Kulturbauten der nächsten Generation

Ein Gespräch mit Expert:innen

Im Frühjahr dieses Jahres informierte das Opernhaus Zürich die Öffentlichkeit über die notwendige Sanierung des historischen Opernhauses und des angrenzenden Erweiterungsbaus in der ersten Hälfte der 2030er-Jahre. Ein wichtiger Bestandteil der Vorbereitung dieser baulichen Weiterentwicklung am Zürcher Sechseläutenplatz ist das breit aufgestellte Dialogverfahren «Dialog Zukunft Oper», das von Mai bis September 2023 von der Agentur ampio Partizipation GmbH durchgeführt wurde. In diesem Rahmen lud das Opernhaus Zürich am Montag, 25. September, nun zu «Kulturbauten der nächsten Generation», einem Gespräch mit Expert:innen, die den Blick in die Zukunft wagten.

Im Mittelpunkt des Anlasses standen Fragen zu Zukunftstrends, zu gesellschaftlichen Veränderungen, zum Wandel von Stadt und Stadtraum sowie die Bedeutung und Aufgabe von Kulturgebäuden und wie Kulturinstitutionen wie das Opernhaus Zürich auf diesen Wandel idealerweise reagieren können.
Auf dem Podium vertreten waren Regula Lüscher (Architektin und Städteplanerin), Barbara Emmenegger (Beraterin für sozialräumliche Entwicklungsprozesse von Gemeinden, Arealen oder Siedlungen), Anna Kleeblatt (Unternehmensberaterin für Kulturinstitutionen und -unternehmen), Prof. Dr. Markus Freitag (Direktor am Institut für Politikwissenschaft der Universität Bern und Inhaber der Professur für Politische Soziologie), Dr. Chris Luebkeman (Leiter des Strategic Foresight Hub an der ETH Zürich) und Max Wagner (Geschäftsführer Gasteig München). Die Moderation des Gesprächs übernahm Michael Emmenegger von ampio Partizipation GmbH.

Die Gäste gingen der Frage nach, wie sich die Stadt Zürich, der Kanton und die Gesellschaft in Zukunft verändern wird. Im Grossraum Zürich werden zukünftig mehr Menschen leben. Dadurch wird der zur Verfügung stehende Platz kleiner werden. Der gesellschaftliche Wandel im Spannungsfeld von einer Anspruchs- und Multioptionsgesellschaft in Bezug zu einer Anpassungsgesellschaft bringt auch neue Forderungen an die räumliche Ausgestaltung. Eine zukunftsfähige Stadt sollte über verschiedene Räume mit verschiedenen Funktionen verfügen. Auch die zunehmenden globalen Herausforderungen im Zuge des Klimawandels, inklusive Wasser- und Energieknappheit, sowie der Bevölkerungszunahme wurden thematisiert.

Aktuell werden viele Kulturinstitutionen saniert oder stehen vor einer Sanierung. Diese einmaligen Vorhaben sollten unbedingt immer auch als wichtige Impulse für die Stadtentwicklung verstanden werden. Gerade Bibliotheken wie z.B. das «Oodi» in Helsinki oder «DOKK1» in Aarhus können bezüglich Zugänglichkeit und Vielfalt als Vorbild dienen.

Für die Podiumsgäste liegt die Zukunftsfähigkeit von Kulturbauten in ihrer Durchlässigkeit. Es sollen Stadträume und Orte entstehen, die für möglichst viele Menschen zugänglich sind. Dabei ist ein aktueller Paradigmenwechsel von besonderer Bedeutung. In den letzten 150 Jahren wurde Kultur hauptsächlich kuratiert. Heute sind vermehrt Mischformen gefragt. Wichtig werden zugängliche Orte, an denen Neues spontan entstehen kann, Orte, die sich Menschen aneignen können und die auch Nährboden für noch Unfertiges bieten.

Die Entwicklung des Opernhaus Zürich könnte ein Leuchtturmprojekt in der Stadtentwicklung Zürichs sein. Ein Mosaikstein hin zu einer noch lebenswerteren Stadt, wo der Langsam-Verkehr, die Öffnung zum See und das Erkunden der Stadtwelt stärker im Fokus stehen. Empfohlen wurde ein Gebietsmanagement einzusetzen, das die Vielzahl der angrenzenden räumlichen Entwicklungen wie Heimplatz, Kreuzplatz, Bellevue, Utoquai, Stadelhofen und Seeufer koordiniert.

Einig waren sich die Podiumsgäste darüber, dass zukunftsfähige Kulturbauten als Gemeinschaftsprojekte zu entwickeln sind. Sie sind gemeinsam mit den Künstler:innen, den Verantwortlichen aus Politik und Verwaltung und der Gesellschaft zu planen. Betont wurde in diesem Zusammenhang auch die Wichtigkeit einer Vorbereitungs- und Planungsphase. Dazu ist konstant, verständlich und transparent zu kommunizieren. Auch müssen genügend kommunikative wie auch planerische Ressourcen bereitgestellt werden.

Der Weg, den das Opernhaus Zürich eingeschlagen hat, wurde insgesamt als guter Einstieg beurteilt. Die Gäste begrüssten den bereits lancierten umfassenden Dialogprozess zur baulichen Entwicklung und empfehlen diesen – immer im Rahmen der ausgehandelten Rahmenbedingungen – auch in der nächsten Planungs- und späteren Bauphase weiterzuführen.

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