L'Orfeo
Favola in Musica in einem Prolog und fünf Akten von Claudio Monteverdi (1567-1643)
Libretto von Alessandro Striggio
In italienischer Sprache mit deutscher und englischer Übertitelung. Dauer 2 Std. 05 Min. inkl. Pause nach ca. 45 Min. Werkeinführung jeweils 45 Min. vor Vorstellungsbeginn.
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Juni 2025
Juli 2025
03
Jul19.30
L'Orfeo
Oper von Claudio Monteverdi
Preise E: CHF 245 / 207 / 183 / 100 / 40 / 34
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Jul14.00
L'Orfeo
Oper von Claudio Monteverdi
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Jul19.00
L'Orfeo
Oper von Claudio Monteverdi
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L'Orfeo
Kurzgefasst
L'Orfeo
Im Jahr 1607 brach in Mantua eine neue Zeitrechnung der Musikgeschichte an. Vor einem kleinen Kreis höfischer Gäste erklang zum ersten Mal Orfeo, die musikalische Fabel des örtlichen Hofkomponisten Claudio Monteverdi. Die Uraufführung markiert nicht weniger als die Geburtsstunde der Kunstform Oper, denn der Komponist hatte als erster erkannt, was es heissen kann, wenn Musik gesungene Szene wird: Eingebunden in einen dramatischen Handlungskontext, kehren die Figuren auf der Bühne wie nie zuvor ihr innerstes Empfinden nach aussen, offenbaren zarte Herzensregungen und singen sich tiefsten Liebesschmerz von der Seele. Der Held in Monteverdis erster Oper ist Orpheus, der thrakische Ursänger, der zum Steinerweichen schön singt. Seinem Gesang wohnt die Kraft totaler Grenzüberschreitung inne: Auf dem Weg, seine Geliebte Euridice aus der Unterwelt zurückzuholen, gelingt es ihm mit seinem Bittgesang am Ufer des Styx, den Fährmann Caronte in den Schlaf zu versetzen und so die Schwelle zum Totenreich zu überschreiten. Alleine diese Szene macht deutlich, welches utopische Potenzial Claudio Monteverdi dem dramatischen Gesang zuschrieb.
Der vom Schauspiel kommende Regisseur Evgeny Titov ist in wenigen Jahren zu einem Shooting-Star unter den Regisseurinnen und Regisseuren des internationalen Opernbetriebs gereift. In seiner Orfeo-Inszenierung für das Opernhaus Zürich beweist er einmal mehr seine Begabung, extreme menschliche Seelenlagen in überraschende, suggestive Bilder zu kleiden. Die musikalische Leitung hat, wie schon in der Premierenserie in der vergangenen Spielzeit, der italienische Dirigent und Cembalist Ottavio Dantone.
Pressestimmen
«Eine Inszenierung, die den Geist unserer Zeit atmet»
Bachtrack, 20.05.24«Starke dramaturgische Entscheidungen, ein imposantes Bühnenbild und makelloser Gesang»
SRF, 21.05.24«Er überrascht bis zum Schluss mit doppelten Böden, Hintertüren und 180 Grad-Wendungen.»
Tages-Anzeiger, 18.05.24«Der ungemein beseelten und in allen Registern differenzierten Orpheus-Partie des polnischen Tenors Krystian Adam gilt es, ein besonderes Kränzchen zu winden»
Südkurier, 21.05.24«Zwei Stunden die schönste Musik der Operngeschichte für den allumfassenden Tod»
SWR, 22.05.24«Klar: Man muss das sehen und hören»
Aargauer Zeitung, 18.05.24
Interview
Jeder Mensch trägt seine Hölle in sich
Der Regisseur Evgeny Titov inszenierte «L’Orfeo» am Opernhaus Zürich. Für ihn ist die Geschichte um den mythischen Ursänger Orpheus mehr als eine fantastische, antike Sage, in der ein Held in die Unterwelt hinabsteigt, um seine Geliebte wieder ins Leben zurückzuholen.
Evgeny, du hast dich jetzt lange und intensiv mit L’Orfeo von Claudio Monteverdi beschäftigt. Welche Qualitäten schätzt du an dieser Oper?
Die unglaubliche Sinnlichkeit der Musik. Ich weiss, das ist ein Allgemeinplatz. Das kann man über ganz viele Opern sagen. Aber bei Monteverdi ist die Sinnlichkeit besonders. Sie trifft uns, weil sie von Einfachheit lebt und alles so präzise auf den Punkt bringt. Wie in einem Gedicht. Mir kommt diese Musik kristallklar vor, wie ein tiefer, klarer See. Es geht vierzig Meter runter, und du kannst trotzdem auf den Grund sehen. Diese Oper wirft sich nicht in Pose, will nicht wirken und überwältigen. Sie ist aus einer unfassbaren Ruhe und Konzentration herausgeschrieben, unbelastet von all dem ambitionierten Opernzeug, das später kommt.
Liegt das daran, dass die Gattung Oper mit diesem Werk ihre Geburtsstunde erlebt?
Ich weiss nicht, ob das eine etwas mit dem anderen zu tun hat. Ich denke jedenfalls nicht: L’Orfeo ist so toll, weil es die erste Oper ist. Nach meinem Gefühl hat Monteverdi das Werk nicht in dem Bewusstsein geschrieben, gerade etwas sensationell Neues zu erfinden. Es ist, was es ist. Hier hat jemand die Themen, um die es in dem Stück geht, und die Möglichkeiten einer Form in seiner Essenz begriffen und bringt alles mit wenigen Noten auf den Punkt.
Subjektive Gefühlsregungen aus einer Figur sprechen zu lassen, war zu Beginn des 17. Jahrhunderts etwas Neues. Monteverdi wollte mit seiner Musik nicht nur gefallen und Gott und den Fürsten dienen, sondern die Zuhörenden erschüttern, bewegen und zu Tränen rühren.
Wenn das sein Anspruch war, kann ich nur sagen: Es ist ihm gelungen. Schon in den Proben, nur am Klavier begleitet und szenisch noch gar nicht fertig ausgearbeitet, ergreift diese Musik. Es sind nicht nur starke Emotionen, die man spürt. Es ist eine Wahrhaftigkeit, die dahinter erkennbar wird. Es ist heute schwer nachzuvollziehen, wie die Menschen im 16. und 17. Jahrhundert gefühlt haben. Ich glaube, die Empfindungen waren viel komprimierter und intensiver. Im Nachdenken über den Tod der jungen Euridice im Stück bin ich auf die wahnsinnig schöne Renaissance-Muse Simonetta Vespucci gestossen, in die im Florenz der Renaissance alle verliebt waren, und die immer wieder gemalt wurde, etwa von Botticelli in seinem berühmten Gemälde Die Geburt der Venus. Sie ist mit 23 Jahren an Tuberkulose gestorben. Damals lagen Blüte des Lebens und Tod viel näher beieinander. Heute werden wir 90 Jahre alt und machen immer schön Pilates, damit wir noch ein bisschen länger leben. Aber damals musste man sich oft zu einem Zeitpunkt vom Leben verabschieden, als man nach unseren Massstäben noch sehr jung war. Das Leben war wie eine Sternschnuppe. Kaum aufgeleuchtet, war es schon verglüht. Das hat sicher sich auch auf das Gefühlserleben der Menschen ausgewirkt und auf die Kunstwerke, die damals entstanden sind.
Wovon handelt L’Orfeo?
Von Verlust. Liebe. Tod. Von einem Menschen, der gegen den Tod aufbegehrt. Orfeo hat seine Euridice verloren und akzeptiert den Tod nicht. Was kann man angesichts eines geliebten, verstorbenen Menschen machen? Man kann ihn begraben und betrauern. Man kann heulen, rumschreien, wütend werden, wie man will, aber das ändert nichts. Der Tod ist der Tod. Nun kommt Orfeo und sagt: Nein! Ich nehme das nicht hin. Ich gehe in die Hölle und hole mir meine Euridice zurück. Das sprengt jeden Rahmen. Denn er tut es wirklich. Er steigt hinab in die Hölle. Aber es ist keine fantastische Reise in eine finstere Welt, in der es Totenflüsse und mächtige Höllenfürsten gibt.
Sondern?
Die Hölle existiert im Menschen selbst. Das ist der schrecklichste Ort, an den man kommen kann. Jeder trägt seine Hölle in sich und mit sich durchs Leben. Orfeos Reise führt ins Innere des Menschseins, an den dunkelsten Punkt, den es zu besiegen gilt. Der Mensch ist sich selbst der grösste Feind. Darum geht es in dieser Oper. Du kannst, wie Orfeo, begabt sein, erfolgreich, berühmt und von allen verehrt. Aber wenn es hart auf hart kommt, gibt es nur eins, das es zu überwinden gilt, das ist der Abgrund in dir selbst.
Welchen Abgrund muss Orfeo überwinden?
Die Treue zu seinem Herzen. Dem zu vertrauen, was sein Herz sagt. Er hat es geschafft, ins Totenreich zu kommen. Er hat Proserpina auf seine Seite gebracht; sie bringt Plutone dazu, Euridice wieder frei zu geben. Er führt Euridice zurück ins Leben. Sie ist hinter ihm. Aber er darf sich nicht nach ihr umdrehen, das hat Plutone zur Bedingung gemacht. Und auf einmal kommen Zweifel. Ich weiss, sie steht hinter mir, ich fühle ihre Nähe. Aber eine innere Stimme sagt mir: Soll ich mich nicht besser vergewissern? Vielleicht trügt mich mein Gefühl, vielleicht täuscht mich mein Herz. Die Stimme ist wie die Schlange im Paradies, die sagt: Es ist zwar streng verboten, aber mache es trotzdem. Dreh dich um! Schaue Sie an! Die Versuchung ist einfach zu gross – und dann kommt der fatale Blick zurück. Für diesen Moment der Untreue muss Orfeo den Preis zahlen.
Orfeo ist von sich und seinen Fähigkeiten sehr überzeugt. Er hat das Gefühl, mit seiner Kunst alles erreichen und alle Grenzen überschreiten zu können. Könnte sein Hochmut nicht auch ein Grund für sein Scheitern sein?
Ich finde nicht, dass ihm seine künstlerischen Fähigkeiten zum Verhängnis werden. Für mich steht Orfeo als Liebender im Vordergrund. Du kannst Steine zum Weinen bringen, die Welt erobern und der Grösste von allen sein, aber am Ende bist du nur ein Mensch wie jeder andere. Vor dem Tod sind alle gleich. Es gibt einen schönen Essay von Michel de Montaigne, in dem er sinngemäss sagt, dass man den Menschen nur von seinem Ende her beurteilen kann. Er schreibt über einen Herrscher, der alles hatte, was man sich wünschen kann. War sein Leben gut? Nein. Was einzig zählt, ist der Moment, in dem alles Irdische, aller Reichtum, alle Macht abgefallen ist. An diesem Punkt steht Orfeo. Es geht in Monteverdis Oper um das Essenzielle des Daseins. Orfeo scheitert an seinem Menschsein.
Am Ende der Oper tritt Apollo, der Gott des Lichtes und Künste auf, Orfeos Vater. Er nimmt seinen unglücklichen Sohn mit in den Himmel. Diesen Schluss hat Monteverdi komponiert, obwohl das vorab gedruckte Libretto mit Orfeos Tod endet. Darin wird er von den Bacchantinnen zerrissen.
Wir halten uns an das, was Monteverdi komponiert hat, aber das schliesst ja nicht aus, über den Schluss nachzudenken. Orfeo liebt und leidet bis zum Gehtnichtmehr. Diese Fähigkeit macht uns als Menschen aus. Je heftiger die Ausschläge, desto intensiver ist das Leben. Wir kennen alle Menschen, die ohne Schutzhaut durchs Leben gehen und sich ihren Gefühlen und Leidenschaften rückhaltlos ausliefern. So einer ist Orfeo. Apollo macht ihm klar: Du bist zu viel Mensch. Es gibt noch eine andere Hälfte in dir, nämlich die göttliche. Du bist mein Sohn. Folge dieser Seite.
Der Text in Apollos Arie lautet: Du hast dich zu sehr gefreut über dein Glück, du hast zu sehr geweint über dein grausames Schicksal. Es ist nicht weise, der eigenen Leidenschaft zu dienen.
Genau. Er sagt: Komm mit mir in den Olymp. Betrachte von oben, wie sich die Erdenwesen in ihren Leidenschaften wälzen. Wir Götter stehen darüber und haben die Gelassenheit der Unsterblichkeit.
Kann Orfeo sich auf dieses Angebot einlassen?
Im Stück sagt er zu Apollo: Ich wäre dir als Sohn nicht würdig, würde ich deinem Rat nicht folgen. Aber ich bin sicher, dass Orfeo – so wie er ist und nach dem, was er erlebt hat – es als Verrat empfinden würde, die Erde einfach hinter sich zu lassen. Jemand, der durch die Hölle gegangen ist, kann am Ende nicht sagen, na gut, dann ändere ich jetzt meinen Lebensplan und gehe in den Himmel. Würde er das tun, wäre er nicht mehr Orfeo. Er kann Apollos Angebot nicht annehmen, aus Treue zu sich selbst. Es geht dabei gar nicht unbedingt um Euridice, ohne die er nicht leben will und kann. Es geht um Treue zu dem, was sein Leben ausmacht.
Das heisst, die Himmelfahrt am Schluss der Oper ist für dich als Regisseur nicht akzeptabel?
Nein. Aber das ist nicht meine private Regieentscheidung, weil ich mir etwas Originelles ausdenken wollte. Das ist die Konsequenz aus Monteverdis Komposition. Wenn ich die ernst nehme, geht der Schluss nicht. Orfeo steht vor der Frage, was besser ist – alleine im Himmel zu leben oder zu zweit in der Hölle. Aber der Himmel ist keine Option für ihn. Dafür ist er zu sehr Mensch.
Wenn die Hölle, wie du gesagt hast, der Abgrund im Menschen selbst ist, wie sieht sie dann auf der Bühne aus?
Die Hölle mag aussehen, wie sie will. Mir geht es um den Gedanken, und der muss durch die Darsteller zum Ausdruck kommen und nicht durch das Bühnenbild. Man muss sich klar machen, was Hölle eigentlich meint: Sie ist das, was man unmöglich aushalten kann. Sie ist das denkbar Schlimmste und das auf Dauer gestellt. Es wiederholt sich jede Sekunde bis in alle Ewigkeit. Puh. Man darf Stücke, die so ans Existenzielle rühren, nicht zu oft machen. Manchmal soll man sich auch eine harmlose Oper über einen Mann gestatten, der sich in die falsche Frau verliebt.
Welche Gedanken haben dich und deine Bühnenbildnerinnen bei der Gestaltung der Hölle geleitet?
Wir haben etwas gesucht, das Distanz, Kälte, Unmenschlichkeit ausdrückt, den Schrecken der Sterilität. Es sollte eine tote Materie sein, auch als Kontrast zur Lebenslust, die in Orfeos Hochzeitsfeier mit Euridice zum Ausdruck kommt.
Eigentlich fängt die Oper fröhlich an, mit einer Hochzeit und Hirten und Nymphen, die die Liebe von Orfeo und Euridice preisen, bis Euridices Tod das Glück jäh beendet. Ohne schon zu viel verraten zu wollen, in deiner Inszenierung ist es anders.
Zuallererst tritt Musica in der Oper auf, die Allegorie der Musik, und verkündet im Prolog: Ich werde euch eine Geschichte über einen Menschen erzählen und was es bedeutet, ein Liebender zu sein und seine Liebe zu verlieren. Sie kommt gleich zum Punkt. Der Mensch ist geworfen auf eine unfruchtbare Steinlandschaft. So lese ich das, und so will ich es zeigen, wenn der Vorhang hochgeht. Ein Mensch in seiner existenziellen Not, seiner Einsamkeit, sein Alleinsein vor dem Tod. Das ist für mich das zentrale Thema der Oper, und deshalb hätte ich ein fröhliches Hochzeitsbild zu Beginn falsch gefunden. Ich wollte nicht mit der Illusion beginnen, in der wir leben. Ich wollte das Stück gleich in seinem Kern offenbaren. Die Feier, das Tanzen, die fröhlichen Hirten und Nymphen – das alles ist nicht gestrichen, aber es kommt später und anders. Ich beschäftige mich gerade mit Shakespeares King Lear. Es gibt darin im dritten Akt eine Szene, in der Lear in einer peitschenden Sturmnacht schutzlos durch die Heide irrt, sich die Kleider vom Leib reisst und sagt: Der Mensch ist nicht mehr als ein armes, nacktes, zweizinkiges Tier.
Das Gespräch führte Claus Spahn.
Dieser Artikel ist erschienen im MAG 112, Mai 2024.
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Hintergrund
Ein Abend in Mantua mit grossen Folgen
Mit «L’Orfeo» von Claudio Monteverdi begann vor über 400 Jahren die Geschichte der Oper. Ein Gespräch mit der renommierten Monteverdi-Forscherin Silke Leopold über den italienischen Pionier der Oper, seine visionären Fähigkeiten und seine gloriose Wiederentdeckung im 20. Jahrhundert.
Frau Leopold, es gibt nicht viele Menschen, die sich so lange und so intensiv mit Claudio Monteverdi beschäftigt haben wie Sie. Wenn Sie nur einen Aspekt dieser ausserordentlichen Künstlerpersönlichkeit, mit der die Geschichte der Oper beginnt, hervorheben dürften, welcher wäre das? Was macht Monteverdi aus?
Er ist ein Solitär. Im 16. Jahrhundert sind die meisten Musiker aus Musikerfamilien oder dem Kontext der Kirche hervorgegangen. Monteverdi aber hat keinen biografischen Hintergrund dieser Art. Er stammt aus einer Chirurgenfamilie und ist offensichtlich einfach durch Begabung aufgefallen. Er war nie in einem Kirchenchor, hatte Privatunterricht und war deshalb von musikalischer Tradition unbelastet. Der Herzog Vincenzo Gonzaga von Mantua hat sein kompositorisches Potenzial erkannt. Monteverdi war 23 Jahre alt, als er 1590 an den Hof von Mantua kam. Er war dort eigentlich als Instrumentalist, als Violaspieler, angestellt. Der Herzog hat ihm aber die Gelegenheit gegeben, sich als Komponist mit der Madrigalkunst auseinanderzusetzen.
Welche Fähigkeit hatte Monteverdi, die andere Komponisten seiner Zeit nicht hatten?
Er war in der Lage, sich in die innersten Empfindungen einer Figur hineinzudenken und diese Musik werden zu lassen. Schon als Madrigalkomponist hat er die Texte, die er vertonte, im Hinblick auf Atmosphäre und die Emotionen der auftretenden Charaktere gedeutet. Das war für die damalige Zeit etwas völlig Neues und ohne Vorbild. Monteverdi hat sich mit seinen Madrigalen bis zur Uraufführung von L’Orfeo 1607 selbst beigebracht, wie man das, was den Menschen im Inneren bewegt, durch Musik lebendig werden lassen kann. Die ersten Opern in Florenz um 1600 waren ja der Versuch, die Musik dem Wort konsequent unterzuordnen und so etwas wie ein gesungenes Sprechen zu erfinden. Die Musik sollte nur noch eine dienende Rolle haben, so beschreiben es die Florentiner. Aber Monteverdi hielt das nicht für den richtigen Weg. Er wollte die Musik in dieser Neuentwicklung trotzdem zu ihrem Recht kommen lassen und differenziert in seinem Orfeo, wo die Worte Präferenz haben sollen und wo Musik mit emotionalem Ausdruck, mit Virtuosität und instrumentalem Farbenreichtum hingehört. Damit beginnt im Grunde die Unterscheidung von Rezitativ und Arie. Ich behaupte, dass das zarte Pflänzchen Oper, das in Florenz entstanden war, sofort wieder abgestorben wäre, hätte Monteverdi nicht L’Orfeo geschrieben. Es ist nicht die erste Oper der Musikgeschichte, aber es ist die erste, die diese Gattung zukunftsfähig gemacht hat. Ohne Referenz. Das kam aus ihm heraus.
War Monteverdi ein Umstürzler, ein Revolutionär?
Nein. Er hat die Regeln seiner Zeit beherrscht und nie ihre Abschaffung gefordert. Im Gegenteil, er brauchte das traditionelle Regelwerk, um seine Überschreitungen als solche erkennbar zumachen. Wenn eine Figur ausser sich gerät, hat er sich auch in der Musik über die Ordnung hinweggesetzt und dem Aussersichsein durch Regelbruch im Tonsatz Ausdruck verliehen. Er attackiert die kompositorische Lehre nicht von aussen, sondern überschreitet und erneuert sie von innen.
Basieren seine Erfindungen auf Intuition oder sind sie ein konsequentes Zu-Ende-Denken der neuen musikdramatischen Herausforderungen, mit denen er sich konfrontiert sah?
Es ist bei ihm immer beides: Seine Musik offenbart eine perfekte Kombination aus spontaner Emotionalität und Durchdachtheit, aus sinnlicher Hingabe und kompositorischem Kalkül. Das findet man in dieser Form bei keinem anderen Komponisten der damaligen Zeit. Es gibt bei ihm keinen einzigen Ton, der nicht ganz bewusst gesetzt wäre. Das fasziniert mich bis heute. Ich bilde mir ein, inzwischen fast jede Note von Monteverdi zu kennen und trotzdem passiert es mir immer noch, dass ich ein Stück hervorhole und plötzlich verstehe, warum er eine Note genau an dieser einen Stelle untergebracht hat. Das geht mir nur bei ganz wenigen Komponisten so.
Können Sie ein Beispiel geben für Monteverdis musikdramatisches Gespür?
Er setzt Klangfarben sehr bewusst ein. Sie wirken auf den ersten Blick wie Nuancen, sind aber von grosser Bedeutung, etwa im berühmtesten Moment der Orfeo-Handlung: Orfeo dreht sich auf dem Weg aus der Unterwelt nach Euridice um, obwohl es ihm streng verboten ist. Er sieht sie an mit seiner ganzen Liebe und Sehnsucht – und sie muss zurück ins Totenreich. An dieser Stelle schreibt Monteverdi die Instrumentation präzise vor. Der Weg zum Tageslicht und das Zweifeln von Orfeo, ob sie auch wirklich hinter ihm ist, werden vom Cembalo begleitet. In dem Moment aber, in dem Orfeo sich umdreht und Euridice erblickt, soll ein Organo di legno erklingen. Monteverdi will hier den liegenden Klang der Orgel haben. Die Zeit scheint stehen zu bleiben. Für einen Augenblick wird musikalisch der Eindruck von Ewigkeit erzeugt. Der Anblick Euridices ist für Orfeo ein kurzer Moment der Erfüllung und des grössten Glücks. Aber dann bricht ihr Auge, und Orfeo singt «Ma qual eclissi, ohime, v’oscura» (Doch welches Dunkel umgibt Euch plötzlich). Das Cembalo setzt wieder ein. Monteverdi schafft mit einer einzigen instrumentalen Farbe Theatralität. Es ist ein kleines Detail, aber mit dem Denken, das dahinter steht, hat Monteverdi die Zukunft der musikdramatischen Form möglich gemacht.
Weil man bei L’Orfeo an der Wiege der Kunstform Oper steht, will man natürlich genau wissen, wie die äusseren Umstände der Uraufführung 1607 in Mantua waren. Wie und in welchem Rahmen wurde die Oper gespielt?
Was den genauen Ort der Aufführung angeht, weiss man heute mehr als noch vor zwanzig Jahren. Man ging ja lange davon aus, dass L’Orfeo am Hof der Gonzaga im repräsentativen Spiegelsaal aufgeführt wurde, aber das war nicht so. Die lokalen Musikwissenschaftler in Mantua haben intensiv recherchiert und mit Hilfe einer Beschreibung herausgefunden, dass die Uraufführung wohl in den Gemächern der Schwester des Herzogs, der Herzoginwitwe von Ferrara, in sehr kleinen Räumlichkeiten stattgefunden hat. Der Raum war vielleicht 100 Quadratmeter gross, mehr nicht. In ihm mussten die Sänger und das Orchester unterkommen. Platz für eine grosse Hofgesellschaft blieb da nicht. Es waren also sehr beengte Verhältnisse. Die Raumaufteilung, wie man sie jetzt kennt, legt nahe, dass möglicherweise in einem Raum gespielt und von einem anderen Raum aus zugehört wurde, dass man also gleichsam nur um die Ecke schauend etwas sehen konnte. So ganz genau weiss man das aber nicht.
Waren Sie einmal an dem Ort?
Ja. Aber der Anblick gibt keine Vorstellung mehr vom Zustand zur Zeit der Uraufführung. Der Palast wurde 1630 im Zuge des Erbfolgekriegs beim Sacco di Mantova zerstört, geplündert und regelrecht geschleift und hinterher immer wieder umgebaut.
Die Uraufführung von L’Orfeo war also keine grosse, repräsentative Veranstaltung?
Nein. Der Festanlass fand am Tag zuvor statt. Es war eine akademische Aufführung. Der Herzog und ein enger Kreis aus hohen Hofbeamten und Adeligen war anwesend, und sie waren nicht als Repräsentanten der höfischen Gesellschaft da, sondern als Kenner. Im Rahmen einer Akademie traten Herzog und Herzogin nicht als Herrscherpaar auf, dem man zu huldigen hatte, sondern man begegnete sich auf Augenhöhe. Die Akademien waren in dieser Hinsicht wie eine soziale Utopie, in der Hierarchien vorübergehend keine Rolle spielten.
Fand die Aufführung ohne Bühne und Kulissen statt?
Davon ist auszugehen, alleine wegen der engen Platzverhältnisse.
Monteverdi hat die Szene ausschliesslich musikalisch mit Singstimmen und Instrumenten vor dem inneren Auge der anwesenden Menschen entstehen lassen?
So könnte man sagen. Er verwendet schnarrende Zinken für die Unterwelt, Harfen für den Himmel, weitere Blasinstrumente für die Hirtenszenen – und Violinen, wenn Orpheus singt. Eigentlich ist ja die gezupfte Leier das Instrument, mit dem Orpheus in Verbindung gebracht wird. Zu Monteverdis Zeit war es in Italien aber ein Streichinstrument. Das geht auf das Parnass-Fresko von Raffael im Vatikan zurück, wo Apollo mit einer Lyra dargestellt ist, und diese Lyra war für Raphael die Lira da Braccio, die gestrichen wird.
Wie bedeutend war der kleine Hof von Mantua zu Monteverdis Zeit?
Er war ein kulturelles Zentrum mit grosser Ausstrahlung, vor allem im Hinblick auf Musik und Literatur. Mantua war auch ein religiös liberaler Ort. Es gab da beispielsweise auch eine kulturell bedeutsame, vom Herzog geförderte jüdische Gemeinde, was für die damaligen Verhältnisse ziemlich erstaunlich ist.
Warum hat der Herzog von Mantua L’Orfeo nur im kleinen Kreis aufführen lassen und mit seinem hochbegabten Komponisten nicht prachtvoll repräsentiert?
Monteverdi war sehr wohl für Repräsentation zuständig. Er musste andauernd irgendwelche Instrumentalmusiken und Ballette für Feste und Turnierspiele schreiben. Darüber beklagte er sich immer wieder in seinen Briefen. Nur kennen wir von diesen Musiken heute keine Note mehr. Der Nachwelt sind nur die Werke erhalten, die er in Druck gegeben hat. Man hat das Gefühl, dass da zwei Komponisten am Werk waren: Der eine Monteverdi schrubbt seinen Dienst, sowohl in Mantua wie auch später in Venedig; der andere sitzt nachts am Schreibtisch über der Musik, die er selbst für wichtig erachtet.
Lassen Sie uns über die Wiederentdeckung Claudio Monteverdis im 20. Jahrhundert sprechen. Das ist ja eine grosse Erfolgsgeschichte. Am Opernhaus Zürich fand Mitte bis Ende der 1970er-Jahre ein Aufführungszyklus seiner Opern statt, der von Nikolaus Harnoncourt musikalisch geleitet und von Jean-Pierre Ponnelle inszeniert wurde. War der Zürcher Zyklus ein entscheidender Markstein für die Monteverdi-Renaissance?
Auf jeden Fall war es der Startpunkt für die Opernbühnen. Dass ein Opernhaus, das sonst Mozart, Verdi und Wagner spielt, sich an diesen Komponisten herantraut – das war wirklich etwas Neues. Schallplattenaufnahmen und vereinzelte Aufführungen hatte es schon vorher gegeben. Die erste Aufnahme nach den Kriterien der historischen Aufführungspraxis von L’Orfeo etwa stammt von August Wenzinger aus dem Jahr 1955, bei der übrigens Fritz Wunderlich in mehreren Nebenrollen mitgewirkt hat. Richtig begonnen hat die Wiederentdeckung 1967, zu Monteverdis 400. Geburtstag. Ich selbst habe als Mitglied des Hamburger Monteverdi-Chors bei einer L’Orfeo-Schallplattenproduktion mitgesungen, die 1974 entstanden ist. Sie wurde von Jürgen Jürgens musikalisch geleitet, Nigel Rogers sang damals den Orfeo. Es hatte sich also schon vor Zürich einiges getan. Aber der grosse internationale Erfolg der Zürcher Aufführungsserie hat Monteverdis Opern den Weg in die Spielpläne geebnet. Zu Beginn dieser Renaissance wurde übrigens in erster Linie L’Orfeo aufgeführt, hin und wieder auch Il ritorno d’Ulisse in patria. Seine heute populärste Oper L’incoronazione di Poppea war zunächst völlig aussen vor.
Warum?
Poppea litt einerseits unter dem kargen Materialstand. Es ist ja praktisch nichts aufgezeichnet. Es gibt nur ein gedrucktes Libretto und eine Melodielinie mit beziffertem Bass als Notenmaterial. Man muss jede Aufführung selbst aus dem wenigen Vorhandenen entwickeln. Andererseits gab es noch im 20. Jahrhundert eine starke Ablehnung des amoralischen Stoffes. Man traute sich nicht so recht, das auf die Bühne zu bringen. Heute ist L’incoronazione di Poppea die mit Abstand am meisten aufgeführte Oper Monteverdis, auch kleinere Häuser wagen sich an sie. Eine atemberaubende Entwicklung innerhalb eines halben Jahrhunderts.
L’incoronazione di Poppea hat Monteverdi am Ende seines Lebens geschrieben, und zwar nicht mehr für eine kleine höfische Gesellschaft, sondern für ein öffentliches Theater. Der Stoff musste – anders als L’Orfeo – das Publikum erreichen, was die Sex-and-Crime-Geschichte um den römischen Kaiser Nero ja tatsächlich auch zu leisten vermag. Wie unterscheiden sich die beiden Opern in ihrer instrumentalen Ausgestaltung?
In L’Orfeo sieht Monteverdi einen Reichtum in der Instrumentierung vor, die ein wirtschaftlich kalkulierendes Theater gar nicht hätte bezahlen können. In dem Moment, in dem die Oper kommerziell wird, schrumpfen die Orchester, beziehungsweise sie sind gar nicht mehr vorhanden. L’incoronazione di Poppea wurde lediglich von einem bunten Continuo und ein paar Violinen gespielt. Die reich instrumentierten Sinfonien und Ritornelle und die grossen Chöre, die es im Orfeo gibt, wären für ein kommerzielles Opernhaus einfach zu teuer gewesen.
Welche Entwicklungen haben in den vergangenen fünfzig Jahren in erster Linie zur Wiederentdeckung Monteverdis beigetragen?
Ganz gewiss die mediale Verbreitung seiner Werke auf Schallplatte und CD. Nikolaus Harnoncourt etwa war ja ein unglaublich zugkräftiger Name am Schallplattenmarkt. Und dann natürlich der grosse Innovationsschub in der musikalischen Praxis: Stilfragen wurden erörtert, Quellenstudium betrieben. Es gründeten sich Spezialensembles, die immer virtuoser auf den historischen Instrumenten spielten. Dirigenten wie John Eliot Gardiner, René Jacobs oder William Christie erschlossen das Repertoire und waren sehr erfolgreich damit. Auch eine spezialisierte Gesangs-Ausbildung für Alte Musik entwickelte sich. Eine anspruchsvolle Partie wie den Orfeo konnten in den 1970er-Jahren vielleicht zwei Sänger singen, einer davon war Nigel Rogers, ein ganz wichtiger Pionier für die folgenden Sänger-Generationen, die sich an seinen Einspielungen orientierten. Er hat die Beweglichkeit im Kehlkopf, die man beispielsweise für die virtuosen Verzierungen in Orfeos berühmter «Possente spirto»-Arie braucht, in Indien gelernt. Rogers hatte Unterricht genommen bei Sängern der indischen Gesangskultur. Aber er war auch einer der ersten, die sich mit Verzierungslehren aus dem frühen 17. Jahrhundert beschäftigten und in die Praxis umsetzten, was Giulio Caccini und andere dazu geschrieben hatten.
Heute ist Stilkompetenz längst eine selbstverständliche Voraussetzung für die Aufführung eines Orfeo.
Ja. Man hat zum Glück wieder vergessen, wie sehr die historische Aufführungspraxis zu Beginn als Müsli-, Aussteiger- und Kiffermusik belächelt und bekämpft wurde. Ich kann mich an Hochschulseminare erinnern, an denen interessierte Gesangsstudentinnen und -studenten nicht teilnehmen durften, weil ihre Lehrer der Meinung waren, das würde die Stimme verderben: Da wird ohne Vibrato gesungen, da gehst du nicht hin.
Der Siegeszug der historischen Aufführungspraxis war aber trotzdem nicht aufzuhalten. Hatte er aus Ihrer Sicht auch seine Schattenseiten?
Dem Kult um die exponierten Dirigenten, zu denen ja auch Harnoncourt gehörte, stand ich eher skeptisch gegenüber. Die Alte Musik war doch unter anderem auch angetreten, um von dem Karajan-Starinterpretenkult wegzukommen – und plötzlich fand das hier auch wieder statt. Ich persönlich finde auch schade, dass die Spezialisierung und die immer höher steigenden Qualitätsstandards dazu geführt haben, dass die Chöre das wunderbare Repertoire des Madrigalgesangs mehr und mehr den professionellen, solistisch besetzten Vokalconsorts überlassen haben. Stilistisch war das ein Fortschritt, für die breite Musikkultur eher ein Rückschritt.
Wo stehen wir heute mit der historischen Aufführungspraxis?
Die Bewegung ist akzeptiert und Mainstream geworden. Auch die internen Grabenkämpfe, bei denen man sich die Köpfe heissgeredet hatte und übereinander hergezogen war, gehören der Vergangenheit an. Der Ehrgeiz, in die Archive zu gehen und unbekanntes Repertoire zu entdecken, hat nachgelassen, obwohl man auch sagen muss, dass inzwischen schon viel Spannendes ausgegraben und veröffentlicht ist. Der Einzug in die Mitte des Musikbetriebs hat auch bei der Alten Musik viel Mittelmass hervorgebracht. Aber das stört mich nicht. Ich geniesse es sehr, Barockopern auf dem hohen Niveau, das heute möglich ist, zu erleben. Zu meinen Sternstunden der jüngeren Zeit gehört übrigens eine Aufführung am Opernhaus Zürich von Jean-Philippe Rameaus Platée, die ich im vergangenen Herbst gehört habe.
Und was ist Ihr Traum als Monteverdi-Forscherin? Lassen Sie mich raten: Sie würden gerne noch die verschollene Oper L’Arianna aus irgendeinem Archiv ziehen.
Jeder will L’Arianna finden. Aber ich schätze mal, die Noten sind beim Sacco di Mantova in Flammen aufgegangen, oder irgendjemand hat sie nichtsahnend als Fidibus benutzt. Meine These ist, dass Monteverdi von L’Arianna als Gesamtoper nicht so überzeugt war wie von L’Orfeo. Sie war ein Auftragswerk, bei dem ihm sehr viele Leute reingeredet haben. Er schreibt später auch, dass er sich bei dieser Oper sehr gequält und geärgert habe. Vielleicht war ihm am Ende nur das berühmte, erhaltene Lamento d’Arianna wichtig, das er ja dann auch separat veröffentlicht hat, und der ganze Rest bedeutete ihm nicht so viel. Aber diese These ist genauso spekulativ wie die Hoffnung, dass die Noten noch irgendwo liegen.
Die Musikwissenschaftlerin Silke Leopold war bis zu ihrer Pensionierung Professorin für Musikwissenschaft an der Universität Heidelberg. Ihr Forschungs-Schwerpunkt liegt in der Musik des 16. bis 18. Jahrhunderts. Ihre Bücher über Claudio Monteverdi sind Standardwerke.
Das Gespräch führte Claus Spahn.
Dieser Artikel ist erschienen im MAG 112, Mai 2024.
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Nachgefragt: Ottavio Dantone über «L'Orfeo»
«L’Orfeo» gilt gemeinhin als erste Oper überhaupt. Stimmt das, Ottavio Dantone? Der Dirigent gibt Auskunft über Monteverdis Genie, seinen Zugang zu Alter Musik und die Zürcher Produktion.
Drei Fragen an Andreas Homoki
Herr Homoki, die nächste Premiere ist Claudio Monteverdis Oper L’Orfeo. Mit dieser Produktion haben Sie nun alle erhaltenen Bühnenwerke dieses Komponisten in Ihrer Amtszeit neu präsentiert. Wie wichtig ist Ihnen dieser Werkzyklus?
Monteverdi liegt uns am Herzen, weil das Opernhaus Zürich eine besondere Verbindung zu diesem Komponisten hat, seit Nikolaus Harnoncourt und Jean-Pierre Ponnelle dessen Opern in den siebziger Jahren hier exemplarisch aufgeführt und wieder zu neuem Leben erweckt haben. Aber ich muss gestehen, dass ein neuer Monteverdi-Zyklus nicht ganz oben auf unserer Prioritätenliste stand, als wir hier angefangen haben. Dafür hatten wir, gerade im Barockrepertoire, zu viele andere Ideen. Wir wollten unbekannte Opern entdecken und vernachlässigte Komponisten des 17. und 18. Jahrhunderts aufführen. Umso schöner ist es, dass sich ein kompletter Zyklus nun trotzdem ergeben hat, zumal wir ja dank unseres Ensembles La Scintilla eine unvergleichliche stilistische Kompetenz haben, diesen Komponisten aufzuführen.
Sind Sie zufrieden mit der szenischen und musikalischen Qualität der Monteverdi-Produktionen?
Absolut. Ich finde, wir haben da eine grossartige ästhetische Vielfalt hingekriegt, die zeigt, wie viele musiktheatralische Möglichkeiten in den Opern von Monteverdi stecken und wie relevant dieser Komponist für uns bis heute sein kann. Wenn ich an Willi Decker zu Beginn meiner Intendanz zurückdenke, der Il ritorno d’Ulisse in patria ganz reduziert als Welttheater auf einer nahe zu leeren Drehbühne gezeigt hat oder an die extrem farbige Poppea von Calixto Bieito, der den Theaterraum aufgebrochen hat, indem er das Publikum auch auf der Bühne platzierte und auf einem Steg rund um den Orchestergraben herum spielen liess. Dann hatten wir Christian Spucks fein gezeichnetes, empfindsames Ballett zu den Madrigalen von Monteverdi. Und jetzt kommt wieder eine andere Regieästhetik, wenn Evgeny Titov L’Orfeo inszeniert. Er hat in der vergangenen Spielzeit mit George Benjamins zeitgenössischer Oper Lessons in Love and Violence gezeigt, wie suggestiv seine Bildwelten sind und wie genau gezeichnet er Figuren auf die Bühne zu bringen versteht. So stelle ich mir einen spannenden Werk-Zyklus vor – immer neu, immer anders und immer stark in der Theatralität.
Wie wichtig sind Ihnen grundsätzlich Werkzyklen als programmatisches Gestaltungselement des Spielplans?
Ich bin, ehrlich gesagt, kein grosser Freund davon. Ich bin halt Regisseur und will zunächst, dass jede Produktion für sich musikalisch und szenisch stringent ist und musiktheatralische Glaubwürdigkeit entwickelt. Das ist mir wichtiger als irgendwelche spielzeitübergreifende dramaturgische Konzepte. Die mögen gut fürs Feuilleton sein, aber zum Gelingen einer Produktion tragen sie erstmal nichts bei. Warum soll man Werke, die nicht zwingend zusammengehören, als Zyklus präsentieren, nur, weil sie vom gleichen Komponisten stammen? Warum sollte ich beispielsweise die drei Da-Ponte-Opern von Mozart einem Regisseur anvertrauen und die Stücke, die ja sehr unterschiedlich sind, in eine gemeinsame, übergeordnete Ästhetik zwingen? Ich sehe da den künstlerischen Mehrwert nicht. Das klingt jetzt etwas dogmatischer, als ich es meine. Wir verfolgen in unserer Spielplangestaltung natürlich auch programmatische Linien und haben beispielsweise die drei Tudor-Opern von Donizetti zu einer Trilogie zusammengefasst. Aber ganz grundsätzlich finde ich: Ästhetische Vielfalt macht die Spielpläne spannender, als sie am dramaturgischen Reissbrett zu ertüfteln.
Dieser Artikel ist erschienen im MAG 112, Mai 2024.
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Wie machen Sie das, Herr Bogatu?
Flysch von Zumaia
Wissen Sie, was Flysch ist? Das ist ein Begriff aus der Geologie, der dünne Schichten von Tonsteinlagen bezeichnet, die sich mit Schichten aus grobkörnigem Material abwechseln. Eine Bildersuche im Internet mit dem Begriff «Flysch von Zumaia» liefert beeindruckende Fotos von Flysch und eine Vorstellung davon, wie grosse Teile des Bühnenbildes von «Orfeo» aussehen: Riesige, stehende Gesteinsformationen mit scharfen Trennlinien bilden die Kulisse des Bühnenbildes.
Das Ganze ist so spektakulär, dass Sie nach dem Besuch der Vorstellung den Wunsch verspüren werden, solche Formationen auch in Ihrem Wohnzimmer einzubauen. Unser Theaterplastiker Andi Gatzka und sein Team wissen, wie es geht:
Davon ausgehend, dass Ihr Wohnzimmer die üblichen Bühnenabmessungen hat, benötigen Sie ca. 50 Kubikmeter Styropor, 500 Quadratmeter Baumwollstoff, 250 Kilogramm Holzleim, 40 Dosen PU Schaum, 1,2 Tonnen Acrylmasse als Überzug und eine Putzmeisterspritzpistole. Kleiner Tipp: Decken Sie vor den folgenden Arbeiten Ihnen wichtige Einrichtungsgegenstände ab.
Beginnen Sie damit, das Styropor zu einer 9 Meter hohen, 16 Meter breiten und 20 Zentimeter tiefen Wand zusammenzusetzen. Nun schneiden Sie aus dieser Wand 5 bis 10 Zentimeter dicke, 20 Zentimeter tiefe und 9 Meter lange Streifen. Möglichst immer unterschiedlich dick. Jede dieser ca. 250 Streifen wird später eine sichtbare Schicht der Felsformation bilden. Greifen Sie nun nach einem Ihrer langen und vor allem scharfen Küchenmesser und schnitzen Sie bei jedem einzelnen Streifen entlang der 9 Meter langen Oberkante eine sehr unruhige Oberfläche: Nehmen Sie mal 15 Zentimeter weg, mal 2 Zentimeter. Hacken Sie mal rein, runden Sie auch mal ab: Möglichst unruhig. Wenn Sie nicht weiterwissen, schauen Sie nochmals auf die Bilder im Internet. Kleben Sie nun mit dem PU Schaum die einzelnen Styroporstreifen mit der nicht geschnitzten 9 Meter langen Rückseite senkrecht stehend direkt auf Ihre Zimmerwand. Die geschnitzte Seite schaut dabei in den Raum. Achten Sie dabei darauf, dass die 250 Schichten deutliche Versätze zueinander haben – erst das macht das typische spannende Spiel der Felsbänder aus.
Da Styropor eine sehr verletzliche Oberfläche hat, die noch dazu schwer zu bemalen ist, bekleben Sie anschliessend die Oberfläche mit einem dünnen Stoff. Wir empfehlen dafür Schleiernessel, den Sie mit dem Holzleim gut auf das Styropor kleben können. Nun ist die Oberfläche wiederum zu glatt. Deswegen füllen Sie die 1,2 Tonnen Acrylmasse in die Spritzpistole und überziehen Ihre gesamte Wand zweimal mit einer dünnen Schicht Acrylputz. Dadurch entsteht eine raue Steinoberfläche, und Sie haben nun typische Flyschschichten erzeugt. Nach dem Trocknen einfach in den gewünschten Farben anmalen – unsere Bühnenbildnerin Chloe Lamfort entschied sich auf unserer Bühne für ein mattes Schwarz, passend zur Unterwelt, aus der Orfeo seine Geliebte Eurydike zurückholen möchte.
Der geologische Begriff Flysch ist übrigens schweizerdeutsch: Er soll aus dem lokalen Dialekt im Simmental stammen und dort schieferartiges, leicht erodierbares Material bezeichnen.
Sebastian Bogatu ist Technischer Direktor am Opernhaus Zürich.
Dieser Artikel ist erschienen im MAG 112, Mai 2024.
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Fotogalerie
Ich sage es mal so
Stumme Antworten auf grundsätzliche Fragen – mit Krystian Adam, der in Claudio Monteverdis Oper «L'Orfeo» die Titelrolle singtIch sage es mal so ist eine Interviewform in unserem MAG, in der Künstlerinnen und Künstler des Opernhauses - nach einer Idee des SZ-Magazins - in Form eines Fotoshootings Auskunft über sich geben
Volker Hagedorn trifft...
Krystian Adam
Krystian Adam hat in Breslau und Mailand Musik studiert und liebt seine polnische Heimat ebenso sehr wie Italien, wo er auf Sardinien zu Hause ist. Monteverdis Orfeo gehört zu seinen Paraderollen. Er hat ihn beispielsweise auf einer Welttournee zum 450. Geburtstag des Komponisten unter John Eliot Gardiner gesungen.
Wenn es etwas gibt, das Sängerinnen und Sänger in Interviews selten tun, dann ist es Singen. Sie sprechen viel und gern über ihre Kunst, manche bis auf historische Details genau oder bestimmte Intervalle, manche lieber über die Gefühle in ihrer Rolle. Aber Töne lassen sie kaum hören. Und die meisten sprechen so, dass ein Aussenstehender nicht auf die Idee käme, sie als Sänger zu identifizieren, also normal, ungestützt, eher leise, wenn auch vielleicht etwas klarer prononcierend als andere Leute. So unauffällig spricht auch Krystian Adam, der Tenor. Aber er singt oft bei unserem Gespräch in der Cafeteria der Oper Zürich, gleichsam ohne seinen Redefluss zu unterbrechen, mezzopiano, akustische Vignetten mit leichter Stimme, um etwas zu verdeutlichen. Das geht von Monteverdi bis, ja doch, Chopin, bis zur Polonaise As-Dur opus 53…
Am ausführlichsten singt Krystian, als er von einem gefährlichen Moment seiner Karriere erzählt, von einer jener barocken Arien, in denen man auch Töne singen muss, die nicht da stehen, selbsterdachte Verzierungen, Koloraturen, Kadenzen. «Das war beim Festival in Santiago di Compostela. Ich hatte noch nicht viel Erfahrung und improvisierte eine Kadenz, begann und wusste nicht mehr, wo ich war.» Er singt, ganz entspannt dasitzend, leise eine Skala aufwärts, setzt neu an, noch eine, es geht treppauf und treppab, bis zu einem Triller … «Wenn diese Note jetzt nicht auf die Tonika passt, habe ich trouble! Ich war so gespannt. Und das Orchester spielte den Akkord, uff, ein 100-Kilo-Gewicht fiel mir von den Schultern! So etwas habe ich dann lange nicht mehr riskiert.»
Es gehe ja auch nicht nur darum, nach Koloraturen richtig zu landen, sondern auch, die Verzierung dem Affekt der Arie anzupassen, Wut brauche andere Töne als Übermut. Inzwischen könne er ganz gut improvisieren, «aber an jedem Abend eine andere Kadenz singen, das mache ich nicht.» Für eine der berühmtesten Arien im Orfeo, mit dem Krystian in Zürich debütiert, habe Claudio Monteverdi ohnehin selbst eine Kadenz geschrieben, für «Possente spirito», den Gesang, mit dem es Orpheus gelingt, in die Unterwelt vorzudringen, um seine geliebte Eurydike zurück ins Leben zu holen. «Es ist meine Lieblingsrolle», meint der Tenor, «superschwierig, nicht nur musikalisch. Was der fühlt, ist unglaublich.» Identifiziert er sich mit diesem Helden? «Das Wichtigste im Leben», sagt Krystian in seinem gepflegten, dezent polnisch gefärbten Englisch, «ist lieben und geliebt werden. Wenn man die Liebe des Lebens findet, tut man alles für sie oder ihn. Jeder von uns ist dieser Orfeo. Nur hat vielleicht nicht jeder diesen Mut.» Einmal seien ihm die Tränen gekommen, als er «Tu se’ morta» sang, «Du bist tot, mein Leben, und ich atme noch?» «Das war mir so nah, und es muss auch real sein. Man kann das nicht schauspielern. Ich glaube, dass in vielen Rollen die wahre Empfindung für das Publikum wichtiger ist, als dass alles perfekt gesungen wird. Ich sah mal Tosca mit einem verheiraten Paar, ein Liebesduett mit Tosca und Cavaradossi, das war nur fake. Sie waren im wahren Leben verheiratet, aber auf der Bühne war gar nichts.» Das ginge ihm mit seiner Frau, der Sopranistin Natalia Rubiś, wohl anders. Die beiden treten mitunter auch gemeinsam auf, aber weder in Orfeo noch in Tosca, denn ihre Domäne ist die Oper des 19. Jahrhunderts und seine die der beiden Jahrhunderte davor. Was keineswegs Krystians ersten Plänen entsprach – gerade Puccinis Tosca hatte ihn schon als kleinen Jungen beeindruckt, «alles war so schön, obwohl ich nichts verstand!» Sein Weg zum Gesang begann im schlesischen Städtchen Jawor, «in einem Haus voller Musik, meine Eltern sind keine Musiker, aber sie hörten alles Mögliche. Eine Tante hatte ein Klavier, auf dem probierte ich ein bisschen und sagte, das möchte ich auch haben, mit sechs. Mein Vater meinte, na gut, wir besorgen ein Klavier und gucken, was passiert.» Krystian lernte schnell, mit elf durfte er auch in der Kirche Orgel spielen, «singen musste ich da auch», ein Gesangslehrer hörte das und schickte ihn zu einem Kollegen ins 70 Kilometer entfernte Wrocław.
Bei diesem Breslauer Lehrer, Bogdan Makal, hat er dann auch Gesang studiert, mit den grossen italienischen Opern im Sinn. «Ich dachte, wer Sänger sein will, muss Tosca und Traviata singen.» Mit dem Ziel setzte er das Studium auch in Mailand fort, am Konservatorium, sang mit im Chor der Scala und war nicht gerade begeistert, als ein Dirigent ihn für ein Programm mit Händel fragte. «Naja, als Student brauchte ich Geld… Danach sagte der, ich glaube, diese Musik ist perfekt für dich. Lass uns noch etwas probieren. Und ich begann die barocke Musik Schritt für Schritt zu lieben. Man öffnet die Tür und sieht mehr und mehr Licht und dann einen schönen Garten…» Es ging noch ein anderes Licht auf in Mailand. Sein polnischer Lehrer rief an und bat ihn, einer seiner Studentinnen, die dort studieren wollte, die Stadt zu zeigen. «Sie war mit ihrem Freund da und ich mit meiner Freundin, also, das war nicht so einfach… es ist sechzehn Jahre her, und seit elf Jahren sind wir verheiratet.» Wie er, hat sich auch Natalia in die Insel Sardinien verliebt, wo die beiden inzwischen ihren zweiten Wohnsitz haben, neben Warschau. «Viele Reisen, ja. Aber nur an einem Ort halte ich es sowieso nicht aus. Ich träumte schon als Junge von grossen Reisen.»
Mir fällt ein, wieviele polnische Künstler Kosmopoliten sind und zugleich sehr ihrem Land verbunden. Gibt es so etwas wie eine polnische musikalische Identität? «Danke für die Frage! Ich könnte die ganze Zeit Chopin hören. Besonders, wenn ich lange weg bin. Schon zwei Akkorde sagen etwas über Polen.» Er singt den Anfang des Themas der As-Dur-Polonaise, so berühmt, dass man darin fast schon das ganze Stück hört. Aber einer wie Krystian – der als Pianist das Stück ja auch selbst spielen kann – hört noch mehr: «It’s so Polish inside! Da fühle ich mich wirklich zu Hause.» Und er singt gleich weiter …
Ein anderes musikalisches Zuhause ist für ihn die Szene italienischer Barockinterpreten, zu der auch Ottavio Dantone zählt, der Dirigent des Zürcher Orfeo. Zeitweise war Dantone auch Cembalist des Mailänder Ensembles Il giardino armonico, für das sich der Sänger schon als Student begeisterte. «Das waren für mich die Götter der Barockmusik! Das ist nicht die höfliche englische Art, tantakadamm…», er deutet singend einen Rhythmus an, «das ist die italienische Art», derselbe Rhythmus mit mehr Kante und Drive. «Sie bringen all diese Musik als Musik von heute. Das ist alles zusammen, Barock, Rock, Pop…» Als er später für einen Auftritt mit diesen Musikern angefragt wurde, konnte er sein Glück kaum fassen und hielt mitten auf der abgelegenen Strasse an, wo ihn im Auto der Anruf seiner Agentur erreicht hatte. «Ich fühle mich noch heute ein bisschen wie ein Schuljunge, wenn ich mit ihnen arbeite.» Indessen war es doch ein Engländer, nämlich John Eliot Gardiner, der Krystian darauf brachte, wieviel Pop auch im Orfeo steckt, etwa in «Vi ricorda, o bosch’ ombrosi». Auch eines der Stücke, die er nur ansingen muss, um alles wachzurufen. «Er sagte, du kommst damit wie Elvis Presley auf die Bühne! Ja, Orfeo ist auch ein Popstar.» Genau deswegen reizte es Krystian auch, beim Projekt Orfeo 2.0 mitzumachen, bei dem das Leverkusener Ensemble L’arte di mondo neben Streichern und Laute auch E-Gitarren und Schlagzeug einsetzt. «Meine Agentur riet ab: Du hast Orfeo mit Gardiner in der Carnegie Hall gemacht – und jetzt so etwas? Aber ich experimentiere gern. Wenn man im Theater weinen kann, ist alles gut, egal mit welchen Instrumenten.»
Wie wahr das ist, merke ich auf der Bühnenprobe nach unserem Gespräch. Es ist die erste Probe auf der grossen Bühne, noch mit einem Klavier im Graben. Schon die ersten Harmonien reissen einem das Herz auf. Dann kniet Orfeo neben dem offenen weissen Sarg, hebt die Hand der Toten hoch, an der der Ehering funkelt, und Krystian Adam erhebt seine geschmeidige Stimme zu jenem «Rosa del ciel», mit dem Orfeo sonst sein Glück besingt. Es ist nur eine Probe. Aber wenn der ganze Abend so wird, werden die Leute mehr als ein Taschentuch brauchen.
Das Gespräch führte Volker Hagedorn.
Dieser Artikel ist erschienen im MAG 112, Mai 2024.
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Zwischenspiel, 16.05.24
Claudius Herrmann – Vielseitigkeit als Lebensform
Der langjährige Solo-Cellist der Philharmonia Zürich gehört zu den prägenden musikalischen Persönlichkeiten des Opernhauses und spielt Continuo in Claudio Monteverdis Oper «L’Orfeo». Woher nimmt er seine ewige Neugier auf Neues? Was gefällt ihm an Monteverdi, Wagner und der Streichquartett-Literatur? Zum Podcast
«This or That» mit Evgeny Titov, Regisseur von «L'Orfeo»
Wärst du lieber alleine im Himmel, lieber Evgeny Titov, oder zusammen in der Hölle? Kurz und knapp beantwortet der Regisseur unseres «Orfeo» existenzielle Fragen rund um die Orpheus-Sage.
Fragebogen
Josè Maria Lo Monaco
Josè Maria Lo Monaco ist eine passionierte Sängerin im Barockrepertoire, steht aber auch in Opern von Rossini und Mozart auf den internationalen Opernbühnen von Mailand bis Paris. Gemeinsam mit dem Ensemble La Venexiana hat sie die drei erhaltenen Monteverdi-Opern auf einer mit dem Gramophone Award ausgezeichneten CD aufgenommen. Kürzlich veröffentlichte sie ihr erstes Soloalbum «All’amore immenso».
Aus welcher Welt kommst du gerade?
Aus der Welt der Kinderlieder! Von den «filastrocche», ein italienischer Begriff, den ich sehr mag. Ich habe sie als Kind gerne gesungen, und sie gehören immer noch zu meinem Alltag, weil ich sie im Moment meinem zweijährigen Sohn vorsinge. Sie sind eine Möglichkeit, ihn zum Einschlafen zu bringen und ihm durch den Gesang meine Liebe zu vermitteln. Letzteres tue ich ja auch auf der Opernbühne.
Was bedeutet dir die Musik von Monteverdi?
Sie ist der Beginn der Oper, aber für mich auch der Beginn meiner Karriere. Ich hatte das Glück, seine Musik bei meinen ersten grossen Debüts und Aufnahmen zu singen. Mit Monteverdi hat für mich alles begonnen. Ich hatte von Beginn meiner Karriere an die Gelegenheit, Monteverdi mit grossen Dirigentenpersönlichkeiten der Alten Musik zu singen wie Jordi Savall, Alan Curtis, Andrea Marcon und natürlich Ottavio Dantone, dem Dirigenten unserer Zürcher Produktion. Ihm habe ich sehr viel zu verdanken, mehr als jedem anderen. Er hat mir so viel beigebracht.
Worauf kommt es an, wenn man Monteverdi gut singen will?
Man muss diesen Komponisten kennen und respektieren. Das Wort ist in seinen Werken Königin, die Musik erhaben. Man muss der Sprache Bedeutung bei messen, aber auch den Pausen und dem Schweigen, als ob man mit der Stimme ein Bild malen würde, indem man die gesamte Farbpalette einsetzt. Das ist die Schönheit der Barockmusik. Sie erlaubt, jeder Phrase Intensität und Ausdruckskraft zu verleihen, um das Publikum und mich selbst zu bewegen.
In L’Orfeo singst du die Messagera, die Todesbotin. Welche Charakterzüge hat diese Figur?
«Silvia, die Freundliche» wird sie an einer Stelle des Librettos genannt. Es ist kein Zufall, dass Monteverdi eine Botin mit der Tugend der Freundlichkeit mit der schweren Aufgabe betraut, Orfeo die Nachricht von Euridices Tod zu überbringen. Ihr Auftritt auf der Bühne verändert die Atmosphäre völlig: Alle, nicht nur Orfeo, hängen an ihren Lippen, wenn sie erzählt, wie Euridice von der Schlange gebissen wurde. Die Messagera hat keine Angst vor dem Tod, aber sie erfährt Orfeos Schmerz so intensiv, dass sie sich selbst schuldig fühlt.
Welches Buch würdest du niemals aus der Hand geben?
Ich werde die Bücher, die aus Worten und Noten bestehen, niemals zur Seite legen – die Partituren!
Welchen überflüssigen Gegenstand in deiner Wohnung liebst du am meisten?
Meine Küchenmaschine! Ich liebe sie, weil sie meine Hoffnung ist. Sie könnte eine grosse Hilfe sein, denn ich bin keine begnadete Köchin. Aber ich benutze sie so selten, dass sie wahrscheinlich der nutzloseste Gegenstand im Haus ist, den ich aber nicht aufgeben würde.
Du kannst Monteverdi treffen. Worüber wirst du auf jeden Fall mit ihm sprechen?
Ich wünschte, ich könnte ihn treffen! Zuerst würde ich ihm unendlich danken, dann würde ich ihn sofort bitten, mit mir zu spielen.
Dieser Artikel ist erschienen im MAG 112, Mai 2024.
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Backstage
Wir haben einen Plan
Der finstere Caronte ist in der griechischen Mythologie der unbestechliche Fährmann, der mit einem Kahn die Toten über den Fluss Styx in den Hades übersetzt. Kein Lebender kommt an ihm vorbei. In der Oper von Monteverdi aber überlistet Orfeo Caronte, indem er ihn mit seinem schönen Gesang besänftigt und einschläfert...
In unserer neuen Inszenierung von «L’Orfeo» markiert eine riesige, schwere Metalltür den Übergang ins Totenreich, und Caronte wacht als furchterregender Wappenkopf über dem Eingang. Wie aber bringt man einen Wappenkopf zum Singen? Das ist eine weitere Aufgabe für unsere findige Theaterplastik, die auch schon Drachen, Krähen und Hühner lebendig werden liess. In ihrer Werkstatt haben sie ein mechanisches Gesicht ertüftelt, das zunächst einmal vor allem den Mund öffnen können sollte, wenn der Bass Mirco Palazzi unsichtbar seine finstere Arie orgelt. Und natürlich sollten sich die Augen schliessen, wenn Caronte wegschlummert. Aber das war unseren Theaterplastikern noch nicht genug. Jetzt kann Caronte auch noch grimmig die Augenbrauen zusammenziehen, die Lippen bewegen und einiges mehr.
Dieser Artikel ist erschienen in MAG 112, Mai 2024. Dort ist auch der tatsächliche Plan zu sehen.
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Biografien
Ottavio Dantone, Musikalische Leitung
Ottavio Dantone
Ottavio Dantone studierte Orgel und Cembalo am Konservatorium «Giuseppe Verdi» in Mailand. Seit der Spielzeit 2023/24 ist er Musikdirektor des Haydn-Orchesters von Bozen und Trient und ab 2024 Musikdirektor der Innsbrucker Festwochen der Alten Musik. Als spezialisierter Interpret der Alten Musik leitet er seit 1996 die Accademia Bizantina, der er bereits seit 1989 als Cembalist angehört. Er hat den Weg des Ensembles an die heutige Spitzenposition entscheidend geprägt und ist mit diesem in Konzertsälen wie der Berliner Philharmonie, dem Konzerthaus Wien und dem Concertgebouw Amsterdam aufgetreten. 2021 wurde die Accademia Bizantina vom Gramophone Classical Music Award als «Orchester des Jahres» nominiert. Sein Debüt als Operndirigent gab Ottavio Dantone 1999 mit der Uraufführung von Giuseppe Sartis Giulio Sabino am Teatro Alighieri in Ravenna. Seither war er zu Gast bei den renommiertesten Festivals, Konzert- und Opernhäusern der Welt, darunter das Teatro alla Scala in Mailand, die Berliner Staatsoper, die Salzburger Festspiele, das Glyndebourne Festival, das Teatro Real in Madrid, die Opéra de Paris, das Opernhaus Zürich, die Bayerische Staatsoper, das Maggio Musicale Fiorentino, die London Proms, die Hamburger Elbphilharmonie, das Lincoln Center, die Wigmore Hall, das Barbican Centre, das Amsterdam Concertgebouw, der Pierre Boulez Saal und die Kölner Philharmonie. 2020 wurde er von Staatspräsident Sergio Mattarella zum Kommandeur des Verdienstordens der Italienischen Republik ernannt und ist seit 2022 «Accademico di Santa Cecilia».
Evgeny Titov, Inszenierung
Evgeny Titov
Evgeny Titov wurde 1980 in Kasachstan geboren. Nach seiner Schauspielausbildung an der Theaterakademie St. Petersburg arbeitete er mehrere Jahre lang als Schauspieler, bevor er sein Regiestudium am Max Reinhardt Seminar in Wien begann. Dort entwickelte er erste Arbeiten, u.a. Copis Schlangennest, das als Gastspiel am Wiener Burgtheater zu sehen war und Gogols Die Heirat, das zum Körber Studio für Junge Regie 2016 am Thalia Theater Hamburg eingeladen wurde. Anschliessend führten ihn Engagements an viele bedeutende Häuser. Am Schauspielhaus Dresden inszenierte er 2016 die Uraufführung von Martin Heckmanns’ Mein Herz ist rein; am Landestheater Linz waren 2017/18 seine Regiearbeiten von Frühlings Erwachen und Assassins von Stephen Sondheim und John Weidman zu sehen. Am Düsseldorfer Schauspielhaus entstanden Arthur Millers Hexenjagd und Bulgakows Hundeherz sowie am Hessischen Staatstheater Wiesbaden Der eingebildete Kranke und Wassa Schelesnowa. Seine erste Opernregie erfolgte mit Lady Macbeth von Mzensk am Hessischen Staatstheater Wiesbaden. Weitere Arbeiten waren Maxim Gorkis Sommergäste bei den Salzburger Festspielen 2019, Œdipe von George Enescu an der Komischen Oper Berlin 2021, Gier unter Ulmen am Residenztheater München 2022 und L’incoronazione di Poppea an der Opéra Strasbourg 2023. Seit 2016 ist er zudem als Dozent an der Hochschule für Schauspielkunst «Ernst Busch» in Berlin tätig. Am Opernhaus Zürich inszenierte er zuletzt George Benjamins Oper Lessons in Love and Violence.
Chloe Lamford, Bühnenbild
Chloe Lamford
Chloe Lamford ist Bühnenbildnerin und arbeitet in den Bereichen Theater, Oper, Musik und Installation. Sie absolvierte eine Ausbildung in Theatre Design an der Wimbledon School of Art und erhielt 2013 das Arts Foundation Fellowship for Design for Performance. Sie ist Associate Designerin am Royal Court Theatre in London, wo sie Räume für Is God Is, Shoe Lady, The Cane, Pity, Gun Dog, Victory Condition, B, Road, Unreachable, The Twits, God Bless The Child, How to Hold Your Breath, Circle Mirror Transformation, Teh Internet is Serious Business, 2071 und Open Court entwarf. 2017 kreierte sie mit The Site einen temporären Theaterraum und eine Installation. Für das Londoner National Theatre entstanden u.a. The Antipodes, Phaedra, Othello, John, Amadeus und The World of Extreme Happiness. Weitere Produktionen führten sie u.a. an den New Yorker Broadway (Hilary and Clinton), das Theater Basel (Hexenjagd), die Schaubühne in Berlin (u.a. Atmen und Ophelias Zimmer) sowie an das Old Vic (The American Clock). Für ihre Arbeit bei Small Miracle am Tricycle Theatre in Kilburn erhielt sie den britischen Theaterpreis für das «Beste Bühnendesign». In der Oper arbeitete sie u.a. bereits am Royal Opera House, Covent Garden (Theodora, Rusalka), der Royal Danish Opera (The Handmaid’s Tale), der English National Opera (La bohème), der Opéra Comique in Paris (Miranda) sowie beim Festival d’Aix-en-Provence (Ariadne auf Naxos, Alcina, Pelléas et Mélisande). Zu ihren jüngsten Arbeiten gehören Julie am Internationaal Theater Amsterdam, Cyrano de Bergerac an der Comédie-Française sowie Next to Normal im Londoner West End und am Donmar Warehouse.
Noemi Daboczi, Bühnenbild
Noemi Daboczi
Die in London ansässige Bühnenbild- und Kostümdesignerin Noemi Daboczi arbeitet international in den Bereichen Bühne, Film und Kunstfotografie. Zu ihren jüngsten Arbeiten gehören das Bühnen- und Kostümdesign für Arminio am Royal Opera House, Covent Garden und das Kostümdesign für das Festival of New Choreography des Royal Ballet. Derzeit arbeitet sie mit der Theaterkompanie Punchdrunk an mehreren Projekten und ist Designerin für Grud am Hampstead Theatre in Zusammenarbeit mit Jaz Woodcock-Stewart. Sie war Mitgestalterin von Katie Mitchells für den Olivier Award nominierter Theodora (Royal Opera House) sowie von Simon Stones Innocence (Finnische Nationaloper). Ihre umfangreiche Filmerfahrung umfasst Produktionsdesigns für u.a. Arabian Oud, Panasonic und The Savoy. Ihr Entwurf für Tarnóczi Jakabs Inszenierung von Shakespeares A Midsummer Night’s Dream am rumänischen Szigligeti-Theater wurde im Victoria & Albert Museum in London ausgestellt.
Annemarie Woods, Kostüme
Annemarie Woods
Die irische Kostüm- und Bühnenbildnerin Annemarie Woods gewann gemeinsam mit dem britischen Regisseur Sam Brown im Jahr 2011 den Ring Award in Graz. Zu ihren jüngsten Arbeiten gehören das Kostümdesign für Don Giovanni (Griechische Nationaloper Athen, Regie John Fulljames), Aida (Royal Opera House Covent Garden in London, Regie Robert Carsen) sowie Kostüme und Bühne für The Handmaid’s Tale (English National Opera, Regie Annilese Miskimmon). Sie entwarf die Kostüme für Girl with a Pearl Earring am Opernhaus Zürich in der Regie von Ted Huffman, mit dem sie eine langjährige Zusammenarbeit verbindet (u. a. Rinaldo an der Oper Frankfurt, Madama Butterfly am Opernhaus Zürich, Salome an der Oper Köln, A Midsummer Night’s Dream in Montpellier). Ausserdem war sie Bühnen- und Kostümbildnerin bei Billy Budd in der Regie von Annilese Miskimmon an Den Norske Opera & Ballet in Oslo. Regelmässig arbeitet Annemarie Woods an der Northern Ireland Opera in Belfast, zuletzt für Radamisto und Don Giovanni. Weitere Stationen ihrer Laufbahn sind die Welsh National Opera, das Wexford Festival, die Opéra national de Lorraine in Nancy, das Luzerner Theater, die Oper Graz, das Landestheater Linz, die Bayerische Staatsoper und das Badische Staatstheater Karlsruhe. Am Opernhaus Zürich entwarf sie zuletzt Bühnenbild und Kostüme für Il trovatore.
Martin Gebhardt, Lichtgestaltung
Martin Gebhardt
Martin Gebhardt war Lichtgestalter und Beleuchtungsmeister bei John Neumeiers Hamburg Ballett. Ab 2002 arbeitete er mit Heinz Spoerli und dem Ballett Zürich zusammen. Ballettproduktionen der beiden Compagnien führten ihn an renommierte Theater in Europa, Asien und Amerika. Am Opernhaus Zürich schuf er das Lichtdesign für Inszenierungen von Jürgen Flimm, David Alden, Jan Philipp Gloger, Grischa Asagaroff, Matthias Hartmann, David Pountney, Moshe Leiser/Patrice Caurier, Damiano Michieletto und Achim Freyer. Bei den Salzburger Festspielen kreierte er die Lichtgestaltung für La bohème und eine Neufassung von Spoerlis Der Tod und das Mädchen. Seit der Spielzeit 2012/13 ist Martin Gebhardt Leiter des Beleuchtungswesens am Opernhaus Zürich. Eine enge Zusammenarbeit verbindet ihn heute mit dem Choreografen Christian Spuck (u.a. Winterreise, Nussknacker und Mausekönig, Messa da Requiem, Anna Karenina, Woyzeck, Der Sandmann, Leonce und Lena, Das Mädchen mit den Schwefelhölzern). Er war ausserdem Lichtdesigner für die Choreografen Edward Clug (u.a. Strings, Le Sacre du printemps und Faust in Zürich), Alexei Ratmansky, Wayne McGregor, Marco Goecke, und Douglas Lee. Mit Christoph Marthaler und Anna Viebrock arbeitete er beim Händel-Abend Sale und Rossinis Il viaggio a Reims in Zürich sowie bei Lulu an der Hamburgischen Staatsoper zusammen und mit Jossi Wieler und Sergio Morabito an der Oper Genf für Les Huguenots. 2023 gestaltete er das Licht für Spucks Ballett Bovary beim Staatsballett Berlin und 2024 Rossinis Tancredi an den Bregenzer Festspielen. Ausserdem war er Lichtdesigner bei Atonement von Cathy Marston am Opernhaus Zürich.
Marco Amherd, Choreinstudierung
Marco Amherd
Marco Amherd (*1988) ist Intendant des Davos Festival und Künstlerischer Leiter des Schweizer Vokalconsort. Sein Gespür für aussergewöhnliche Klänge zeigt sich auch in der Zusammenarbeit mit dem Vokalensemble Zürich West und dem Jungen Kammerchor Zürich. Mit dem Vokalensemble Zürich West errang er 2017 den 1. Preis in der Elitekategorie des schweizerischen Chorwettbewerbs. Beim Montreux Choral Festival gewann das Ensemble 2018 nicht nur den 1. Preis, sondern auch den Publikumspreis. 2022 sicherte sich das Ensemble den 1. Preis beim Internationalen Chorwettbewerb Flandern. Einen weiteren Höhepunkt bildete 2019 die Mitwirkung des Ensembles an der Filmmusik des Kinohits Zwingli von Stefan Haupt sowie 2022 die Beteiligung an der neuen CD der Mundartsängerin Sina. 2024 leitet er gemeinsam mit der bulgarischen Dirigentin Donka Miteva den Eurochoir. Marco Amherd engagiert sich als Mitglied der Musikkommission der Stadt Zürich: Er bringt sein Fachwissen als Dozent für Chorleitung, bei Stellenbesetzungen und als Experte bei Masterabschlüssen ein. Er ist Preisträger zahlreicher internationaler Wettbewerbe (u.a. Bach Wettbewerb Wiesbaden, Silbermann-Wettbewerb Freiberg, Kurt-Bossler-Wettbewerb Freiburg, Mendelssohn-Wettbewerb Aarau). Von 2016 bis 2018 war er Stipendiat im Forum Dirigieren des Deutschen Musikrats und erhielt beim Chorwettbewerb in Lucca 2022 den Preis als «Bester Dirigent». Er studierte Dirigieren, Orgel/Kirchenmusik (Konzert-, Lehr- und Solistendiplom) und Wirtschaftswissenschaften in Zürich, Freiburg im Breisgau und Toulouse. Seine Studien schloss er jeweils mit Auszeichnung ab.
Tieni Burkhalter, Video
Tieni Burkhalter
Tieni Burkhalter studierte Bildende Kunst an der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK), wo er sich auf Video und Videoinstallation spezialisierte. Nachdem seine Werke vorwiegend in Galerien und an Experimentalfilmfestivals gezeigt wurden, arbeitet er seit 2009 für die Bühne. Als Videoproduzent ist er eng mit dem Opernhaus Zürich verbunden. Seine Bühnenarbeit führte ihn ausserdem zu Theatern in Berlin, Hamburg, Paris, Moskau, Oslo und Savonlinna. Am Opernhaus Zürich arbeitete er mit Andreas Homoki (Der fliegende Holländer, Das Land des Lächelns, Das Rheingold, Siegfried und Die Walküre), Evgeny Titov (Lessons in Love and Violence und L’Orfeo), Jan Philipp Gloger (Die Csárdásfürstin und Le nozze di Figaro), Adele Thomas (Il trovatore), Rainer Holzapfel (Die Odyssee), Nina Russi (Coraline) und Kai Anne Schuhmacher (Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer). Für das Ballett Zürich produzierte er Videos für Christian Spuck (Anna Karenina und Das Mädchen mit den Schwefelhölzern), Marcos Morau (Nachtträume), Edward Clug (Faust) und Douglas Lee (A-Life). Er war ferner am Opernfestival Savonlinna mit Philipp Himmelmann für Aida tätig, in Berlin mit Christian Spuck für Madame Bovary und wirkt seit vielen Jahren in Dmitri Tcherniakovs Inszenierungen mit: Pelléas et Mélisande und Die Sache Makropulos am Opernhaus Zürich, Senza Sangue/Herzog Blaubarts Burg, Elektra und Salome an der Staatsoper Hamburg, La Fille de Neige und Les Troyens an der Opéra National de Paris und Tristan und Isolde an der Staatsoper Unter den Linden in Berlin.
Claus Spahn, Dramaturgie
Claus Spahn
Claus Spahn ist seit 2012 Chefdramaturg am Opernhaus Zürich. In dieser Funktion ist er massgeblich an der Spielplangestaltung des Hauses beteiligt. Er ist als Produktionsdramaturg tätig und verantwortet die zentralen Publikationen des Opernhauses wie Programmbücher, das monatliche Magazin MAG, Podcasts und Werkeinführungen. Sein Interesse gilt vor allem der modernen und zeitgenössischen Musik, dem Opernrepertoire des Barock und der Entwicklung neuer musiktheatralischer Konzepte. Er hat am Opernhaus Zürich Musiktheaterprojekte von Wolfgang Rihm, Helmut Lachenmann, George Benjamin, Roman Haubenstock-Ramati und Uraufführungen von Heinz Holliger, Christian Jost und Stefan Wirth betreut Als Produktionsdramaturg hat er für die Regisseure Sebastian Baumgarten, Herbert Fritsch, Jan Philipp Gloger, Tatjana Gürbaca, Andreas Homoki, Barrie Kosky, Nadja Loschky, David Marton und Evgeni Titov gearbeitet. Eine enge künstlerische Partnerschaft verbindet ihn ausserdem mit dem Choreografen und ehemaligen Direktor des Balletts Zürich, Christian Spuck. Für Christian Spuck war er in Zürich stückentwickelnd an den Produktionen Anna Karenina, Nussknacker und Mausekönig und Monteverdi beteiligt und hat Libretti für die Ballette Orlando nach Virginia Woolf (Uraufführung 2021 am Moskauer Bolshoi-Ballett) und Bovary nach Gustave Flaubert (Uraufführung 2023 am Berliner Staatsballett) geschrieben. Ausserdem ist er Librettist der Kammeroper Der Traum von Dir des Schweizer Komponisten Xavier Dayer, die 2017 am Opernhaus Zürich uraufgeführt wurde.
Bevor er ans Opernhaus Zürich wechselte, war Claus Spahn 14 Jahre lang Feuilletonredakteur bei der deutschen Wochenzeitung DIE ZEIT und dort verantwortlich für das Fachressort Musik. Von 1990-1997 war er als freier Musikjournalist vor allem für die Süddeutsche Zeitung und den Bayerischen Rundfunk tätig. In seiner Funktion als Journalist hat er die Entwicklungen des internationalen Kultur-, Musik- und Opernbetriebs über Jahrzehnte hinweg beobachtet und kommentiert, war Radio-Moderator, Juror bei Internationalen Musikwettbewerben und Workshopleiter für kulturjournalistisches Schreiben. Claus Spahn ist in Deutschland geboren, hat in Freiburg im Breisgau klassische Gitarre studiert und eine Ausbildung an der Deutschen Journalistenschule in München absolviert.
Krystian Adam, Orfeo
Krystian Adam
Der polnische Tenor Krystian Adam studierte an der Karol-Lipiński-Musikakademie Breslau und am Konservatorium «Giuseppe Verdi» in Mailand. An der Oper in Gliwice gab er sein Debüt als Conte d'Almaviva in Il barbiere di Siviglia, gefolgt von der Titelrolle in La clemenza di Tito und der Rolle des Paolino in Il matrimonio segreto. 2017 war er in der Titelrolle in L’Orfeo, als Telemaco (Il ritorno d’Ulisse in Patria) sowie in Vespro della Beata Vergine im «Monteverdi 450 Project» der English Baroque Soloists unter Sir John Eliot Gardiner zu hören. Weitere Engagements umfassten u.a. Arbace (Idomeneo) am Teatro Real in Madrid, die Tenorstimme in Messiah und Oronte (Alcina) an der Opéra Royale de Versailles, Bachs Magnificat mit dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin und beim Festival d'Auvers-sur-Oise, Joe (La fanciulla del West) an der Mailänder Scala, Messiah bei den Händel-Festspielen in Halle und auf Tournee in Prag, die Titelrolle in Idomeneo am Teatro La Fenice (Venedig) und am Royal Opera House, Covent Garden, Pylades (Oreste) und Bachs Matthäuspassion am Théâtre des Champs-Élysées, Strawinskys Oedipus Rex mit den Berliner Philharmonikern und Kirill Petrenko, Le père confesseur du couvent (Dialogues des Carmélites) an der Oper in Rom, Stradellas San Giovanni Battista bei den Salzburger Festspielen sowie Basilio (Le nozze di Figaro) am Royal Opera House. Er arbeitete bereits mit Dirigenten wie u.a. Rinaldo Alessandrini, Giovanni Antonini, Fabio Biondi, Ivor Bolton, Fabio Bonizzoni, Riccardo Chailly, Teodor Currentzis, Vaclav Luks, Dabiel Oren, Raphael Pichon, Andreas Spering, Jean-Christophe Spinosi und Jeffrey Tate.
Mirco Palazzi, Caronte/Plutone
Mirco Palazzi
Mirco Palazzi, Bass, stammt aus Italien und singt seit seinem Debüt als Don Giovanni 2001 an den wichtigsten Opernhäusern und Konzertsälen dieser Welt. So war er u.a. im Royal Opera House London, am Teatre del Liceu in Barcelona, an der Deutschen Oper Berlin, am Royal Danish Opera House, an der Scala in Mailand, am Maggio Musicale in Florenz, am Teatro dell’Opera in Rom sowie bei den BBC Proms, beim Rossini Opera Festival in Pesaro, beim Edinburgh Festival und beim Rossini Festival in Wildbad zu Gast. Dabei arbeitete er mit Dirigenten wie Riccardo Chailly, Gianandrea Noseda, Antonio Pappano, Daniele Rustioni und Mark Elder zusammen. Konzerte führten ihn zudem ins Barbican Center London, ins Gewandhaus Leipzig, in die Kölner Philharmonie und in die Tschaikowsky Hall in Moskau. Er sang u.a. den Graf Rodolfo (La sonnambula) im National Centre for the Performing Arts in Beijing, Polifemo (Aci, Galatea e Polifemo) am Teatro Rossini in Lugo, Raimondo Bidebent (Lucia di Lammermoor) in Sevilla, die Basspartie in der Petite Messe solennelle im Auditorium Paganini in Parma, Leporello (Don Giovanni) an der Opéra in Nizza sowie die Titelpartie in Le nozze di Figaro an der Opéra de Marseille. Er gastierte als Basilio (Il barbiere di Siviglia) an der Opéra de Rouen, sang die Basspartie in Rossinis Messa di Gloria im La Seine Musicale in Paris, Assur in einer konzertanten Vorstellung von Semiramide im Concertgebouw Amsterdam und Rodolfo in Budapest. Zudem war er 2020 beim Rossini Festival in Pesaro in der Petite Messe solennelle sowie beim Festival dei Due Mondi in Spoleto als Caronte in Monteverdis L’Orfeo zu erleben.
Mark Milhofer, Apollon
Mark Milhofer
Mark Milhofer, Tenor, studierte an der Guildhall School of Music in London sowie bei Renata Scotto und Leyla Gencer in Italien. Sein professionelles Debüt gab er als Giannetto in Rossinis La gazza ladra an der British Youth Opera. Während seiner Ausbildung sang er San Giuseppe in Pergolesis erst kürzlich entdeckter Oper La morte di San Giuseppe sowie Fenton (Falstaff) in Norditalien. Seine Konzertauftritte umfassen Brittens Serenade für Tenor, Horn und Streicher in Parma, Orffs Carmina Burana mit dem Orchestra di Santa Cecilia in Rom und Rossinis Petite messe solennelle beim Aldeburgh Festival. Er trat u.a. in einem Rezital vor Queen Elizabeth II. und in der Wigmore Hall London sowie in Mailand mit dem Orchestra I Pomeriggi Musicali auf und gab sein Debüt bei den BBC Proms in Händels Judas Maccabaeus mit The King’s Consort. Weitere Opernpartieren waren u.a. Don Narciso in Il turco in Italia (Teatro Regio di Torino), Tony in Tutinos The Servant (Macerata Opera Festival), Belmonte in Die Entführung aus dem Serail (Salzburger Landestheater), Ferrando in Così fan tutte (Peking und Moskau), Rosillon in Die lustige Witwe (Oper Graz), Taxis in Honeggers Les aventures du roi Pausole sowie Lawyer in Birtwistles Punch and Judy (Grand Théâtre de Genève). Zu Mark Milhofers jüngeren Gastengagements zählen u.a. Eumete in Monteverdis Il ritorno d’Ulisse in patria beim Maggio Musicale Fiorentino, Doktor in Tri Sestry an der Oper Frankfurt, die Partien von Priester, Herold, Baumgeist, Hirte und Comus in Henry Purcells King Arthur am Theater an der Wien sowie Mortimer in Lessons in Love and Violence und Lenia in Eliogabalo am Opernhaus Zürich.
Massimo Altieri, 1. Pastore
Massimo Altieri
Der Tenor Massimo Altieri schloss 2004 ein Studium der klassischen Gitarre am Konservatorium von Bologna ab. Im selben Jahr begann er, sich intensiv mit dem Singen zu beschäftigen. Seit 2007 arbeitet er mit bedeutenden Ensembles der Alten Musik zusammen, u.a. mit der Compagnia del Madrigale und Cantica Symphonia, dem Odhecaton, Ensemble Arte Musica, Modo Antiquo, der Accademia d’Arcadia, Ars Cantica sowie der Accademia Bizantina unter Ottavio Dantone. Seit 2013 ist er Chorsänger beim RSI-Chor der italienischen Schweiz und interpretierte mit I Barocchisti unter Diego Fasolis zahlreiche Rollen. Sein Debüt gab er 2016 als Solist in Claudio Monteverdis Vespro della Beata Vergine in Vicenza und Venedig. 2017 sang er bei den Festspielen für Alte Musik in Schwetzingen die Monteverdi-Rollen des Pastore Secondo (L'Orfeo), Soldato Secondo / Famigliare di Seneca (L'incoronazione di Poppea) und Giove / Eumete (Il ritorno d’Ulisse in patria). Mit dem Orchestra Filarmonica Marchigiana führte er das Mozart-Requiem und im Jahr darauf Händels Messiah auf. Als Mitglied von La Fonte Musica nahm er das Gesamtwerk von Zacara Da Teramo auf – die Aufnahme wurde mit einem Diapason d’Or, dem Preis der Deutschen Schallplattenkritik sowie von der Choix de Musiqu3 ausgezeichnet. Weitere Engagements führten ihn ins Wiener Konzerthaus (Vespro della Beata Vergine), nach Ravenna und Ferrara (Erster Pastore in L’Orfeo), an die Opéra de Lausanne (Tempo in Il trionfo del Tempo e del Disinganno), Den Haag (Nicola in Vanni Morettos Don Quichot) sowie an die Oper in Monte Carlo und an die Pfingstfestspiele in Salzburg (Erster Pastore und Apollo in L’Orfeo).
Luca Cervoni, 2. Pastore
Luca Cervoni
Luca Cervoni ist Alumnus des Konservatoriums Santa Cecilia in Rom und besuchte bei Alessandro Quarta und Rinaldo Alessandri in Urbino Meisterkurse für Madrigalgesang. 2007 war er unter den Gewinnern des Monteverdi-Wettbewerbs für die Vier-Jahrhundertfeier des Orfeo in Mantua, wodurch er die Oper in Prags Nationaltheater aufführen konnte. Mehrere Jahre lang sang er in Philippe Herreweghes Collegium Vocale Gent und ist Mitbegründer des Ensembles AbChordis, mit dem er u.a. beim Ambronay Festival, Valletta International Baroque Festival, Les Riches Heures de Valère, Pavia Barocca, Urbino Musica Antica, Mars en Baroque sowie AnimaMea auftrat. Er sang u.a. Monostatos (Die Zauberflöte) und Consigliero (Stradellas San Giovanni Battista) in Rom, Carissimis Oratorium Jonas und Inverno (Scarlattis La gloria di primavera) im Wiener Konzerthaus, Anfinomo (Il ritorno d’Ulisse in Patria) in Turin und auf Tournee in Spanien, Venezianos La passione secondo Giovanni und Händels Resurrezione mit dem RSI-Chor der italienischen Schweiz und I Barocchisti sowie Diego Carminis zeitgenössische Oper Un'infinita primavera attendo mit der Filarmonica Romana. In Turin trat er als Pastore und Spirito (L’Orfeo), in Ferrara als König Ahasuerus (Händels Esther), in Kiel als Nettuno (Legrenzis La divisione del mondo) und Lucano (L’incoronazione di Poppea), in Neapel als Arasse (Vincis Siroe, re di Persia) sowie als Emilio (Mozarts Il sogno di Scipione) in Venedig auf. Weitere Engagements führten ihn mit dem Collegium 1704 ins Concertgebouw Amsterdam, nach Cremona, ans Festival de l'Abbaye in St. Michel en Tierache sowie nach Como, Pavia und Pisa.
Tobias Knaus, 3. Pastore
Tobias Knaus
Tobias Knaus, Countertenor, wurde in Freiburg im Breisgau geboren. Mit acht Jahren trat er den Freiburger Domsingknaben bei. Während seiner Sängerschaft, zunächst als Sopran und später als Bariton, erfuhr er eine klassische Gesangsausbildung und wirkte bei zahlreichen Konzerten, CD-Aufnahmen und weltweiten Konzertreisen mit. Nach seinem Abitur studierte er zunächst Politikwissenschaft und Anglistik. 2006 begann er bei Richard Levitt in Basel seine Gesangsausbildung zum Countertenor. Er erweiterte seine sängerischen Kenntnisse zudem durch die Teilnahme an Meisterkursen von Andreas Scholl, David Mason, Magreet Honig und Carlos Mena. Seither tritt er sowohl solistisch als auch mit verschiedenen Ensembles auf, u.a. mit dem Amsterdam Baroque, Collegium Vocale Gent oder der Gaechinger Kantorei bei Projekten im In- und Ausland. Er wirkte bei zahlreichen CD-Aufnahmen sowie verschiedenen Radio- und TV-Produktionen mit und sang unter namhaften Dirigenten wie Charles Dutois, Bernard Haitink, Sir Roger Norrington, Ton Koopman und René Jacobs. Sein breitgefächertes Oratorien-Repertoire reicht von den Bachschen Passionen über Händels Messiah bis hin zu Purcells Jubilate und Pergolesis Stabat Mater.
Yves Brühwiler, 4. Pastore
Yves Brühwiler
Der Bassbariton Yves Brühwiler absolvierte sein Gesangsstudium an der Zürcher Hochschule der Künste. Weiterführende Meisterkurse führten ihn unter anderem zu Dunja Vejzovic und Roberto Scandiuzzi. Seit 2015 ist er als Mitglied der Zürcher Sing-Akademie regelmässig in der Tonhalle Zürich, auf Konzertreisen und auf zahlreichen CD-Aufnahmen zu hören, unter namhaften Dirigenten wie Bernard Haitink, Paavo Järvi oder René Jacobs. Die Basspartien der grossen Oratorien gehören genauso zu seinem Repertoire wie zahlreiche Opernpartien. 2023/24 übernahm er in der Zürcher Kammeroper die Rolle des Pasquale in Gaetano Donizettis Olivo e Pasquale. Weitere aktuelle Rollen sind der 4. Pastore in Monteverdis L'Orfeo und Algernon in Paul Burkhards Bunbury. Als Basssänger von Swing4you steht er regelmässig u.a. mit Pepe Lienhard auf der Bühne. Zudem ist Yves Brühwiler diesjähriger Stipendiat der Bayreuther Festspiele.
Josè Maria Lo Monaco, La Musica/Messagera/Eco
Josè Maria Lo Monaco
Josè Maria Lo Monaco wurde am Konservatorium Vincenzo Bellini zur Pianistin ausgebildet und studierte im Anschluss Gesang bei Bianca Maria Casoni in Mailand. 2005 debütierte sie an der Rossini Opera Festival Academy in Pesaro als Melibea (Il viaggio a Reims) und kehrte in L'Italiana in Algeri, La scala di seta und La gazzetta dorthin zurück. Ihr Debüt an der Mailänder Scala gab sie 2006 in Rossinis Petite Messe solennelle sowie in Purcells Dido and Aeneas und sang dort seither in La donna del lago, Oberto conte di San Bonifacio und an der Seite von Juan Diego Flórez die Isolier in Le comte Ory. An der Opéra de Paris und bei den Salzburger Festspielen gab sie die Timante in Jommelllis Demofoonte. An der Opéra National de Lyon verkörperte sie die Titelrolle in Olivier Pys Carmen, die von Mezzo Television als «Produktion des Jahres» ausgezeichnet wurde. Die Rolle der Angelina (La Cenerentola) führte sie ans Teatro Petruzzelli in Bari sowie nach Rom, Florenz, Santiago de Chile, Rennes und Toulon. Am Teatro Regio Torino und Teatro La Fenice in Venedig sang sie Rosina (Il barbiere di Siviglia) und an der Wiener Staatsoper sowie an der Opéra de Monte-Carlo Rossinis Il turco in Italia an der Seite von Cecilia Bartoli. Weitere Höhepunkte waren Dorabella (Così fan tutte) in Venedig und Ravenna, Charlotte (Werther) in Bologna, Giulietta (Les contes d’Hoffmann) in Neapel und Fenena (Nabucco) in Verona. Gemeinsam mit dem Ensemble La Venexiana nahm sie die drei erhaltenen Monteverdi-Opern auf einer mit dem Gramophone Award ausgezeichneten CD auf. Kürzlich veröffentlichte sie ihr erstes Soloalbum All’amore immenso.
Miriam Kutrowatz, Euridice
Miriam Kutrowatz
Die Sopranistin Miriam Kutrowatz studierte an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien und war von 2020 bis 2022 Mitglied des Jungen Ensembles am Theater an der Wien. Von 2022 bis 2024 war sie Mitglied des Opernstudios der Wiener Staatsoper und war dort als Barbarina (Le nozze di Figaro), Confidante (Elektra) und Sandmann (Hänsel und Gretel) zu hören. In Wien sang sie ausserdem u.a. Papagena (Die Zauberflöte), Najade (Ariadne auf Naxos), Ida (Die Fledermaus), Konstanze (Entführung aus dem Serail), Blumenmädchen (Parsifal), Fortuna (Il ritorno d’Ulisse in patria) und Pousette (Manon). Im Konzert interpretierte sie Mater Gloriosa in Mahlers 8. Sinfonie mit dem NDR Elbphilharmonie Orchester und Mozarts Exsultate Jubilate im Rahmen des österreichischen Allegro Vivo Festivals. Ausserdem trat sie als Deianira in La lotta d’Ercole in der Kölner Philharmonie auf und sang die Sopranpartie in Bachs h-Moll-Messe mit dem Wiener Akademieorchester. Im Rahmen des «Young Singers Project» gab sie 2021 ihr Debüt bei den Salzburger Festspielen. Weitere Rollen waren Gretel in Hänsel und Gretel im Schlosstheater Schönbrunn und Morgana in Alcina beim Festival «JOpera». Sie debütierte sowohl im Wiener Musikverein als auch im Wiener Konzerthaus in Mozarts Requiem und trat dort in verschiedenen Programmen unter Phillipe Jordan, Andrés Orozco Estrada und Erwin Ordner auf. Miriam Kutrowatz war 2019 mehrfache Preisträgerin beim Internationalen Cesti-Gesangswettbewerb für Barockoper der Innsbrucker Festwochen und 2020 Halbfinalistin beim Glyndenbourne Opera Cup.
Simone McIntosh, La Speranza/Proserpina
Simone McIntosh
Die schweizerisch-kanadische Mezzosopranistin Simone McIntosh studierte an der University of British Columbia und an der McGill Schulich School of Music. Sie ist Absolventin des Adler Fellowship Program der San Francisco Opera und des Ensemble Studio der Canadian Opera Company. Ausserdem war sie Stipendiatin der Merola Opera, des SongFest, des Toronto Summer Music Festival und des Banff Centre of the Arts. Von 2022 bis 2023 war sie Mitglied des Internationalen Opernstudios am Opernhauses Zürich. Sie war 2023 Finalistin bei der BBC Cardiff Singer of the World Competition, erste Preisträgerin des Concours musical international de Montréal, zweite Preisträgerin und «Beste Mezzosopranistin» beim Gesangswettbewerb «Die Meistersinger von Nürnberg» und 2022 Empfängerin des Igor Gorin Memorial Award. Ihr Opernrepertoire umfasst Rollen wie Cherubino (Le nozze di Figaro), Ruggiero (Alcina), Arsamene (Serse), Hänsel (Hänsel und Gretel), die Titelrolle in La Cenerentola, Anna (Rossinis Maometto II), Rosina (Il barbiere di Siviglia), Zerlina (Don Giovanni), Dorabella (Così fan tutte), Tamiri (Mozarts Il re pastore) und Meg in Mark Adamos Little Women. Zu ihrem Konzertrepertoire gehören Messiaens selten aufgeführter Liederzyklus Harawi sowie die Motetti di Montale des amerikanischen Komponisten John Harbison. Sie sang ausserdem Alban Bergs Vier Gesänge und Sieben frühe Lieder, die Vier Lieder von Schönberg sowie von Strauss und Poulencs Banalités. Jüngst debütierte sie an der Scottish Opera und der Deutschen Oper am Rhein als Rosina und Hänsel und war bei der Canadian Opera Company als Zerlina zu erleben.
Isabel Pfefferkorn, Ninfa
Isabel Pfefferkorn
Die österreichische Mezzosopranistin Isabel Pfefferkorn schloss ihr Musikstudium an der Zürcher Hochschule der Künste ab und wurde bei Margreet Honig sowie in Meisterkursen bei u.a. Thomas Hampson, Noemi Nadelmann, Silvana Bazzoni-Bartoli, Monika Ballwein, Christa Ludwig, Angelika Kirchschlager und Helmut Deutsch ausgebildet. Ihr Repertoire reicht von der Alten bis zur Zeitgenössischen Musik und sie tritt auch als Pop- und Jazzsängerin auf. Mit den Dortmunder Philharmonikern und Edin Karamazov, der mit «Sting» seinen Durchbruch feierte, sang sie ein Hollywood-Liederprogramm. In ihrem 2023 erschienenen Debüt-Album Soaked in Colour durchwandert sie Musikstile von Purcell, Bach, Schubert, Strauss und Piazzolla über Tom Waits und Queen bis hin zu einer Eigenkomposition. Weitere Höhepunkte waren Liedtourneen durch Saudi-Arabien, die USA und Kanada sowie Solopartien in Mahlers 3. (Musikkollegium Winterthur) und 4. Sinfonie (Quarta Orchester), Händels Messiah und Mendelssohns Elias (Chamber Artists), Schönbergs 2. Streichquartett (Tonhalle Zürich) und die Uraufführung eines Werks von Charles Uzor im Konserthuset Stockholm und am Time of Music-Festival (Finnland). Sie war ausserdem zu Gast u.a. im Auditori Barcelona, Wiener Konzerthaus, der Philharmonie Berlin, Philharmonie Paris, dem Gran Teatre del Liceu Barcelona, Konzerthaus Freiburg, bei der Schubertiade Hohenems, den Thüringer Bachwochen sowie dem Beethovenfest Bonn und dem Grachtenfestival Amsterdam. Sie war «Artist in Residence» beim Musikfestival «:alpenarte» und war jüngst als Euridice (L’Orfeo) mit dem Freiburger Barockorchester zu hören.
Zürcher Sing-Akademie, Chor
Zürcher Sing-Akademie
Die Zürcher Sing-Akademie kann seit ihrer Gründung 2011 auf die Zusammenarbeit mit zahlreichen internationalen Spitzendirigenten wie Giovanni Antonini, Daniel Barenboim, Bernard Haitink, Pablo Heras-Casado, René Jacobs, Paavo Järvi, Kent Nagano, Sir Roger Norrington, Jonathan Nott oder David Zinman zurückblicken. Seit der Saison 2017/18 ist Florian Helgath künstlerischer Leiter des Schweizer Ensembles. Tourneen führten den Chor nach Deutschland, Italien, Israel, in die Niederlande, den Libanon, nach Taiwan, Südkorea und China sowie in diverse Hauptstädte Europas. Neben der langjährigen Partnerschaft mit dem Tonhalle-Orchester Zürich arbeitet der Chor mit verschiedenen ausgezeichneten Klangkörpern wie dem Freiburger Barockorchester, dem Luzerner Sinfonieorchester, dem Orchestre de la Suisse Romande, dem Kammerorchester Basel, dem Musikkollegium Winterthur, der Hofkapelle München oder Orchestra La Scintilla. Die Zürcher Sing-Akademie präsentiert ausserdem individuelle A-cappella–Programme; ein Schwerpunkt liegt dabei auf Werken von Schweizer Komponisten. Zahlreiche CD-Einspielungen haben dem Ensemble bereits Auszeichnungen und das Lob der Fachwelt eingebracht. Zuletzt erschienen sind Webers Oper Der Freischütz mit dem Freiburger Barockorchester bei Harmonia Mundi und Haydns Stabat Mater mit dem Kammerorchester Basel bei Pentatone, jeweils unter der Leitung von René Jacobs. Im Herbst 2023 hat die Zürcher Sing-Akademie ein Porträt des Schweizer Komponisten Fritz Stüssi bei Claves Records veröffentlicht.