeklärte Zeitgenosse allen Versuchungen zum Trotz den rationalen Idealen einer aufstrebenden Bürgerelite gehorchen, im Zweifelsfall unter Verzicht auf die wahre Liebe. Das Libretto löst dieses Problem in der Regel auf natürliche Weise: durch Tod oder finales Verschwinden der weiblichen Lichtgestalt. 
Die zweite, gewissermassen spiegelverkehrte Variante prägt Dornröschen und  Aschenputtel – ebenfalls von Perrault notiert, ebenfalls schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts auf die Tanzbühne übersetzt. Ein junges Mädchen steht hier zwischen Gut  und Böse, zwischen schutzmächtiger Fee und Verderberin, und seine Familiengeschichte spielt dabei keine nebensächliche Rolle. Die Befreiung aus der Konfliktzone glückt dank eines Galans von adligem Geblüt, die Erlösungsbotschaft dient der Erziehung des Weibes: Die Liebe, verstanden als Liebesdienst, ist die einzig wahre Mission seines Geschlechts, der Mann seine Bestimmung. So gebietet es die biedermeierliche Vernunft. Die Verinnerlichung der Lektion wird mit dem Gang zum Traualtar belohnt. Ein Hochzeits-Happy End, das morbiden Elfen und zerbrechlichen Geisterwesen à la Sylphide niemals zuteilwird.
So steht auch das Märchen- und Feengenre des Balletts zunächst für existentielle 
Gegenentwürfe, zielt jedoch auf handfeste Realitäten und bleibt aufs Engste mit ihnen 
verzahnt. Charles Perrault, selbst Staatsbeamter und damit Bestandteil der Feudalbürokratie, hat noch die Stabilität der Adelsgesellschaft im Hinterkopf. Davon zeugt nicht zuletzt die Moral, die sein Dornröschen beschliesst: «Ein wenig auf einen Ehe-
mann zu warten, der reich, schön anzusehen, von höflicher und feiner Art ist, ist ganz 
und gar üblich» – vollkommen korrekt, jedenfalls unter den Vorzeichen aristokratischer 
Heiratspolitik. Spätere Exegeten wie der Literaturwissenschaftler Jack Zipes deuten das Märchen als «symbolischen Diskurs über den Zivilisationsprozess» und die Verfestigung gängiger Stereotypen. Männer sollen stark, Frauen «schön, freundlich, anmutig, fleissig» und selbstbeherrscht sein. Dieses Profil rufen Perrault wie Petipa in Gestalt der liebenswürdigen Feen auf. Sie vertreten die Sonnenseite des Lebens und eine Ordnung, aus der Carabosse – warum auch immer – herausgefallen ist.
Aber ist der gediegene Augenschein nicht eine Sinnestäuschung? Handelt es sich um halbwegs nachvollziehbare Ereignisse oder um ein Seelengespinst? Das 20. Jahrhundert neigt mehr und mehr der psychologischen Lesart zu und begreift, dass auch der ästhetische Schleier des Tanzes elementare Vorgänge kaschiert, die sich in den 
Tiefenschichten des Unterbewussten zutragen. Seit die Psychoanalyse Dornröschen und seine Schwestern auf die Couch legt, wird auch das Feencorps einer Exploration  unterzogen, die auf seine Entzauberung hinausläuft. Was bedeutet: Im Gewand eines  ballet d’action verhandelt Dornröschen einen inneren Reifeprozess und das Duell  zwischen Gut und Böse, das in jedermanns Herz stattfindet. Ob man, wie Bruno  Bettelheim, Sexualität und adoleszente Ablösung in den Mittelpunkt rückt oder den  Aufbruch zu neuen Ufern – Dornröschen muss sich jedenfalls den rechten Weg zwischen dornigen Trieben und Blütenranken bahnen, die beide im Urgrund seiner Seele wurzeln. Uns treten sie als Kontrahentinnen, als Hexen und Fabelwesen entgegen. Aber sie bleiben doch: zwei Seiten ein- und derselben Medaille. 
Kunst bringt die Seite der menschlichen Natur zum Vorschein, «von der wir ohne die 
Hilfe dieses Spiegels gar nicht wüssten, dass wir sie haben: Jedes Werk enthüllt eine  ungeahnte Dimension des Selbst.» Was der Philosoph Arthur C. Danto mit Blick auf die Literatur formuliert, wirft prompt die Frage auf: In welche verborgenen Kammern unseres Selbst wird Christian Spuck sein Dornröschen – und uns – entführen? Einen Wegweiser liefert vielleicht schon der Umstand, dass Charles Perrault die Gegenspielerinnen aus den surrealen Sphären namenlos liess. Weil sie Metaphern sind und schiere Polaritäten illustrieren: jung und alt, fürsorglich und zerstörerisch, schön und hässlich. Die Feendivision verkörpert innere Instanzen und Zustände, die im Extremfall gegensätzlich gedacht und doch miteinander verschwistert sind. Gleicht ihre Beschaffenheit nicht den widerstreitenden Stimmen, die unser Ego bewohnen und unaufhörlich miteinander Zwiesprache halten – mal lautstark tobend, mal leise flüsternd? Tagtäglich lauschen wir ihren Dramen, dem Für und Wider, den Auseinandersetzungen, die sie in uns und für uns zur Aufführung bringen. Auf dass wir zuletzt die richtige Entscheidung treffen und in der Lage sind, unser Ziel zu bestimmen und anzusteuern. Die vermaledeite Carabosse, die charmante Fliederfee – sind sie nicht auf Gedeih und Verderb aneinandergekettet Vielleicht in ein und demselben Ich gefangen? 
Und noch eins fällt auf, wenn Perraults La Belle au bois dormant neben die Balletttextur von 1890 gelegt wird: Das literarische Original ist mit sieben segensreichen Patinnen und einem böswilligen Exemplar bestückt, auf der Tanzbühne aber schnurrt das Personaltableau auf sieben Köpfe zusammen. Das entspricht der magischen Zahl, die sich von Teresa di Ávila und Jakob Böhme durch die Mystik der Neuzeit zieht, um die Stufen der Erleuchtung zu beschreiben, hin zu göttlicher Vollkommenheit. 
Weltliche Göttinnen, das waren die Tänzerinnen des 19. Jahrhunderts. Lise Noblet und Marie Taglioni genossen Kultstatus, wiewohl das erste Dornröschen anno 1829 davon unbeleckt blieb und sang- und klanglos unterging. Umso strahlender behauptet sich Marius Petipas royaler Luxuszauber. Doch statt die Puderzucker-Kanone nachzuladen, wird Christian Spuck wohl den Sandstrahler ansetzen und alle Patina abtragen. Nicht brachial, sondern mit der gebotenen Vorsicht. Bis Dornröschen uns so entgegentritt, wie es Arthur C. Danto vorschwebte: als blanker Spiegel der Selbsterkenntnis. 

Text von Dorion Weickmann.
Dieser Artikel ist erschienen im MAG 78, Oktober 2020.
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Auf der Couch


Die schlafende Schönheit

Die im Tiefschlaf auf die Erlösung durch einen Prinzen wartende Schöne kennen wir alle. Doch dass das Märchen in der Version des französischen Schriftstellers Charles Perrault, die über 100 Jahre vor den Brüdern Grimm entstand, ursprünglich viel grausamer war, wissen die wenigsten.

Das Märchen der Brüder Grimm ist eines der schönsten Beispiele dafür, wie dunkle Mythen und abgründige Wahrheiten für die kindliche Phantasiewelt in mundgerechte Happen geschnitten werden. Weil es nicht genug goldene Tellerlein gibt, wird eine mächtige Fee nicht eingeladen; sehr unwürdig, aber nicht untypisch für Hoheiten, ist sie stockbeleidigt und verhängt einen Fluch. Dieser kann von den versammelten guten Feen nur abgemildert, aber nicht aufgehoben werden. Der Stich der Spindel zur Zeit der Geschlechtsreife spielt mit sexueller Symbolik. Er öffnet aber nicht den Weg in das weibliche Leben, sondern führt in einen todesähnli­chen Schlaf. Das Leben steht still, undurchdringliche Dornenranken wuchern um das vom Leben verlassene Gemäuer. In diesem stacheligen Gestrüpp modern die Skelette eroberungslustiger Männer. Sie haben zum falschen Zeitpunkt versucht, zur schlafenden Schönheit vorzudringen. Dann aber, zum genau richtigen Zeitpunkt, erscheint Mister Right, die bösen Dornen weichen nicht nur, sie tragen Blüten, ein Kuss setzt das Leben wieder in Gang, der Spuk ist verschwunden, wenn sie nicht gestorben sind, leben sie heute noch.
Die von einem undurchdringlichen Wall umgebene Jungfrau hat eine weniger zierliche Ahne: Die Walküre Brünhild, die dem Gebot des Schlachtenlenkers Wotan nicht gehorcht. Sie wird von diesem in einem Feuerring eingeschlossen. Nur der mu­tigste Held, der keine Furcht kennt, kann durch die Waberlohe reiten und die Schöne aus ihrem Zauberschlaf erwecken.
Diese zweite Geschichte ist oft erzählt worden und geht fast immer schlecht aus, denn der Held ist nicht treu, er tritt die Walküre einem Freund ab, sie rächt sich, am Ende sterben Verratene und Verräter. Vom frühen Nibelungenlied bis zu Richard Wagners Ring­-Opern ist die Geschichte des heroischen Dornröschens noch nie gut ausgegangen. Warum?
Dahinter steckt ein Dilemma, das uns das Märchen erspart: Auch die grösste Macht kann Liebe nicht erzwingen. Wotan ist eifersüchtig. Er will die Liebe der Wal­küre ganz für sich haben. Der mächtige Vater, der seine Tochter nicht loslassen kann, ist das Gespenst hinter der Tragödie.
Aber auch die Tochter spielt mit. In manchen Fassungen der Sage will sie sich keinem Mann hingeben, der schwächer ist als sie; nur dank der Tarnkappe kann sie dann Siegfried für seinen Freund (und späteren Verräter) Gunter erringen. Psycho­analytiker vermuten eine unbewusste Vaterbindung, wenn ein modernes Dornröschen erst einmal keinen Mann ihre Stacheln durchdringen lässt, weil ihr keiner gut genug ist. Er reicht nicht an den idealisierten Vater einer vergessenen kindlichen Welt heran. 
Aber anders als im Märchen gibt es keinen Zauber, der ewige Jugend garantiert. Ein neurotisches Dornröschen war lange Zeit damit beschäftigt, Bewerber zurück­ zuweisen, getragen von der Hoffnung, dass der Richtige nicht ausbleiben wird. Er soll sie aus der unbewussten Bindung an das Ideal erlösen. So ist sie oft schon verblüht, wenn sie endlich Hilfe sucht, weil die Bewerber um ihre Gunst nicht mehr besser und schöner kommen, sondern sich als schlappe Gestalten erweisen, die beim ersten Zö­gern abdrehen und das Weite suchen, noch ehe die Prinzessin sie dorthin schicken kann. Auch das ist, wie Heine schrieb, «eine alte Geschichte/doch ist sie immer neu/und wem sie just passieret/dem bricht das Herz entzwei».
Das Ballett Dornröschen nach der Musik von Pjotr Iljitsch Tschaikowski folgt anfangs nicht dem Märchen der Brüder Grimm, sondern der viel älteren Fassung La belle au bois dormant von Charles Perrault. Allerdings blicken Tschaikowski und sein Librettist auf Perraults Text mit den Augen der Märchensammler des 19. Jahrhunderts, die gern sahen, wie sich im Volksmund, von Grossmutter zu Grossmutter den Kleinen erzählt, das Kunstmärchen zum Volksmärchen abschleift wie ein scharfkantiges Stück Quarz zum bunten Kieselstein. 
Bei Perrault hat das Märchen einen Schluss, den Dornröschen dem Leser erspart. Er verlagert das Thema der Rache an den Liebenden vom Vater auf die Mutter. Zwar hat die gute Fee dem Prinzen den Weg zu seinem Glück gezeigt, aber der Prinz muss um seine Liebe fürchten, denn seine Mutter ist eifersüchtig. Daher hält er die Ehe geheim. Erst als zwei Jahre später sein Vater stirbt und er selbst die Krone trägt, holt er seine Schöne und zwei inzwischen geborene Kinder heim. 
Als der Ehemann in den Krieg ziehen muss, befiehlt die alte Königin, Dornrös­chen und die beiden Kinder zu schlachten und zu braten. Der weise Haushofmeister versteckt die Bedrohten und serviert an ihrer Stelle eine Hirschkuh, ein Lamm und ein Zicklein. Als der König heimkommt und von dem gescheiterten Mordplan erfährt, richtet sich die alte Königin selbst. 
Dem Ballett ist dieser Schluss zu grausam. Hier endet die Erzählung, wie in Grimms Märchen, mit einem grossen Fest; die Gäste tragen die Masken von Märchen­figuren – Hänsel und Gretel, Aschenputtel, Scheherazade, Aladin, Colombina und Harlekin, Frosch
und Prinzessin, Schneewittchen und die Zwerge. Sie rahmen den Pas de deux des Brautpaares. 

Text von Dr. Wolfgang Schmidbauer.
Dieser Artikel ist erschienen im MAG 78, Oktober 2020.
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Dornröschen

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Synopsis

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